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Die geheime Stunde

Die geheime Stunde

Titel: Die geheime Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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beobachten.
    Mannschaftswagen vom Dezernat für Schwerverbrechen der State Police blockierten die Zufahrt zu dem unbefestigten Parkplatz. Der Fundort der Leiche, eine felsige Landzunge, war mit gelbem Band abgesperrt. Tief hängende, dunkle Wolken rasten am Himmel entlang, verwandelten den Nachmittag in stockfinstere Nacht. Die Blitzlichter der Kameras erhellten die gespenstische Szene, die weißen Scheinwerfer der eintreffenden und die roten Rücklichter der abfahrenden Fahrzeuge spiegelten sich in den silbernen Schaumkronen der Wellen wider, die vom Ufer zurückgeworfen wurden.
    John parkte seinen Wagen und eilte zu der gelben Absperrung hinüber, hielt nach Billy Manning Ausschau.
    »Was tun Sie denn hier?«, fragte einer der Polizisten. »Sind Sie auf der Suche nach neuen Mandanten?«
    »Sparen Sie sich Ihre Witze«, erwiderte John müde und entdeckte seinen Freund, der vom Wellenbrecher her nahte und dabei mit seinen Lederslippern auf dem nassen Felsen ausrutschte.
    »Ihr Anwälte habt einen untrüglichen Geschäftssinn. Es muss doch eine bessere Möglichkeit geben, als sich mit dem Tod eine goldene Nase zu verdienen.«
    John schenkte ihm keine Beachtung, aber die Worte schmerzten. Er betrachtete die Menschenansammlung am Ende des Wellenbrechers. Kriminalpolizei, der amtliche Leichenbeschauer, ein Polizist, der Videoaufnahmen machte. Es dämmerte bereits, die Flut setzte ein. Ein junger Polizist holte auftragsgemäß den schwarzen Leichensack vom Rücksitz des Van, der dem Leichenbeschauer gehörte.
    Als die Menschentraube einen Moment lang auseinander wich, um ihm Platz zu machen, konnte John für den Bruchteil von Sekunden den Arm einer Frau sehen – angewinkelt, die gespreizten Finger wie Krallen zum Himmel erhoben. Er wirkte dürr und hart, wie ein Stück Treibholz, von den Elementen gebleicht. Das Wasser stieg immer höher, und die Truppe versuchte die Leiche zu bergen, bevor sie von den Wellen überrollt wurde.
    John blickte so angestrengt hinüber, dass er nicht hörte, wie jemand neben ihn trat.
    »Dad?«
    Es war Teddy, in Jeans und Jacke, sandigen Sneakers und einem Fußball in der Hand. Er starrte zu seinem Vater empor, mit von Sorgen und Kummer überschatteten Augen.
    »Was tust du denn hier, Ted?«
    »Ich hab sie gesehen, Dad. Bert, Gris und ich haben am Strand Fußball gespielt. Eine Frau ging mit ihrem Hund spazieren, und der Hund kletterte auf den Felsen herum. Plötzlich hörten wir die Frau schreien …«
    »Bist du zum Wellenbrecher rausgegangen?«
    Teddy schüttelte den Kopf, sein Gesicht war bleich. »Nein, wir wollten helfen, aber die Frau sagte, das Mädchen sei tot – eindeutig. Gleich darauf war die Polizei da, und dann kamst du …«
    »Ich bin froh, dass dir der Anblick erspart geblieben ist«, sagte John und umarmte seinen Sohn. Es war ein reiner Impuls, und er wich sofort zurück, da er ihn nicht in Verlegenheit bringen wollte. Aber Teddy erwiderte die Umarmung, sogar noch fester, ließ seinen Vater nicht gleich wieder los. John hatte einen Kloß im Hals. Er schloss die Augen und fragte sich, ob es überhaupt noch irgendwo einen Platz gab, an dem seine Familie vor allen Übeln dieser Welt gefeit war.
    »Warum spielt ihr hier statt auf dem Fußballplatz?«, fragte er.
    »Wir sollten heute eigentlich in Riverdale trainieren, für die Hallenfußball-Liga. Aber Mr. Phelan – der Trainer von Riverdale – konnte heute die Sporthalle nicht bekommen, wie wir von Mr. Jenkins erfuhren. Basketball-Training, schätze ich. Unser Training ist auf morgen verschoben, aber Bert, Gris und ich wollten heute schon anfangen. Deshalb sind wir an den Strand gegangen.«
    »Und warum Point Heron statt Silver Bay?«
    »Weil uns Berts Mom hingefahren hat. Sie hat einen neuen Freund … er wohnt in dem Glaskasten.« Teddy deutete auf ein neues modernes Haus, das auf einem Felsen hoch über dem Strand thronte. Ein altes Cottage aus den 30-er Jahren war dem Erdboden gleichgemacht worden, um Platz für den simplen Glaspalast zu schaffen; als John sich umdrehte, sah er Sally Carroll und einen Mann auf dem Flachdach stehen. Sally beobachtete ihn mit dem Feldstecher.
    Als John winkte, schwenkte sie den Feldstecher abrupt herum und richtete ihn auf den Wellenbrecher, gab vor, ihn nicht zu bemerken. John und der Mann starrten einander an, und plötzlich erkannte er ihn. Er hatte Sally zu Teddys Fußballspiel begleitet.
    »Peter Davis, oder?«, fragte John.
    »Ja. Ich glaube, er war mit Mr. Phelan auf der

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