Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die geheime Stunde

Die geheime Stunde

Titel: Die geheime Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
Vom Netzwerk:
Freitagabend Schulter an Schulter, eng zusammengepfercht, in Dreierreihen an der Bar. Dichter Zigarettenqualm hing in der Luft, Musik plärrte aus sämtlichen Lautsprechern. Die Beleuchtung war schummrig, die Besucher hatten sich in Schale geworfen, und es war so laut in dem Lokal, dass man sein eigenes Wort kaum verstand, würde Billy Manning vermutlich sagen. John ärgerte sich, dass er überhaupt die Idee gehabt hatte, hierher zu kommen.
    Während er sich seinen Weg an der langen Chromtheke entlang bahnte, entdeckte er mindestens zwanzig bekannte Gesichter. Sich in Bars herumzutreiben war normalerweise nicht seine Art, und er merkte, wie überrascht die Leute bei seinem Anblick waren. Er spürte auch die fast animalische Spannung, die sich auf ihn übertrug. Es war unübersehbar, dass hier Männer und Frauen auf die Pirsch gingen, und sein Körper reagierte unwillkürlich darauf.
    Er fand Billy im Hinterzimmer, wo es ein wenig leiser, aber nicht wesentlich leerer war. Die Polizisten, die an den Wochentagen nach Feierabend ins Henry’s gingen, kamen am Freitagabend hierher. Einen halben Block vom Gerichtsgebäude entfernt, galt das Witch’s Brew – früher in Anlehnung an den Hammer, mit dem Gerichtsverhandlungen eröffnet wurden, The Gavel genannt – als beliebter Treffpunkt der Ordnungs- und Gesetzeshüter. Darauf erpicht, das Geschäft anzukurbeln, hatte der Besitzer sein Lokal umgestaltet, damit begonnen, an den Wochenenden Bands zu engagieren, und mit der Namensänderung offen darauf hingewiesen, dass es sich um eine Aufreißerkneipe handelte. Dessen ungeachtet waren die Polizisten und Juristen ihrem Stammlokal treu geblieben.
    »He, Johnny«, rief Bill Manning und winkte ihn herbei.
    »Wie geht’s, Billy? Hallo T. J. Hallo Dave.«
    »Hallo, John«, erwiderten die Polizisten wie aus einem Munde. Sie begrüßten ihn per Handschlag, mit einer Miene, die besagte: »Nichts für ungut.« Im Laufe der Jahre hatte John die meisten in den Zeugenstand gerufen und sie einem Kreuzverhör unterzogen, dass ihnen Hören und Sehen verging. Er hatte sie zwar nicht offen der Lüge bezichtigt, aber Andeutungen fallen lassen, die sich gerade noch im Rahmen des Gesetzes bewegten, und sich einen Spaß daraus gemacht, sie nach allen Regeln der Kunst auseinander zu nehmen.
    »Wie geht’s?«, erkundigte sich Dave Trout.
    »Bestens.« John sah den hageren weißhaarigen Detective an. »Und Ihnen?«
    »Verdammt gut. Ich kann nachts wenigstens schlafen.«
    »Das müssen Sie auch«, grinste John. »Sie sind schließlich älter als ich.«
    »Gesetzesbrecher hinter Gitter zu bringen hält jung«, konterte Dave. »Genau wie das Wissen, dass ich auf der Seite des Gesetzes stehe und dafür sorge, dass unsere Straßen sicher sind für unsere Töchter.«
    »Dafür danke ich Ihnen, Dave. Ich würde Ihnen gerne in ihrem Namen ein Bier spendieren.«
    »Angenommen. Zumindest haben Sie mir Ihren Standardspruch erspart – wie lautete der noch gleich?« Er sah seine Kollegen an.
    »Es ist meine Aufgabe, die in der Verfassung verbrieften Rechte unserer Kinder zu wahren«, feixte T. J. »Ihr Recht auf juristischen Beistand, und so weiter und so fort.«
    »Wenn man sie anständig erzieht, brauchen sie keinen juristischen Beistand«, knurrte Dave.
    »Das sagen Sie!« John winkte die Bedienung herbei. »Es gibt einige Eltern in dieser Stadt, die einen Anwalt für ihre Kinder gebraucht haben, obwohl sie anständig erzogen wurden.«
    »Wie die Familie Jenkins«, sagte Billy leise und deutete zur Bar im hinteren Teil des Raumes. »Bark und Felicity – wer hätte gedacht, dass sie so ein Früchtchen großziehen. Da ist Caleb ja, das Herzchen. Einer von deinen Schützlingen, John, oder?«
    »Das solltest du doch am besten wissen.« John entdeckte Caleb Jenkins mit seinem Onkel Hunter, Teddys Fußballtrainer, beide hingen halb über der Theke. »Du hast ihn schließlich verhaftet.«
    »Richtig. Wegen dieses Dummejungenstreichs, bei dem es um ein Sportfischerboot im Wert von schlappen fünfzigtausend Dollar ging. Ich würde nach wie vor gerne wissen, was er auf dem Rückweg vom North Rock gemacht hat. Das liegt ungefähr eine halbe Meile außerhalb der Drei-Meilen-Zone, und ich möchte wetten, dass es mit Drogen, Schmuggel oder dem Vernichten von Beweismitteln zu tun hatte.«
    »Du hast Mädchenhandel ausgelassen«, fügte T. J. hinzu.
    »Nun macht aber mal einen Punkt, Männer«, sagte John.
    »Wir betreten den geheiligen Boden der

Weitere Kostenlose Bücher