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Die geheime Mission des Nostradamus

Titel: Die geheime Mission des Nostradamus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle Riley
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wenig Geld für mich in dem Buch versteckt. Bei längerem Nachdenken wollte mir scheinen, daß dieses Stundenbuch, auch wenn es im Zweifarbendruck war, falls man nicht mit Hand nachkoloriert hatte, ein etwas zu schlichtes Hochzeitsgeschenk darstellte. An dem Buch war ganz eindeutig mehr, als man ihm von außen ansehen konnte.
    Doch meine Gedanken wurden jäh von Tumult und Geschrei unterbrochen. Mutter, die sich hinter Vater gedrängt hatte, weil sie mein Geschenk betrachten wollte, war in Ohnmacht gefallen.

Kapitel 4
    B ei der ganzen Aufregung um Mutters Ohnmacht, dem Wasserholen, Rufen und Luftzufächern sollte eine ganze Weile vergehen, bis ich endlich mit dem Buch allein war. Da stellte ich fest, daß es zehn frisch geprägte und noch nicht abgenutzte Goldflorins enthielt, die, in ein Taschentuch gewickelt, ungefähr so in den Buchrücken eingebracht waren, wie ich es mir vorgestellt hatte. Die nähte ich vorsichtshalber in meinen Unterrock, denn sogar eine Dame braucht zuweilen eigenes Geld, nur für den Notfall natürlich. Die Ohnmacht, so sagte Mutter, kam von der Luft, doch sie mußte lange das Bett hüten, wo sie sich von Brühe ernährte und Blut hustete.
    Binnen ein paar Wochen hatte Vater Mutters Krankheit satt und ritt auf unserem besten Sattelpferd davon, begleitet von seinem Verwalter auf dem zweitbesten Pferd, um die Miete vom Handschuhmacher – oder war es ein Handschuhhändler? – zu kassieren. Doch nun, da mich meine Phantasie seit dem Verlassen des Klosters, meiner wahren spirituellen Heimat, immer mehr auf Abwege brachte, argwöhnte ich allmählich, daß es sich um andere geschäftliche Unternehmungen handelte, denen es gleichermaßen an Ehrbarkeit mangelte und die Vater während seines Aufenthalts in der Stadt abwickelte.
    Das kleine Gebetbuch mit dem fleckigen Einband hatte etwas Melancholisches und Anrührendes, und deshalb trug ich es ständig bei mir. Während meiner kleinen Streifzüge durch die Natur blieb ich hin und wieder stehen, um es herauszuholen und zu überlegen, woher es kommen mochte, warum es fleckig war und wie das sonderbare Haus, aus dem es stammte, wohl im Inneren beschaffen war. Diese Grübeleien bewirkten Alpträume, und ich wachte mehrfach erschrocken auf, wußte nicht, was los war, und dachte, ich hätte Schreie gehört und das Klirren von Stahl. Und eines Nachts wachte ich wieder auf oder träumte, daß ich aufwachte, und da sah ich einen Mann, vielmehr einen Jüngling von vielleicht siebzehn, achtzehn Jahren, jünger als ich, in altmodischem Wams und Studentenrobe, der auf mich herabstarrte. Ein merkwürdiges Gesicht, sehr gutaussehend, wenn auch mit recht ausgeprägten Wangenknochen und von fremdländischem Schnitt. Doch es waren die Augen, klug, tief und kummervoll, die mir Angst einflößten. Bei ihrem Anblick mußte ich an Tod denken. Ich schnellte hoch, und die im Schlaf gestörte Isabelle murmelte: »Sibille, hör auf, dich die ganze Nacht zu wälzen… du hast mir schon wieder die Bettdecke weggezogen.« Aber da hatte sich die Gestalt oder der Traum schon verflüchtigt.
    Am folgenden Tag türmten sich dicke Wolken am Himmel, und das Gewitter hielt mich von einem Spaziergang ab, was mich noch bänglicher und gereizter machte. Ich lief zwischen Küche und Diele hin und her, sehnte mich danach, die Karten zu befragen, fürchtete jedoch, sie noch einmal anzurühren. Doch schließlich klarte es wieder auf, und da sahen wir Vincent, den Verwalter, um die Wegbiegung kommen, aber er ritt allein durch die Pfützen.
    »Vincent, wo ist mein Gatte?« fragte Mutter. Der Geruch von feuchter Wolle vermischte sich mit der stickigen Hitze in der Küche, als der Diener seinen Umhang vors Feuer hängte. Er war von dem langen Ritt von oben bis unten mit Dreck bespritzt. Mutter hatte sich von ihrem Krankenlager erhoben und überwachte das Häuten und Ausnehmen von zwei Hasen für den Suppentopf. Sie hatte sich eine große, blutbefleckte Schürze übers Kleid gebunden. In dem auf ihre Frage folgenden langen Schweigen hörte man die Topfdeckel auf der köchelnden Suppe klappern wie ein ganzes Bataillon Schnarrtrommeln. Schließlich holte Vincent tief Luft und machte den Mund auf.
    »Madame, der bailli hat ihn mitgenommen, er sitzt im Gefängnis.«
    »Weswegen um Gottes willen?«
    »Weil er Lutheraner und ein Häretiker ist.«
    »Häretiker?« empörte ich mich. »Aber das ist doch lachhaft! Wie um Himmels willen kommt jemand auf diese Idee?«
    »Wegen des Handschuhhändlers, dieses

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