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Die geheime Mission des Nostradamus

Titel: Die geheime Mission des Nostradamus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle Riley
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Dumoulin, der das Haus gemietet hat. Ich habe ihn ja gewarnt, aber Ihr wißt ja, wie er ist, wenn es um Geld geht… Die Nachbarn jedenfalls haben wöchentlich Leute reingehen sehen, und das fast immer um die gleiche Zeit, und spät wieder rauskommen. Jemand hat ihn angezeigt – niemand weiß, wer es war –, und die Behörden haben eines Nachts gewartet und sich alle geschnappt. Und siehe da, es war eine von diesen verdammichten Satans Versammlungen, die sie »Predigt« nennen. Da waren sie alle beisammen, haben eine Orgie gefeiert und den Satan angebetet, und Dumoulin war der Anführer. Sie sollen nackt um einen Kelch mit Menschenblut getanzt sein und haben damit das Abendmahl verspottet. In jedem Schrank ketzerische Traktate aus Genf, und es wird erzählt, daß sie eine ganze Truhe voller Skelette von ihren blutigen Kinderopfern gehabt haben. Das hab ich alles im Mohrenkopf gehört, während ich auf Monsieur wartete, aber nein, er wollte ja nicht auf mich hören, wollte unbedingt seine Miete kassieren, und da haben sie ihn gefangengenommen. Ich, ich hab Glück gehabt und bin entwischt, als ich den bailli gesehn hab.«
    »Orgien! Kinderopfer! Im Haus meines Vaters. Die Schande überlebe ich nicht«, jammerte Mutter, setzte sich jäh auf einen Stuhl und fing wieder an zu husten.
    »Aber warum haben sie Vater festgenommen?« fragte ich.
    »Dieser schlaue alte Dämon Dumoulin hat unter der Folter ausgesagt, daß Monsieur de la Roque davon wußte, als er ihnen das Haus vermietet hat, und jetzt denken sie, Monsieur gehört dazu.«
    »Aber, Vincent, du hättest dableiben und ihnen sagen sollen, daß wir alle gute Katholiken sind«, sagte Mutter.
    »Ach, Madame, ich war hundertmal geblieben, wenn es nur was genutzt hätte. Aber als ich das den Jungs im Mohrenkopf erzählt hab, da haben die mir erklärt, daß man nie weiß, welche hohen Herren Ketzer sind, weil sie sich allesamt mit Hilfe des Teufels verborgen halten. Von außen kann man ihnen das nicht ansehen. Nicht mal eine Ehefrau weiß, ob ihr Mann heimlich Ketzer ist. Man muß es aus ihnen rausholen. Nächste Woche verbrennen sie nun den Handschuhhändler. Und die ganze Stadt will zusehen.«
    Vincent wandte verstohlen den Blick ab, und da kam mir ein Verdacht. Gewiß hätte ein Mann, dem man so viel Vertrauen und solch eine Stellung in einer vornehmen Familie geschenkt hatte, tapfer bei seinem Herrn ausharren und ihn gegen die üble Verleumdung eines verräterischen, ketzerischen Handschuhhändlers verteidigen müssen. Doch ich schreibe viele seiner Charakterschwächen, vor allem eine gewisse feige Selbstsucht und eine schmierige Händlerseele, seiner Geburt zu, denn derlei Fehler findet man oft bei Bankerten aus großen Häusern. Vater hatte bekanntermaßen eine übermäßige Zuneigung zu Vincents Mutter empfunden, solange sie lebte, und diese Schwäche hatte ihn dazu verführt, mehr Vertrauen in ihren Sohn zu setzen, als ich für angebracht hielt.
    »Angenommen, er hat davon gewußt? Angenommen, er hat es gewußt?« Mutter führte leise Selbstgespräche. »Guter Gott, dann sind wir am Ende doch ruiniert. Alles, was wir besitzen, wird eingezogen. Am Bettelstab, oh, Gott sei Dank muß mein Vater diesen Tag nicht mehr erleben. Meine Kinderchen, meine armen Kinderchen!«
    »Mutter, jeder in der Stadt kennt uns. Gewiß wird Vater erklären, daß er ein guter Katholik ist und daß er nicht im Traum daran denken würde, sich mit Ketzern gemein zu machen, und dann lassen sie ihn frei.«
    »Leider, Demoiselle Sibille, läuft das anders«, widersprach Vincent. »Sie können es nicht riskieren, einen von ihnen entkommen zu lassen. Außerdem denk ich, vielleicht hat er's ja doch gewußt. Nicht weil er einer von denen ist, o nein. Vielleicht hat er es nur der Miete wegen getan. Und hat nicht geahnt, wohin das führen kann, falls Ihr versteht…«
    Das Herz wurde mir schwer. Zuzutrauen wäre es deinem Vater, zischelte mein vernünftiges Selbst hämisch. Niemals, meldete sich mein edleres poetisches Selbst zu Wort. Bedenke, man könnte ihn sehr wohl völlig hintergangen haben, schließlich ist er ein Mensch, dem jeglicher Sinn für das Spirituelle im Leben fehlt. Ja, das war zweifellos die Erklärung. Das Herz wurde mir leichter und vollführte sogar einen Satz, als mein poetisches Selbst jählings eine großartige Eingebung hatte.
    »Mutter, ich habe von einer Edelfrau gehört, die mit einer Bittschrift für ihren Sohn zum Bischof gegangen ist.«
    »Eine Bittschrift? Wer sollte

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