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Die geheime Stunde

Die geheime Stunde

Titel: Die geheime Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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dieses Monster zu arbeiten. Und da wir gerade von verschrobenen Prioritäten reden … Theresas Verhalten wundert mich nicht. Ich könnte auch nicht mit jemandem zusammenleben, der eine solche Denkweise hat.«
    Die beiden Frauen kicherten, und Kates Rücken versteifte sich.
    »Hast du von dem Ziegelstein gehört, der durch seine Fensterscheibe geworfen wurde? Schau dir seinen Sohn da draußen an – spielt Fußball, läuft in der Sonne herum. Das müsste verboten werden, wenn man an die Mädchen denkt, an die Ungerechtigkeit.«
    »Was ist daran ungerecht?«, fuhr Kate dazwischen und drehte sich zu ihnen um; bei dem Gedanken an Willa, an Teddy, tat ihr das Herz weh. Sie spürte, wie sich die Wut ihre Bahn brach, und blickte unverblümt in die verdatterten Gesichter der beiden Vorstadt-Klatschbasen. »Und was
verboten
werden müsste, ist, dass Sie das alles an den Kindern auslassen. Sie haben nichts verbrochen. Sie sind genauso unschuldig wie die Opfer.«
    »Wer sind Sie denn?«, herrschte eine der beiden Frauen sie mit zornigem Blick an.
    »Eine Freundin«, erwiderte Kate brüsk und drehte sich wieder um, sah zu, wie Teddy mit dem Ball über die ganze Länge des Feldes lief. Ihr Herz raste, als würde sie selbst in Richtung Tor stürmen. Sie hatte das zerbrochene Glas, das Blut auf Johns Gesicht, die Todesangst in Maggies und Teddys Augen gesehen. Die Familie O’Rourke war offenbar Stadtgespräch, und die Kinder hatten es mit Sicherheit zu spüren bekommen.
    Teddy war kein Kind mehr, und ihm war der Klatsch über seine Eltern vermutlich zu Ohren gekommen. Kates Magen verkrampfte sich. Die Frauen hinter ihr setzten ihre Unterhaltung im Flüsterton fort, und Kate ging ein paar Schritte weiter.
     
    John hatte den Ausdruck »Himmel und Hölle in Bewegung setzen« ein Leben lang gehört, aber er hatte es nie selbst getan, bis zum heutigen Tag. Er drängte seine Kollegen zur Eile, die Bericht über den Stand ihrer Recherche-Projekte erstatteten – der eine befasste sich mit medizinischen Gutachten, der andere strebte mit seinem Memorandum, das mit Sicherheit Eingang in ein Berufungsverfahren finden würde, eine Änderung des Gerichtsstandes an. Er unterhielt sich mit zwei Psychiatern, arrangierte Gespräche für die kommende Woche und verschob einen Besuch im Gefängnis.
    Er fuhr gut gelaunt am Haus seines Vaters vorbei, holte Maggie und Brainer ab und erreichte den Fußballplatz just in dem Moment, als die zweite Halbzeit begann. Er parkte auf dem Rasen und ging raschen Schritts zur Shoreline-Seite, während Maggie und der Hund vorauseilten. Teddy war im Ballbesitz; er dribbelte schnell und ungestüm, bereitete den Torschuss vor.
    »Los, Ted!«, brüllte John. »Schieß!«
    »Teddddyyyyyyyyyy!«, schrie Maggie.
    Die Zuschauer sprangen auf und ab, und John platzte schier vor Stolz, weil die Aufregung seinem Sohn galt. Er hatte früher ebenfalls in der Shoreline-Mannschaft Fußball gespielt und später in Yale; er wusste, was für ein Gefühl es ist, wenn alle den Namen eines Spielers riefen. Er hoffte, dass Teddy seine Stimme unter den anderen erkannte, und der Gedanke, wie selten es sein eigener, viel beschäftigter Vater während seiner Jahre als Anwalt geschafft hatte, bei einem Spiel zuzuschauen, versetzte ihm einen Stich.
    Teddy spielte den Ball einem Teamkameraden zu, und dieser konnte ihn halten, bis Teddy die richtige Schussposition eingenommen hatte. Als der Pass kam, schoss Teddy den Ball im steilen Winkel ins Tor, und die Shoreline-Anhänger tobten vor Begeisterung, als ihre Mannschaft den Vorsprung auf 3:1 ausbaute.
    »Hallo, John.«
    John spüre ihre Arme um seinen Hals und ihre Lippen auf seinen Wangen, bevor er sah, wer es war: Sally Carroll.
    »Hallo, Sally.«
    »Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm, wie man sieht. Ich glaube mich zu erinnern, bei seinem alten Herrn genau die gleiche Taktik gesehen zu haben – ein Tor schießen, wenn Shoreline es am nötigsten braucht.«
    »Das ist lange her.« John blickte über ihre Schulter zu dem Mann hinüber, bei dem sie gestanden hatte. Peter Davis, ein Freund von Teddys Trainer; John wusste, dass er ein Haus in Point Heron gekauft hatte, und er hatte gehört, dass Sally seit der Trennung von ihrem Mann mehrmals mit ihm ausgegangen war. Allein der Gedanke an ein Rendezvous – der Versuch, eine Beziehung zu entwickeln, einem anderen Menschen wieder zu vertrauen – ging John dermaßen gegen den Strich, dass ihm ein Schauder über den Rücken lief.
    »Ja,

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