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Die geheime Mission des Nostradamus

Titel: Die geheime Mission des Nostradamus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle Riley
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vielsagenden Blick zu, da sie den fraglichen Heiligen gut kannten. »Und so furchtbar großzügig mir gegenüber… Ihr müßt beide kommen und euch die entzückenden filigranen Stoffmuster ansehen, die er mir aus Paris geschickt hat… Für Euch sind sie gewiß etwas Alltägliches, liebste Clarette, Euer Samtkleid hat wirklich einen wunderbaren Schnitt, aber die Farbe, diese Schattierungen nach der allerneuesten Mode! Gewiß, falls Paris fällt, ist es ein Jammer, daß man keinen Stoff mehr schicken kann, das wäre zu schwierig, auch wenn ich für diesen Winter verzweifelt nach etwas Modischerem suche… Aber mein Gatte schreibt, daß die Engländer wie gelähmt seien; sie bleiben im Lager und bewegen sich keinen einzigen Schritt von St. Quentin auf Paris zu… Und so geht das schon seit Wochen, und niemand weiß, warum… Es ist, als ob sie darauf warten, daß der Herzog von Guise aus dem Süden eintrifft. Man sagt, König Philipp ist nicht mehr richtig im Kopf.«
    Jetzt war ich an der Reihe, mit Tantchen einen vielsagenden Blick zu tauschen. Menander. Was auch immer er vor dem letzten Wunsch in Gang gesetzt hatte, es schien langsam zu mahlen wie Gottes Mühlen. Wir dachten schon, daß er vielleicht gar nichts mehr bearbeiten würde, als wir ihn des Nachts atmen und vor sich hin brummeln hörten: »Nein, so nicht… Aber geht es so? Nein, so auch nicht.« Und dann setzten wir uns auf und stellten Vermutungen an. Diese besondere Eingangspforte zur Hölle war geschlossen worden, und die bösen Mächte wirkten nicht mehr durch ihn. Aber die alten Pforten standen noch offen. Seltsam, seltsam. Doch wie sollten ausgerechnet wir uns mit den Machenschaften des Bösen auskennen?
    Nachdem Matheline mit wogenden Röcken davongerauscht war, blickten wir uns an, als ob wir alle denselben Gedanken hätten. Tante Pauline sprach aus, was wir dachten: »Falls Matheline jemals dahinterkommt, daß Menander mehr ist als ein Phantasieprodukt von Villasse, wird sie ihn zweifellos als Ehrengast einladen.«

    In diesem Herbst wartete die Stadt Orléans, die überfüllt war mit Flüchtlingen aus Paris, atemlos darauf, daß der Herzog von Guise aus dem Süden eintraf, doch ich bemerkte kaum etwas davon. Eines Tages erschien der älteste Sohn unseres neuen Gutsverwalters mit der Nachricht vom qualvollen Tod meiner Schwester Laurette. Sie war der gleichen eigenartigen Krankheit erlegen, die Villasse im Gefängnis dahingerafft hatte, noch ehe die Verhöre beendet waren. Eine Krankheit mit gräßlichen Schmerzen, Krämpfen und offenen, eiternden Schwären am ganzen Leib. Unverzüglich wollte ich ans Totenbett meiner Schwester eilen, doch bat mich meine Mutter, in Orléans zu bleiben, bis sich die Wirren des Krieges gelegt hätten. In ihrem Brief schrieb sie mir auch, daß Laurette sich mit der Brosche gestochen habe, die sie in meinem Gepäck gefunden hatte, und daß Villasse sie mir geschickt habe, um grausame Rache zu nehmen. So mußte also Laurette an meiner Stelle sterben? Ich vergoß bittere Tränen über ihren schrecklichen Tod, doch kann ich nicht verhehlen, daß mich der leise Verdacht beschlich, daß Laurette wohl nicht ganz schuldlos war…
    Kaum hatte ich den ersten Ansturm der Tränen besiegt, klopfte es erneut an die Tür.
    »Sibille, Sibille! Ein Brief von Philippe! Er ist bei Thionville verwundet worden und erholt sich in Senlis. Es geht ihm gut, Sibille, und er ist in Sicherheit! Der rechte Arm wird ihm monatelang zu nichts nutze sein, also kann er auch nicht an die Front zurück! Und er schreibt, daß Euer Bruder ein Held ist! Ach, ist mein Philippe nicht wunderbar! Er läßt in seinem Brief alle grüßen!« Clarette war, so schnell sie konnte, zu Tantchens Haus gelaufen, um die Neuigkeiten zu überbringen. Ihr Gesicht war ganz gerötet vor Freude.
    »Clarette, ich freue mich so für Euch…«
    »Ich weiß, daß Ihr traurig seid – das ist nur natürlich. Ich habe tagelang geweint, als meine kleine Schwester gestorben ist. Aber nun tröste ich mich mit dem Wissen, daß sie im Himmel mein Schutzengel ist – genau wie Eure Schwester für Euch…«
    Ich blickte in ihr liebes, verständnisloses Pfannkuchengesicht und antwortete: »Ihr habt recht, das ist ein sehr tröstlicher Gedanke.«
    »Und Vater hat Nachricht geschickt, daß das sonderbare Zögern des spanischen Königs ihnen gestattet hat, die Mauern zu befestigen und weitere Waffen heranzuschaffen. Wenn der Herzog von Guise mit seinem Heer rechtzeitig eintrifft, kann man

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