Die geheime Stunde
Kleinstadt.«
»Ja.« Genau in dem Augenblick drehten die Mütter wie auf Kommando die Köpfe herum, und Kate sah, dass Teddys Trainer auf sie zukam.
»He, O’Rourke – sieh zu, dass du einen Schluck Wasser trinkst, wenn dir an einer guten zweiten Halbzeit liegt.«
»In Ordnung, Mr. Jenkins.«
Jenkins? War das nicht der Familienname ihrer Wirtsleute, Felicity und Barkley? Kate wollte gerade danach fragen, als der Trainer seine Arme über der Brust verschränkte und sie mit einem einnehmenden, schiefen Lächeln musterte.
»Ein neuer Fan, wie ich sehe.«
»Verzeihung?«
»Ich kenne die meisten Mütter aus der Gegend. Sie sind gewiss eine … eine Tante?«
»Nein. Nur eine Freundin«, lächelte Kate.
»Ich bin Hunt Jenkins … und Sie sind … helfen Sie mir auf die Sprünge.«
»Mein Name ist Kate Harris.«
»Nett, Sie kennen zu lernen, Kate. Teddys Freunde sind auch meine Freunde.«
»Der Star Ihrer Mannschaft!«, strahlte Kate.
»Sie haben es erkannt. Der beste Stürmer seit der Zeit, als mein Cousin Caleb noch spielte.«
»Caleb Jenkins?« Sie erinnerte sich, dass John den Namen erwähnt hatte – der Mandant, der das Motorboot »ausgeliehen« hatte. »Dann müssen Sie mit Felicity verwandt sein.«
»Sie ist meine Schwägerin. Woher kennen Sie sie?«
»Ich wohne im East Wind.« Kate wurde plötzlich bewusst, wie viele Fragen sie an diesem Tag bereits beantwortet hatte und wie die Einheimischen aufeinander achteten. In Chincoteague war es genauso gewesen, und einen Augenblick lang verspürte sie Sehnsucht nach der Unkompliziertheit und Anonymität des Großstadtlebens, nach Andrews Welt in Washington. Sie würde bald wieder nach Hause fahren … nur noch ein paar kurze Zwischenstationen in Neuengland, und dann nichts wie zurück nach D. C.
»So so. Die Welt ist klein.«
Plötzlich eilte der Mann mit den dunklen Locken und der Shoreline-Windjacke auf sie zu. Kate sah, wie Sally ihn herbeiwinkte, aber er lächelte ihr lediglich zu und ging weiter.
»Hallo, Hunt. Willst du mich nicht deiner Freundin vorstellen?«, sagte er.
»Ich bin Kate Harris«, sagte sie.
»Peter Davis. Freut mich, Sie kennen zu lernen.«
»Ganz meinerseits.«
»Sie ist weder eine Mutter noch eine Tante«, klärte Hunt ihn auf. »Nur ein Fußballfan und eine Freundin von Teddy O’Rourke.«
»Prima … hör mal, Hunt – kannst du eine Sekunde erübrigen? Ich habe eine fantastische Strategie für die zweite Halbzeit, ein Trick aus meiner Fußball-Glanzzeit bei Hotchkiss …«
»Ich bin für jede Hilfe dankbar«, grinste Hunt. »Mein Job hängt davon ab, ob wir gewinnen!«
»Also dann, Kate«, sagte Peter. »War nett, Sie kennen zu lernen. Vielleicht kommen Sie mal ins Witch’s Brewer … Freitags und samstags abends spielt dort eine Band.«
»Ja. Heben Sie einen Tanz für mich auf, Kate«, warf Hunt Jenkins ein.
»Ich glaube kaum …« Kate errötete, als sie seinen Blick auf ihrem Körper spürte.
»He, es ist Zeit!«, brüllte einer der Fußballfunktionäre, und Hunt und Peter eilten zu den Seitenlinien, um sich wegen der Spieltaktik zu beraten.
Die Spielerbänke beider Mannschaften leerten sich allmählich, und jemand in der Zuschauermenge drückte auf eine Hupe. Die Cheerleader in ihren Halloween-Masken und spitzen schwarzen Hüten begannen, an den Seitenlinien zu tanzen, um die Spannung zusätzlich anzuheizen.
Teddy grinste, streckte ihr die Faust entgegen. Willa hatte es früher genauso gemacht, deshalb wünschte sie ihrem jungen Freund Glück, indem sie mit den Knöcheln ihrer geballten Faust mit ihm anstieß, und sah ihm beim Einlaufen zu. Hunt Jenkins lächelte und machte Anstalten, sich wieder zu ihr zu gesellen, aber sie ignorierte ihn, und schließlich wandte er sich ab.
Eine Frau hinter Kate unterhielt sich mit ihrer Freundin. »Welcher von den Jungen ist der Sohn des Anwalts?«, fragte sie.
»Der Große – Nummer zweiundzwanzig.«
»Es ist nicht seine Schuld, aber trotzdem – ich frage mich, ob sein Vater sieht, wie unfair es ist, dass seine Kinder das Leben genießen können, während die armen Mädchen unter der Erde liegen …«
»Ich weiß, ich finde den Gedanken auch widerwärtig, dass Greg Merrill gesund und munter ist, während Toni Moore sterben musste. Sie ist früher immer dort drüben auf der Aschenbahn gelaufen … Sie war eine großartige Sportlerin …«
»Das kann man wohl sagen. Unsere Stadt konnte stolz auf sie sein. John O’Rourke sollte sich schämen, für
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