Die geheime Waffe
dann ließ er die Waffe langsam von der Schulter rutschen. Diese knallte mit einem metallischen Laut auf den Asphalt. Sofort deutete Henriette dem Mann an zurückzutreten. Dann bückte sie sich und hob das Gewehr auf. Wenige Sekunden später saß sie neben Torsten und lachte.
»Wir können losfahren!«
»Gleich.« Torsten steckte noch einmal den Kopf zum Seitenfenster hinaus. »He, Bursche! Du brauchst den Schlagbaum nicht runterzulassen. Die Feuerwehr kommt nämlich gleich, denn deine Kumpel haben den Flur in Brand gesetzt. Schätze, dass sich ein paar Dutzend deiner Kumpane gerade in Todesgefahr befinden.« Damit gab er Gas und ließ den Wachtposten entgeistert zurück. Dieser starrte ihnen einige
Augenblicke nach, stürzte dann in das Wachlokal und drückte auf sämtliche Alarmknöpfe.
Torsten hörte die Sirenen aufheulen und nickte seiner Begleiterin erleichtert zu. »Wenigstens hatte der Kerl genug Verstand, die Leute zu warnen! In deren Haut möchte ich nicht stecken. Feuerwehr und Polizei werden den Brand untersuchen und Fragen stellen, weshalb das Feuer ausgerechnet an der Stelle ausgebrochen ist. Wenn Brandexperten kommen, dürften sie herausfinden, dass unsere Tür verbarrikadiert worden ist. Schätze, dass die Niederländische Armee die Schule nach diesem Vorfall schließen wird.«
»Dann hätten wir wenigstens etwas erreicht«, antwortete Henriette und zog ihre Hosen an.
ZEHN
G eerd Sedersen war beeindruckt. Seine Leute hatten nicht nur die beiden Waffencontainer an sich gebracht, sondern sich auch unter Ausnutzung der innerbelgischen Zwistigkeiten problemlos in ihren Stützpunkt zurückziehen können. Selbst wenn die Polizei doch noch hier auftauchen würde, war nichts mehr zu finden. Die beiden Container waren inzwischen neu lackiert und anders beschriftet, ebenso die Lkws und die Kleinbusse, die an dem Unternehmen teilgenommen hatten. Der gesprengte Toyota befand sich längst in der Schrottpresse, und auch sonst waren alle Spuren so gut verwischt, wie Sedersen es sich nur wünschen konnte. Da niemand wusste, was in den ausgetauschten Containern gewesen war, würde auch eine Entdeckung der Waffen nichts bringen, denn er konnte nachweisen, dass in einer seiner Fabriken ältere Fabrikate auseinandergenommen und fachgerecht entsorgt wurden.
»Das habt ihr ausgezeichnet gemacht!«, lobte er Rechmann.
Der grinste über das ganze Babygesicht. »Nachdem wir die richtige Stelle ausgewählt hatten, war alles ganz einfach. Die Behörden von Lüttich und von Limburg stehen zueinander wie verfeindete Staaten. Da rührt keiner einen Finger für den anderen. Außerdem hält jeder die Fanatiker von der anderen Seite für die Schuldigen. Es war eine gute Idee, van der Bovenkant auf Französisch herumbrüllen zu lassen. Die flämischen Behörden sagen jetzt zu den Wallonen: Das ist eure Sache! Uns geht das nichts an. Außerdem heizt unser Freund Zwengel die Stimmung an, indem er einige alte Skandale aus der Wallonie wieder hochkochen lässt.«
»Gut so! Mit dem Zeug dort«, Sedersen wies mit dem Kinn auf die beiden Container, »können wir ein paar hundert Leute ausrüsten. Diese Männer kommen allerdings nicht unter Zwengels Kommando.«
»Das wird ihm nicht schmecken«, wandte Rechmann ein.
Sedersen zuckte mit den Achseln. »Das ist mir egal. Ich benötige eine gewisse militärische Macht als Faustpfand, denn es geht um sehr viel. Glauben Sie, ich würde die nationalen Kreise hier unterstützen, um hinterher mit einem warmen Händedruck abgespeist zu werden?«
»Das kann Zwengel nicht riskieren! Sie sind dafür zu tief in seine Pläne eingeweiht, Chef.«
»Und könnte deswegen schnell tot sein. Nein, Rechmann, das riskiere ich nicht. Sorgen Sie dafür, dass wir eine eigene Armee aufstellen können, und rekrutieren Sie vor allem Deutsche. Da die Behörden in der Heimat nach dem Theater in Suhl schärfer gegen die freien Kameradschaften vorgehen, müssten Sie genug Männer anwerben können.«
»Mannschaftsränge bekomme ich auf jeden Fall zusammen. Allerdings fehlen uns dann die militärischen Führungskräfte. Zwengel lässt die seinen in Breda ausbilden, da er aus der belgischen Armee nicht genug Nachwuchs rekrutieren kann.«
Sedersen tat diesen Einwand mit einer Handbewegung ab.
»Ein paar der Kerle werden sich doch wohl als Offiziere eignen. Ich verlasse mich ganz auf Sie. Und jetzt sehen wir uns erst einmal an, was uns die Deutsche Bundeswehr geschenkt hat.«
Er trat auf den ersten Container zu. Lutz
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