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Die geheime Mission des Nostradamus

Titel: Die geheime Mission des Nostradamus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle Riley
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Färbung. Meine Finger bekamen bereits blaue Flecken, so oft hatte ich auf den Rand geschlagen. Der Krach war so unangenehm, daß sogar der getreue Gargantua den Platz zu meinen Füßen geräumt hatte und unter klagendem Gejaule unter das Bett geflüchtet war. Ich trommelte behutsamer.
    »Weiter so, Sibille. Jetzt nicht nachlassen. Als nächstes nehme ich mir die Nadeln vor.«
    »Leon, das ist alles deine Schuld. Du liebe Güte, woher ist diese fürchterliche Frau gekommen? Läßt man mich denn gar nicht mehr in Ruhe? Mein Gott, was für Kopfschmerzen! Mein Kopf fühlt sich an, als würde er schmelzen. Schaff sie aus dem Zimmer.«

    »Das verstehe ich nicht, Lorenzo. Sieh mal, ich halte den Kopf geradewegs in die Flamme, aber das Wachs schmilzt nicht.«
    Während Cosmo Ruggieri den Kopf der Wachsfigurine tiefer in die Flamme hielt, vibrierten die Nadeln, die er durch das rechte Bein der kleinen Gestalt gestoßen hatte, zunächst langsam, dann immer schneller. Dann fiel eine mit einem Klick auf den Tisch.
    »Steck sie bitte zurück, Bruder.«
    »Es geht nicht. Das Wachs ist hart wie Eisen!«
    »Dem helfe ich ab«, sagte Cosmo Ruggieri und ließ die Kerzenflamme erbarmungslos über den ganzen Körper des kleinen Wachsmännchens wandern. Doch das Wachs schmolz nicht, statt dessen geriet der Stoffetzen in Brand. Mit einem Aufschrei ließ der Zauberer die glühendheiße Figur auf den Tisch fallen, und die Flammen loderten jäh so hoch auf, daß sie nach seinem drahtigen schwarzen Bart und den Augenbrauen leckten. Cosmo sprang zurück.
    »Die Vorhänge, Bruder, die Vorhänge, Schlag das Feuer aus, ehe es sich ausbreiten kann!« Sein Bruder reagierte rasch und schüttete das Wasser aus der Schale auf die brennende Figur. Es verzischte laut, die Flammen erstarben.
    »Dieser vermaledeite alte Mann…«, knurrte Cosmo Ruggieri.
    »Dergleichen habe ich noch nie gesehen. Er hat ein Mittel gefunden, den Todeszauber umzukehren. Ich würde viel darum geben, wenn ich wüßte, wie.«
    »Das dürfte er dir wohl kaum erzählen«, seufzte sein älterer Bruder. »Es hat den Anschein, als würden wir ihn auf diesem Weg nicht los. Ich muß mir etwas anderes einfallen lassen.«
    »Du hast bislang immer Erfolg gehabt, Bruder. Einem Ruggieri kann niemand das Wasser reichen.«

    »Ich hätte schwören können, daß es die Gicht ist.« Nostradamus setzte sich im Bett auf und rieb sich die nackten, rosigen Knöchel. Mir fiel auf, daß er ziemlich knochige Füße hatte und daß seine Zehennägel nicht sorgfältig geschnitten waren.
    »Gegen Gicht kann ich nichts ausrichten«, sagte Tantchen, die sich unaufgefordert auf seine Bettkante gesetzt hatte. »Denn wenn ich das könnte, hätte ich sie nicht selbst. Aber mit Verhexungen kenne ich mich hervorragend aus.«
    »Darf man fragen, wer Euch diese – ungewöhnliche Technik gelehrt hat?« erkundigte sich der alte Mann, während er den in Seidenbrokat gehüllten Fleischberg mit der eigenartig pilzbleichen Haut und der schwarzgefärbten Haarpracht unter dem exzentrischen Kopfputz von Kopf bis Fuß musterte.
    »Ein afrikanischer Zauberer. Sibille, du weißt doch, der schwarze Kerl mit der Kette aus Krokodilzähnen? Damit klappt es immer.« Sie strahlte den bettlägrigen Propheten an. »Das Pulver ist auch seine Rezeptur. Es hat eine Ewigkeit gedauert, bis ich die Zutaten beisammen hatte, und eine davon ist Bilsenkraut, das bei Neumond gepflückt wird, denn das mußte ich als Ersatz für eine Pflanze nehmen, auf der er bestand, die ich aber nicht auftreiben konnte…«
    »Dann habt Ihr also Afrika bereist?« fragte Nostradamus mit einer gewissen Ehrfurcht. »Ich bin nur in Ägypten gewesen. Habe das Geheimnis der Mumien studiert, die Mysterien des Osiris und des ewigen Lebens. Doch darüber hinaus…«
    »Ich wollte immer reisen«, sagte Tantchen mit neidischem Blick. »Aber Monsieur Tournet war der Meinung, er wäre genug für uns beide gereist. Ich habe nie einen Fuß aus dem Haus gesetzt. Badeorte, ja. Bis Balaruc und Montpellier bin ich gekommen, doch nur vor meiner Heirat.«
    »Aber der Zauberer?«
    »Der ist zu mir gekommen. Mit der Trommel. Ein Sklavenschiff, na, Ihr wißt schon… Mein Mann hat es verfolgt, und da haben sie alle Sklaven mitsamt den Ketten über Bord geworfen. Die Trommel war ein Andenken, das der Kapitän in seiner Kabine aufbewahrte. Praktisch, nicht wahr? Paßt in jedes Gepäck.«
    »Dann gehe ich davon aus, daß Euch…«
    »Ein Geist unterwiesen hat. Aber gewiß doch. Mein

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