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Die geheime Reise

Titel: Die geheime Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Abedi
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Wanja? Du wirkst so abwesend in letzter Zeit. Gibt es etwas, das dich bedrückt? Etwas, über das du sprechen möchtest?«
    Ja, dachte Wanja, als sie Nein sagte und Frau Gordon tapfer anlächelte. Plötzlich war sie traurig, dass es ihre Lehrerin war, die sie so etwas fragte, und nicht Jo, ihre Mutter.
    »So, bist du bereit für das nächste Geschenk?« Jo zog einen riesigen Karton unter dem Wohnzimmertisch hervor und schob ihn Wanja hin.
    Kaum hatte Wanja das braune Packpapier mit den aufgedruckten Schweinen aufgerissen, da flog sie ihrer Mutter schon um den Hals. »Danke, Jo, das ist echt riesig.«
    Jo half Wanja den kleinen Hi-Fi-Turm aus seinem Karton zu befreien. Zwei Würfel als Lautsprecher, ein CDPlayer, zwei Kassettenrekorder, ein Radio, sogar mit Weckfunktion.

    »Jetzt kannst du deinen alten Radiowecker wegwerfen«, sagte Jo.
    Wanja machte ein Gesicht, als hätte ihre Mutter gerade vorgeschlagen Schröder zu entsorgen. »Spinnst du? Den gebe ich niemals her, solang ich lebe.«
    Als Wanja den Hi-Fi-Turm auf ihrem roten Metallregal aufgestellt und alle Funktionen ausprobiert hatte, schlug Jo vor einkaufen zu gehen. Das Wetter war umgeschlagen, die Sonne war eine echte Herbstsonne geworden und neue Anziehsachen konnte Wanja jetzt wirklich gebrauchen.
    »Soll ich mitkommen und dich beraten?«, fragte Britta, die gerade zum Gratulieren anrief, als sie und Jo das Haus verlassen wollten.
    »Nee, lass mal«, wehrte Wanja ab. »Wir machen Mutter-Tochter-Tag, und das mit den Klamotten kriegen wir schon hin.«
    Vor der Haustür schoss Brian an ihnen vorbei. So schnell, als wären Mörder hinter ihm her. Und Brians Mutter, die keuchend hinterherkam, stand die Mordlust tatsächlich im Gesicht geschrieben. »BREIEN!!!«, schrie sie, während ihr Sohn um die Ecke verschwand. »Komm sofort zurück oder ich dreh dir den Hals um!« Aber Brian kam nicht zurück und Frau Trockenbrodt sah Jo verzweifelt an.
    »Dieser Junge bringt mich noch ins Grab. Einen Kuchen backen wollte ich, extra für dich, Wanja, weil du doch heute Geburtstag hast. Und was macht das kleine Biest? Regenwürmer hat er in meinen Teig gesteckt, das muss man sich mal vorstellen! Ich hab es grad noch gemerkt, als ich den Kuchen in den Ofen schieben wollte und eins dieser Dinger mir seinen Kopf entgegensteckte.«
    Wanja stellte sich vor, wie gebackene Regenwürmer schmeckten, und Jo musste grinsen. »Ich gebe Ihnen einen guten Rat, Frau Trockenbrodt. Schieben Sie den Kuchen in den Ofen und setzen Sie ihn Ihrem Sohn zum Abendessen vor.«
    Nun lächelte auch Brians Mutter. Dann gab sie Wanja die Hand. »Und du bekommst einen neuen Kuchen! Dreizehn Jahre! Da wird ja jetzt eine richtige Dame aus dir, was?«
    Wanja lächelte höflich, aber die Sachen, die sie sich später in der Stadt aussuchte, waren alles andere als damenhaft. Eine schwarze Sweatshirtjacke, eine ausgefranste Hüftjeans mit Taschen an den Seiten, schwarze Turnschuhe und eine khakifarbene Parkerjacke, die Jo bezahlte, weil Omas Geld nicht reichte.
    Den khakifarbenen Rollkragenpulli dagegen redete Jo ihr aus, und als Wanja später beim Italiener das Päckchen öffnete, das Flora ihr auf den Tisch legte, musste sie lachen. »Also deshalb.« Sie schmiegte ihr Gesicht an die weiche Wolle, dann gab sie Flora einen Kuss. »Der Pulli ist superschön.«
    Sie bestellten. Jo und Flora wählten Salat und teilten sich eine Pizza, Wanja nahm Tomatensuppe als Vorspeise und anschließend eine Riesenpizza »Quattro Staggione« für sich allein.
    »Wahrscheinlich pass ich jetzt gar nicht mehr in die neuen Jeans rein«, sagte sie, als sie das letzte Stück Pizza verputzt hatte.
    Flora lachte. »Du Strich in der Landschaft, du brauchst dir um deine Figur zum Glück noch keine Sorgen zu machen.«
    Sie zündete sich eine Zigarette an und verdeckte ihren Pizzabauch mit dem afrikanischen Tuch, das sie über dem engen Wollkleid trug.
    Jo nahm das Tuch zwischen die Finger und verzog ihren Mund zu einem spöttischen Lächeln. »Ein Geschenk von Rodolfo? So heißt doch deine neue Affäre, oder?«
    Flora zog Jo das Tuch aus der Hand und blies ihr den Rauch ins Gesicht. »Du weißt genau, dass er Valentino hieß und dass ich seit einer Woche mit Anthony zusammen bin.«
    Jo hüstelte. »Entschuldige, ich verliere einfach nur langsam den Überblick. Aber zumindest hast du ja bald alle Nationalitäten durch.«
    Wanja drohte ihrer Mutter mit der zusammengeknüllten Serviette, aber Flora lachte nur. »Und du«, sie zwinkerte Wanja

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