Die geheime Mission des Nostradamus
könnte Geld wohl alles reinwaschen? Warum habe ich nicht auf sie gehört, als sie Nonne werden wollte? Mit dieser Mitgift hätte ich ein ganzes Kloster ausstatten können. Jeden fettfleckigen Brief, den dieser widernatürliche Laffe von der Front schreibt, birgt sie am Busen, und dann bläst sie Trübsal und läuft mit einer Leichenbittermiene herum, als hätte sie das Viertagefieber. Sitzt den ganzen Tag an ihrem Schreibtisch. Was diese Kuriere kosten! Ach, da tut es gut, Leute zu besuchen, die noch bei klarem Verstand sind. Wenn sich der gelehrte Doktor Nostradamus doch nur mit seinem Brief und mit der Erklärung beeilen wollte, wie wir den mumifizierten Kopf da loswerden können, dann wäre Euer Haushalt in bester Ordnung.« Der alte Bankier tat sich noch ein paar von Tantchens Küchlein auf und ließ sich bekümmert in den Sessel zurücksinken, auf dem in der Regel der Abbé saß. Der jedoch war ausgegangen, um sich einen neuen Flötenspieler anzuhören, der sehr gut sein sollte.
»Ich bezweifle, daß die Königin der Schwerter ein schlechtes Vorzeichen ist«, sagte Tantchen, beugte den massigen Leib zu ihm und meinte in vielsagendem Ton: »Schließlich hat der König der Münzen auf ihr gelegen.«
»Leider kenne ich mich mit Tarot überhaupt nicht aus. Was genau hat das zu bedeuten?«
»Mein lieber Scipion, Ihr seid der König der Münzen. Habt Ihr das nicht gewußt? Also, was ist nun mit dieser kleinen Leibrente?«
»Kann ich nicht empfehlen, da ich die Leute kenne, die sie auflegen, statt dessen rate ich zu…«
»Ich hole meine Sachen«, beeilte ich mich zu sagen, als der befehlshabende Offizier in unseren kleinen Salon im oberen Stock geführt wurde. Jedes Mal, wenn die Königin nach mir schickt, wird mir eine eindrucksvolle Eskorte zuteil. Bei Menander geht die Königin kein Risiko ein.
So ritt ich also inmitten der königlichen Eskorte davon. Gargantua hechelte neben mir her, und Menanders Kasten war in einer Tasche aus Sackleinen hinter meinem Sattel festgebunden, aber ich mußte unwillkürlich denken, wie sehr ich es doch verabscheute, mit dieser alten Mumie zu reisen. Zum einen roch sie bei Hitze immer so fürchterlich, und zum anderen wußte man nie, was für unanständige Bemerkungen sie in der Öffentlichkeit machte, nur damit ich mich zu Tode schämte. Als wir durch die engen Straßen zum Palast ritten, hörte ich Menander ein schmutziges Liedchen summen, denn die Leute sollten denken, ich wäre das. Glücklicherweise herrschte zuviel Geklapper und Lärm, und Straßenhändler riefen ihre Waren aus, so daß nur ich ihn vernahm. Zu guter Letzt erreichten wir den Hofeingang zum Schloß, mußten jedoch den Rest des Weges zu Fuß gehen – so wie alle, die nicht von königlichem Blut sind. Der Hof war groß, das Pflaster uneben und heiß, Menander verbreitete seinen Mumiengeruch, und ich wünschte, ich könnte ihn der Königin einfach schenken und Ferien auf dem Lande machen.
Man führte uns eilig die Freitreppe hinauf und an der Ehrenwache vorbei, durch riesengroße, reichverzierte Portale und in Flure, die nach Urin stanken und von auftragenden Dienern und Frauen und den Höflingen wimmelten, die krank oder verwundet oder aus anderen Gründen nicht in der Lage waren, den König in sein Hauptquartier an der Nordfront zu begleiten. Wir stiegen zwei weitere Innentreppen hinauf und wurden in ein stickiges, fensterloses Vorzimmer geführt. Hier übergaben mich die Wachen der Obhut von Madame Gondi, der italienischen Dame, die eine der engsten Vertrauten der Königin ist.
»Der Hund da. Er ist sehr groß. Muß er mit?« fragte sie.
»O Madame, ich bitte um Entschuldigung, aber ich habe ihn nur ein einziges Mal zu Haus gelassen, und schon hat jemand versucht, mich mit Vitriolöl zu bespritzen. Er ist zwar groß, aber sehr artig.« Als verstünde mich Gargantua, legte er sich zu meinen Füßen und seufzte so genüßlich und abgrundtief, daß es wie der Blasebalg eines Schmiedes klang.
»Vitriolöl…«, murmelte Madame Gondi, »das hört sich an nach, nein, das ist unmöglich. Was könnte sie gegen eine Frau haben, die keine Rivalin ist?« Und laut, mit einer Spur Furcht in der Stimme, sagte sie: »Weiß sonst jemand von dem Unsterblichen?«
»Madame, niemand weiß von ihm außer mir und meiner Patin, und keine von uns hat ein Sterbenswörtchen verlauten lassen. Ihn zu besitzen ist beileibe kein Spaß«, seufzte ich und holte Menanders Kasten aus der Sackleinentasche. »Und es ist mir schrecklich
Weitere Kostenlose Bücher