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Die geheime Sammlung

Die geheime Sammlung

Titel: Die geheime Sammlung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polly Shulman
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nicht. »Komm schon, Anjali, lass mich rein. Ich möchte deine Freundin kennenlernen. Ich verspreche, dass ich mich ganz still in die Ecke setze. Ihr werdet nicht mal merken, dass ich da bin. Wenn dir irgendwas Furchterregendes folgt, dann habe ich ein Recht darauf, es zu erfahren. Ich kann dir helfen. Und vielleicht ist es ja sogar hinter mir her.«
    »Ganz bestimmt. Es ernährt sich von Ungeziefer.«
    »Komm schon, Anjali! Bitte?«
    »Ach, lass sie doch rein«, sagte ich. »Was ist schon dabei?«
    Anjali stockte und verzog das Gesicht. »Das wird uns noch leidtun«, sagte sie und öffnete widerstrebend die Tür. Ein Bündel Knie und Ellbogen, gekrönt von Augenbrauen über pechschwarzen Augen und einer struppigen Wolke schwarzen Haars stürzte ins Zimmer und warf sich aufs Bett.
    »Jaya! Runter von meiner Decke mit deinen Turnschuhen!«
    Jaya bewegte sich ein Stück, so dass ihre Turnschuhe über den Rand des Betts hinausragten. Sie drehte ihre Augenbrauen in meine Richtung. »Du bist Elizabeth, stimmt’s? Du gehst auf die Schule, an der es die tollen Basketballspiele gibt. Kann ich mitkommen?«
    »Nein«, sagte Anjali.
    »Aber ich will Merritt beim Spielen sehen.«
    »Jaya! Du fiese, kleine Spionin!«
    »Keine Sorge, ich sag Mama und Papa nichts. Wer ist Merritt überhaupt? Ist er dein Freund?«
    »Runter von meinem Bett! Ich meine es ernst, verschwinde!« Anjali sprang auf. Ich fand es lustig zu sehen, dass sie sich gegen ihre Schwester nicht durchsetzen konnte. War das die selbstsichere, unerschütterliche Anjali, die ich seit meinem ersten Tag im Repositorium bewundert hatte?
    »Anji ist verlie-hiebt! Anji ist verlie-hiebt!«, sang Jaya und strampelte dabei mit den Beinen in der Luft. Anjali sah aus, als würde sie sie am liebsten in Stücke reißen.
    Schnell ging ich dazwischen. »Spielst du Basketball, Jaya? Du siehst aus, als könntest du es.«
    »Wirklich?« Sie setzte sich auf und sah mich an. »Wieso?«
    »Du bist groß für dein Alter und hast lange Arme und Beine. Steh auf und lass dich mal ansehen.«
    Jaya sprang auf und ließ die zerknautschte Bettdecke zurück.
    »Fang!« Ich warf ein kleines Spitzenkissen vom Sofa. Sie packte es in der Luft und warf es zurück.
    »Sachte«, sagte ich und warf noch mal. »Du musst vor allem kontrolliert und plaziert werfen. Aber du wärst bestimmt ziemlich gut. Du bist nicht nur groß für dein Alter, du bist auch schnell.«
    »Wie kannst du wissen, dass ich groß für mein Alter bin? Weißt du überhaupt, wie alt ich bin?«
    »Zehn«, sagte ich.
    Sie sah enttäuscht aus. »Hat dir das Anjali verraten?«
    »Nein, du siehst aus wie eine Zehnjährige.«
    »Wenn ich aussehe wie eine Zehnjährige und zehn Jahre alt bin, wie kann ich dann groß für mein Alter sein? Wenn ich groß bin, müsste ich wie eine Zwölfjährige aussehen.«
    »Du siehst aus wie eine großgewachsene Zehnjährige.«
    Anjali sah ungeduldig aus, aber immerhin redete Jaya nicht mehr über Marc.
    Jetzt, wo sie nicht mehr auf Anjalis Bett lag, sprang sie im Zimmer herum und tat so, als würde sie mit dem Kissen Körbe werfen. »Leg das weg, du wirst noch was kaputt machen«, brummte Anjali.
    »Hier«, sagte ich. Ich formte einen Kreis mit meinen Armen. Jaya erzielte den Treffer, und ich behielt das Kissen. Ich zog meine Schuhe aus, streckte mich auf dem Sofa aus und steckte mir das Kissen unter den Kopf. Jaya schmollte, ging dann aber durch den Raum und schaute sich Sachen an.
    »Leg das wieder hin, Jaya! Das ist empfindlich.«
    Jaya hatte einen Fächer aus Sandelholz in der Hand. »Ist das der Fächer von Tante Shanti?« Sie besah sich beide Seiten. Er war reich mit in das Holz geschnitzten Federn verziert.
    »Ja. Leg ihn weg.«
    Jaya schlenderte achtlos zum Sofa, auf dem ich lag, und fächelte mir Luft zu. Die Luft hatte einen leichten, beunruhigenden und doch bekannten Geruch. Sandelholz, klar, aber was noch? Der frische Geruch, der nach einem Gewitter in der Luft lag? Vinyl? Toast? »Kann ich den mal eine Sekunde haben?« Ich streckte meine Hand aus.
    Jaya sah mich misstrauisch an. »Wieso?«
    »Ich will was nachschauen.«
    »Versprich mir, dass du ihn zurückgibst.«
    »Mal schauen.«
    Jayas Neugier setzte sich gegen ihre Widerspenstigkeit durch, und sie gab mir den Fächer. Ich fächelte mir Luft zu und schnüffelte. Ich roch an der Rückseite, der Vorderseite und am Griff. Definitiv verzaubert. Ich sah Anjali an. »Was ist das?«, fragte ich.
    Sie zuckte mit den Schultern. »Sandelholz?«
    War

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