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Die geheime Mission des Nostradamus

Titel: Die geheime Mission des Nostradamus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle Riley
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engstirniger alter Kerl.«
    »Mit Verlaub, ich bin Arzt.«
    »Und dennoch ein engstirniger alter Kerl. Was hast du jetzt vor?«
    »Ich habe herausgefunden, wie man Menanders bösen Taten ein für allemal ein Ende setzen kann«, triumphierte Nostradamus.
    »Und wie?« fragte der Engel der Geschichte.
    »Es gibt keine Möglichkeit, ihn zu töten, aber ich werde ihn so beschäftigen, daß er nie wieder etwas anzustellen vermag. Was auch immer ihm aufgetragen wird, muß er erfüllen. Wünscht sich jemand etwas in sich Widersprüchliches, etwas Unmögliches, muß er schrecklich lange nachdenken, arbeiten und arbeiten und kommt doch nie zu einem Ende. Ich werde also an Sibilles Tante schreiben, daß Sibille Menander um einen Gefallen für ihren Vater bitten soll, den Sieur de la Roque, dann ist Menanders Hirn für alle Zeiten ein Knäuel, weil ihr Vater nicht ihr Vater ist. Und was den Verlust ihrer Seele angeht, so muß sie sich keinerlei Sorge machen, auch wenn sie sich den Mond wünschen würde. Siehst du da ihren wahren Geburtstag? Die Tante war so darauf bedacht, ihn zu verheimlichen, daß ihr die Bedeutung noch nicht klargeworden ist. Mitternacht am Heiligabend. Haargenau zwischen dem vierundzwanzigsten und fünfundzwanzigsten Dezember. Satan höchstpersönlich könnte keinen Handel mit jemandem abschließen, der zu dieser heiligen Zeit geboren wurde. Hätte Menander nur so viel Glück gehabt.«
    »Endlich hast du es begriffen. Es ist zwar nicht der klügste Wunsch, aber er tut es gewiß.«
    »Du hast es gewußt? Du hast es gewußt und es mir nie gesagt?«
    »Ich bin lediglich verpflichtet, die Geschichte aufzubewahren, nicht sie zu verändern«, sagte Anael von oben herab.
    »Es ist spät geworden. Ich schreibe noch das Horoskop ab, an die Tante wende ich mich morgen.« Der Prophet konnte sein Gähnen nur mit Mühe unterdrücken.

    Als der Bolzen der Armbrust den Rand der Zielscheibe traf, klatschten die Hofdamen, die sich hinter der Schützin scharten, mit behandschuhten Händen Beifall. Dann nahm ein Lakai der Mädchenkönigin der Schotten die Armbrust aus der Hand, ein anderer zog einen zweiten Bogen auf, lud ihn und legte ihn auf den langen, schmalen Tisch vor ihr.
    »Das macht die Entfernung«, sagte Königin Katharina, »außerdem weht eine Brise. Hineinzielen, meine Liebe.« Die dahinziehenden weißen Wolken verdeckten die Sonne, und der Schießstand draußen vor dem Louvre lag einen Augenblick im Schatten. Man hatte den Stand in den Schranken des Turnierplatzes aufgebaut, der für den alten König Karl einst als Garten am Ufer der Seine angelegt worden war. Einige Frauen und Diener sahen von Baikonen und Fenstern aus zu, nur wenige Edelmänner von Rang – zu alt oder zu krank für den Krieg – warteten den Königinnen auf. Die Herzogin von Valentinois, die etwas entfernt unter einem Sonnensegel saß, fröstelte und zog sich ein leichtes Tuch über das weiße Dekollete. Sie beteiligte sich nie am Sport im Freien, aber es durfte nicht sein, daß sie bei einem gesellschaftlichen Ereignis nicht anwesend war. Sie mußte ihre Geschöpfe, zu denen sie auch die beiden Königinnen vor sich zählte, auf ihren Platz verweisen.
    Als die Sonne wieder hervorkam, griff das ranke rothaarige Mädchen zur Armbrust und sagte mit einem hochmütigen Blick auf die plumpe kleine Königin von Frankreich: »Dieses Mal mache ich es besser.« Sie hatte sich die Mütze mit der Feder keck in die Stirn gezogen, ihre gesteppten, gestickten Satinärmel schimmerten im Sonnenschein, ihr hübsches Gesicht war angespannt, so sehr sammelte sie sich, doch als sie das weit entfernte Ziel anvisierte, glich sie ganz und gar einem Märchenwesen. Hinter den hohen Mauern rauschte der grüne Fluß; ein klammer Geruch wehte von ihm herüber. Die Herzogin von Valentinois nickte im Gespräch mit der Gouvernante der Königin von Schottland, einer der Damen, die sich unter dem Sonnensegel um sie geschart hatten. Sie hatte die Gouvernante selbst ausgesucht, ebenso wie die gesamte Dienerschaft der Kinder. Sie sorgte in der Öffentlichkeit so gut für die königlichen Kinder, daß sogar der König die Herzogin allmählich für eine Art offizielle Mutter für sie hielt. »Unsere kleine Königin schlägt sich gut für ihr zartes Alter«, sagte die Herzogin in vertraulichem Ton, so als wäre sie und nicht die Florentinerin die Mutter und die Königin.
    »O ja, wirklich«, bestätigte König Heinrichs Gemahlin, die die spitze Bemerkung durchaus mitbekommen

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