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Die geheime Waffe

Die geheime Waffe

Titel: Die geheime Waffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Marni
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Rückenlehnen auf, und auch der mächtige Tisch zeugte von erlesener Schreinerarbeit. Im Augenblick bedeckte ein Tuch aus blauem Samt den größten Teil der exquisiten Intarsien, auf die ihr Besitzer zu Recht stolz war.
    Mitten auf dem Tisch stand ein hölzerner Ständer – ähnlich jenen, auf denen japanische Samurai ihre Schwerter aufbewahrten. Das Ding auf dem Ständer war jedoch kein Schwert, sondern ein längliches Rohr aus Metall, aus dessen
dickerem Ende ein Pistolengriff herausragte. Auf dem Rohr befanden sich mehrere Schienen, auf denen kleine Geräte befestigt werden konnten.
    Der Jüngste legte vier fingerlange Stifte neben die Waffe und sah auffordernd in die Runde. »Wie ihr seht, habe ich neue Patronen besorgen können. Damit sind wir in der Lage, weitere Urteile zu vollstrecken.«
    Der Älteste, ein hinfällig wirkender Mann in einem hellgrauen Anzug, schüttelte missbilligend den Kopf. »Wir sollten es uns nicht zur Gewohnheit machen, zu rasch und damit möglicherweise falsch zu entscheiden.«
    »Hermann hat recht, Geerd. Ein Urteil ist rasch gesprochen, doch haben wir es erst einmal vollstreckt, kann es keiner von uns zurücknehmen«, wandte ein nur wenig jüngerer Mann ein, während die beiden übrigen unschlüssig wirkten.
    Geerd Sedersen stand auf und stemmte die beiden Fäuste auf den blauen Samt. »Ich höre wohl nicht recht? Wir haben hier an diesem Ort einen Eid geschworen, die Schuldigen, die der Justiz entgehen konnten, der Strafe zuzuführen, die ihnen zusteht! Von vier Schurken haben wir die Welt bereits befreit. Warum sollen wir plötzlich damit aufhören?« Sein Mienenspiel konnte seine Faszination, Richter und Henker in einer Person zu sein, nicht verbergen.
    Auf seine Worte hin klopfte der Gastgeber mit der flachen Hand auf den Tisch. »Ich muss Hermann und Jost zustimmen. Es ist leicht reden, Hüter der Gerechtigkeit sein zu wollen. Doch ich glaube nicht mehr, dass wir richtig handeln, wenn wir versuchen, unserem Schöpfer ins Handwerk zu pfuschen.«
    »Wir führen eher seinen Willen aus. In der Bibel steht geschrieben …«, meldete sich jetzt der Fünfte zu Wort.
    »Unsere Gerichte entscheiden nicht nach der Bibel, sondern nach den Gesetzen unseres Landes«, unterbrach ihn Hermann Körver, der sich als Erster gegen ihr bisheriges Vorgehen ausgesprochen hatte.

    Während Friedmund Themel den Kopf schüttelte und erregt erklärte, dass es ihre Pflicht sei, Verbrecher zu töten, die von der Justiz nicht in vollem Maße bestraft würden, starrte Geerd Sedersen auf das Gewehr, das bereits vier Menschen den Tod gebracht hatte. Begriffen die anderen überhaupt, wie schwer es gewesen war, an diese Waffe zu kommen?, fragte er sich. Dabei war ihm durchaus klar, dass er ohne die alten Männer hier am Tisch nicht einmal von den Plänen für diese Waffe erfahren hätte. Zu dem Zeitpunkt, als er jene kleine, heruntergekommene Waffenfabrik im thüringischen Suhl gekauft hatte, um dort Gewehre für den Export fertigen zu lassen, hatte die Bundeswehr einen Hersteller für den Prototyp eines Scharfschützengewehrs gesucht, das einer neuen Generation angehörte. Zwei der Anwesenden, die er bislang als Freunde bezeichnet hatte, pflegten immer noch gute Kontakte zu wichtigen Leuten im Ministerium und hatten ihm diesen Auftrag verschafft.
    Er musste ein Lachen unterdrücken, als er daran dachte, wie er sowohl die Bundeswehr als auch die vier alten Männer an der Nase herumgeführt hatte. Nun fragte Sedersen sich nicht zum ersten Mal, ob er das SG21 hatte kopieren lassen, um es meistbietend an Interessenten zu verkaufen oder um es selbst zu verwenden. Anfänglich hatte er wohl mehr an das Geld gedacht, das ihm die Waffe einbringen würde. Als die vier alten Herren die Hüter der Gerechtigkeit aus der Taufe gehoben hatten, war er auf die Idee gekommen, ihnen den heimlichen Nachbau der Spezialwaffe vorzuschlagen, damit sie ihre Pläne ausführen konnten. Und während diese Idee nach einer längeren Diskussion in ihren Köpfen Fuß fasste, ging er einen Schritt weiter und bot sich ihnen auch als Vollstrecker ihrer Ziele an.
    In früheren Jahren war er in Afrika unter den fest zugedrückten Augen der dortigen Regierungsbeauftragten auf die Jagd gegangen und hatte Elefanten, Nashörner, Löwen
und Flusspferde erlegt. Doch Großwild abzuschießen war nicht mit dem Gefühl zu vergleichen, das ihn überkam, wenn er die Waffe auf einen Menschen richtete und abdrückte. Das würde er sich auch von diesen

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