Die geheime Sammlung
geht es?«
»Es geht wieder um die Schuhe. Ich brauche dich, um sie nach unten in die GS zu bringen, bevor sie jemand bestellt. Ms.Minnian erwartet mich genau jetzt in Magazin sechs. Sie hat mich hierher geschickt, um den Handwagen zu holen.«
»Okay«, sagte ich, obwohl ich nicht verstand, wieso Anjali die Schuhe nicht einfach auf den Wagen mit den anderen Rückläufern zum Einsortieren legte. »Wäre es aber nicht besser, wenn Aaron das machen würde? Er kennt sich im Verlies aus und würde dir ganz offensichtlich ausgesprochen gern helfen.«
»Nein – sag ihm nichts! Er würde entscheiden, dass es seine Pflicht wäre, es einem Bibliothekar zu melden. Aus irgendeinem Grund hasst er Merritt. Du behältst das für dich, oder? Versprochen?« Sie klang alarmierend beunruhigt.
»Natürlich«, sagte ich. Ich verstand nicht so genau, was Marc mit der ganzen Sache zu tun hatte, aber die Schuhe zurückzubringen, schien mir keine große Sache zu sein. Und schließlich war etwas an seinen angestammten Platz zurückzulegen, nicht dasselbe, wie etwas zu stehlen. Außerdem war ich geschmeichelt, dass Anjali mich bat, ihr zu helfen – und noch mehr geschmeichelt, dass sie mir ihr Geheimnis anvertraute.
»Danke, Elizabeth! Ich schulde dir wirklich was.« Sie gab mir eine Plastikeinkaufstüte. Ich schielte hinein und sah die schon bekannten Schuhe. »Bring die runter in Magazin eins«, fuhr sie fort. »Sie müssen in das Grimm-Sammelsurium, I * GS 391 . 413 S 94 . Kannst du dir das merken? Warte, ich schreibe es auf. An ihrem Platz steht ein anderes Paar, das genauso aussieht. Tausch die Schuhe aus und bring das andere Paar hierher, in Magazin zwei. Sie gehören in den Gang mit den anderen Schuhen, die Nummer ist II T&G 391 . 413 S 23 , wie es hier auf dem Etikett steht. Vergiss nicht, auch die Etiketten auszutauschen.«
»Okay. Also kann ich einfach in das Grimm-Sammelsurium reinspazieren? Es ist nicht abgeschlossen?«
»Doch, du brauchst einen Schlüssel. Einen Schlüssel und ein Passwort.«
»Ist das der Schlüssel, von dem ihr im HU gesprochen habt? Der, den ich noch nicht habe?«
»Ja, der Schlüssel zum Grimm-Sammelsurium. Er ist unersetzlich, und ich darf ihn niemandem geben. Du passt gut auf ihn auf, oder?«
»Versprochen.«
»Hier ist er.«
Anjali nahm eine Spange aus ihrem Haar und gab sie mir.
»Wofür ist das?«
»Das ist der Schlüssel.«
»Das ist ein Schlüssel?« Ich drehte sie. Sie sah immer noch wie eine Spange aus.
»Er ist … getarnt. Zur Sicherheit. Wenn du beim Grimm-Sammelsurium bist, halte ihn gegen die Tür und sing:
Raus ist raus, zu ist Verschluss,
Dreh den Schlüssel, knack die Nuss.
Öffnet Türen, Schalen brecht:
Lasst mich rein – so ist es recht.«
Anjali hatte eine schöne hohe Singstimme.
»Ist das so eine Art Spracherkennungs-Dingsbums?«, fragte ich.
»So etwas in der Art. Sing es mir vor, damit ich weiß, dass du es kannst. Du musst den richtigen Ton treffen.«
»Vielleicht solltest du es besser aufschreiben, damit ich es nicht vergesse«, sagte ich.
Sie kritzelte es hastig hin. »Verlier das nicht! Ich könnte in große Schwierigkeiten kommen, wenn das die falsche Person findet.«
Ich sang den Reim, bis ich ihn beherrschte, und kam mir dabei ziemlich blöd vor. Kein Wunder, dass Mr.Theodorus mir nie Solopassagen im Chor zuteilte. »Wird die Tür meine Stimme erkennen?«, fragte ich.
»Sie reagiert auf die Worte und die Noten, nicht auf die Stimme. Es funktioniert aber nur mit dem Schlüssel.«
»Anjali«, rief Aaron von der Frontseite des Magazins.
»Junge, das ist aber ein ausgeklügeltes Sicherheitssystem. Wie funktioniert das?«, fragte ich.
»Anjali!«, rief Aaron noch einmal. »Bist du immer noch da hinten?«
»Einen Moment, ich bin gleich da!«, rief sie zurück, beunruhigt und ungeduldig. »Ich kann es dir jetzt nicht erklären, aber hör zu, das ist wichtig: Fass nichts an! Das Zeug sieht harmlos aus, aber einiges davon ist wirklich gefährlich.«
»Ich passe auf«, versprach ich.
»Gut. Jetzt beeil dich. Aber lass dich nicht erwischen! Wenn sie dich erwischen, gib mir die Schuld – sag ihnen, ich hätte dir gesagt, dass Doc Rust wollte, dass du das machst. Ich gebe dir Rückendeckung, und vielleicht glauben sie uns. Trotzdem, bitte lass dich nicht erwischen.«
»Anjali?« Aaron kam aus der Dunkelheit auf uns zu. »Ms.Minnian braucht den Handwagen. Ich kann dir helfen, ihn hochzubringen, wenn du willst.«
Sie nickte. »Ich komme.« Dann
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