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Die geheime Stunde

Die geheime Stunde

Titel: Die geheime Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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Hotchkiss Highschool, und er ist mit ihm und Mr. Jenkins befreundet. Es ist sein Sportclub, in dem wir alle waren, wo wir mit Gewichten trainieren. Wer ist die Tote, Dad? Das Opfer.«
    »Ich weiß es nicht, Teddy.«
    »Stimmt es, was der Polizist sagte, als ich kam? Dass du hier bist, weil du den Mörder als Anwalt vertreten möchtest?«
    John schüttelte den Kopf und sah, wie sie die Leiche der Frau aus den Felsen hievten und in den schweren schwarzen Sack legten. Ihre Haut wirkte matt und bleich im schwindenden Tageslicht. Die langen braunen Haare hingen in Strähnen hinunter, wie ein Büschel Seetang. John beobachtete das Geschehen, bis sie auf einer Trage festgeschnallt wurde, dann sah er seinem Sohn in die Augen.
    »Deshalb bin ich nicht hier.« Er hätte ihm erklären können, was ein Interessenskonflikt war, dass es nicht anging, den Nachahmungstäter und Greg Merrill gleichzeitig zu verteidigen, und dass er es nicht einmal dann täte, wenn er gekonnt hätte.
    »Warum dann, Dad?«, fragte Teddy.
    Die Truppe trug die Leiche der Frau vorsichtig über die ganze Länge des glitschigen Wellenbrechers, während das Wasser der steigenden Flut die Füße der Männer umspielte, ihre Knie nass spritzte. Er dachte an Kate, dachte an Willa und zwang sich, den dicken schwarzen Plastiksack nicht aus den Augen zu lassen.
    »Wegen einer Freundin«, antwortete John schließlich, sich der Blicke seines Sohnes bewusst. »Ich bin wegen einer Freundin hier.«

[home]
    17
    K ate hatte läuten hören, dass Andrew Wells für die Planung von Senator Gordons Reise nach China verantwortlich war; er hatte dafür gesorgt, dass das Profil des Mannes auf landesweiter Ebene gestärkt und sein Ruf als außenpolitischer Experte gefestigt wurde. Man gewann mehr und mehr den Eindruck, als wolle Senator Gordon bei der nächsten Wahl als Herausforderer des Präsidenten antreten.
    Es war Montag, Thanksgiving-Woche. Ihr war bekannt, dass die Delegation heute Morgen zurückgekehrt war, und sie wusste genau, wo sie den Stabschef des Senators, der noch unter der Zeitverschiebung litt, finden konnte: in ihrer früheren Wohnung in Watergate.
    Während sie von ihrem Büro aus zu Fuß durch das Foggy-Bottom-Viertel ging, empfand sie kaum etwas. Die Dunkelheit hatte sich herabgesenkt, und die Feuchtigkeit, die in der Luft lag, umgab die Straßenlaternen mit einer Aura aus weichem, silbernem Dunst. Diese Wegstrecke hatte sie noch vor einem halben Jahr heiß und innig geliebt: die kleinen Backsteinhäuser, das Gefühl, sich in einem Dorf zu befinden, die Nähe zum Kennedy Center … Andrew und sie waren Opernfans, hatten ein Abonnement gehabt.
    Sie war jeden Tag zu Fuß von der Arbeit nach Hause gegangen. Unterwegs hatte sie einen Strauß Tulpen im Blumengeschäft gekauft, den sie auf den Tisch in der Diele stellte, ein Symbol dafür, wie sie sich ihr Leben wünschte. An Novemberabenden wie heute, wenn sie die Kälte spürte, die vom Potomac aufstieg, war sie an den Geschäften und Cafés vorbeigeeilt, um möglichst schnell nach Hause zu gelangen. In der Hoffnung, Andrew würde zum Abendessen daheim sein.
    Doch nun wappnete sie sich gegen jeden vertrauten Anblick und jegliche Empfindung.
    Anzeichen hatte es überall gegeben, schon eineinhalb Jahre, bevor Willa für Andrew zu arbeiten begann; als Kate sie endlich bemerkte, war sie zunächst verunsichert – beunruhigt, voller Selbstzweifel. Bis dahin hätte sie ihre Hand für ihn ins Feuer gelegt; sie konnte nicht glauben, dass er sie die ganze Zeit belogen und betrogen hatte.
    Nach und nach veränderte sich die Beziehung zwischen ihnen, und die Zeichen mehrten sich: Überstunden, die Dienstreisen, wenn sie ihn in seinem Hotelzimmer anrief und er nicht da war. Einmal hatte sie sogar Lippenstift auf seinem Hemdkragen gefunden. Zitternd hatte sie ihn zur Rede gestellt. Er hatte sie in die Arme genommen und war mit ihr am Fenster vorbeigetanzt, um sie zu beschwichtigen.
    »Kate, du weißt, dass du mich nie in meinem Zimmer erreichen kannst. Ich mische mich unters Volk, bin eine Nachteule … ich habe deine Nachricht erhalten, aber es war schon spät, und ich wollte nicht mitten in der Nacht zurückrufen und dich wecken.«
    »Aber der Lippenstift, Andrew …«
    Ein neckendes Lachen. »In welcher
Farbe?
Wenn er knallrot war, muss es Jean Snizorts gewesen sein … war er rosa, stammt er von Vicky McMahon … du weißt ja, sie können die Finger nicht von mir lassen, wenn sie mich beknien, beim Senator ein

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