Die geheime Waffe
Stewardess Kaffee und blickte zum Fenster hinaus auf die Wolken, die wie eine Landschaft aus Watte unter ihnen hingen. Für München war Regen vorhergesagt worden, und sie freute sich darauf, in den nächsten zwei Wochen Sonnenschein genießen und sich so manches Eis auf der Zunge zergehen lassen zu können. Dabei musste sie jedoch auf Torsten aufpassen, damit der Junge keinen Unsinn machte. Den Unfall bei Lingen hatte Wagner so hinbiegen können, dass ihr alter Freund halbwegs ungeschoren davongekommen war. Vielleicht würde Torsten nun langsam zu sich selbst zurückfinden und begreifen, dass sein Chef es wahrlich gut mit ihm meinte. Vor allem aber musste er lernen, Andrea in Frieden ruhen zu lassen.
»Es wird gewiss nett werden«, sagte sie, um das eingeschlafene Gespräch wiederzubeleben.
»Ganz bestimmt«, antwortete Torsten geistesabwesend. Tatsächlich kränkte es ihn zutiefst, dass nun andere Jagd auf den infamen Mörder machten und er selbst kaltgestellt worden war, auch wenn ihm klar war, dass er Abstand zu der Sache brauchte. Zwar war Mallorca nicht gerade sein Traumziel, doch es war ein Ort, an dem er in Ruhe über alles nachdenken konnte. Petra würde ihn nicht stören. Zum einen war sie selbst eine Einzelgängerin, die wenig für Rummel und Festivitäten übrig hatte, und zum anderen schleppte sie auch jetzt ihren Laptop mit. Anscheinend konnte sie sich in keiner Lebenslage von dem Ding trennen. Er würde wohl dafür sorgen müssen, dass sie oft genug ins Freie ging, um Sonne zu tanken. Am besten war es, wenn er sie zu ein paar ausgiebigen Spaziergängen ermuntern konnte. Die würden seinem Seelenfrieden und ihrer Figur guttun.
ZWÖLF
A ls sie in ihrem Hotel in Arenal eincheckten, wunderte sich nicht nur das Hotelpersonal über das ungleiche Paar. Was mochte der hochgewachsene, schlanke Mann mit dem leicht knochigen, aber sympathisch wirkenden Gesicht und den durchdringenden blauen Augen an der um mehr als einen Kopf kleineren, molligen Frau mit den kurzen, am Kopf klebenden Haaren finden?
»Sieh dir die zwei an!«, sagte eine Urlauberin zu ihrer Freundin. »Er ist ja ein cooler Typ, aber das Pummelchen neben ihm ist zum Weinen. Ich schätze, die hat sich ihn mit einem Haufen Geld geangelt.«
Die Angesprochene nickte. »Den Kerl werde ich mir auf alle Fälle näher ansehen. Er scheint mir gerade der Richtige für einen aufregenden Flirt zu sein.«
»Da hast du aber Konkurrenz …«, antwortete ihre Freundin, erhob sich und ging so nahe an Torsten vorbei, dass sie ihn fast streifte. Sie lächelte: »Willkommen auf Mallorca und in unserem Hotel!«
»Danke!« Torsten begriff sofort, worauf die Frau aus war. Aber an einer Affäre hatte er nun wahrlich kein Interesse. Genau genommen war er für keine Beziehung offen, denn er hatte weder Andreas Tod noch die Trennung von Graziella verwunden.
Petra musterte die aufdringliche Urlauberin nicht ohne Neid. Die Frau war in ihrem Alter, hatte eine perfekte Bikinifigur, ein hübsches, sonnengebräuntes Gesicht und schulterlange blonde Haare. Auch ihre nicht minder attraktive Begleiterin starrte Torsten an, als würde sie ihn am liebsten sofort auf ihr Zimmer schleppen. Mit solchen Frauen konnte sie niemals konkurrieren. Andererseits wollte sie das auch nicht. Sie mochte Torsten, war aber mit der langen, vertrauensvollen Freundschaft, die sie verband, absolut zufrieden. Für eine richtige Beziehung mit allem, was dazugehörte, war sie bei all ihren Interessen und ihrer Lebensweise nicht geeignet.
Unterdessen sprach Torsten den Mann an der Rezeption an. »Guten Tag. Petra Waitl und Torsten Renk. Für uns sind zwei Einzelzimmer bestellt worden.«
Der Hotelangestellte, der trotz der Hitze Anzug und Krawatte trug, blickte kurz auf seinen Bildschirm und hob dann abwehrend die Hände. »Ich bedaure sehr, aber diese Buchung ist nicht im Computer zu finden. Da wir völlig ausgebucht sind, ist es uns auch nicht möglich, Ihnen zwei Einzelzimmer zur Verfügung zu stellen. Aber Frau Waitl hatte bei ihrer ersten Buchung ein Einzelzimmer geordert, das auch als Doppelzimmer genutzt werden kann, und das Hotelmanagement wird sogleich alles Notwendige veranlassen.«
Petra war klar, dass die Betreiber des Hotels dieses komplett überbucht hatten und nun kämpfen mussten, um die zahlreichen
Gäste unterzubringen. In diesem Fall half es nicht einmal mehr, wenn sie ihren Laptop auspackte und sich an den Buchungsdaten des Hotels zu schaffen machte. Daher sah sie Torsten
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