Die geheime Waffe
und dafür sorgte, dass jede voll geladen und schussfertig gemacht wurde, wechselte er einen kurzen Blick mit Henriette. »Sie fahren jetzt mit dem Aufzug nach oben, verlassen ihn aber unter keinen Umständen.«
»Und was tun Sie?«
»Mir den vierten Skatspieler holen! Unser neuer Freund kann inzwischen die Verletzten in den Keller schleifen.«
»Bei dem hier brauche ich es nicht mehr!« Jef zeigte auf den Mann, den Henriettes Kugel getroffen hatte.
Die junge Frau schluckte, als sie den Toten ansah, und kämpfte mit aufsteigenden Schuldgefühlen. Selbst der Gedanke, dass Renk tot wäre, wenn sie nicht geschossen hätte, half ihr nicht viel.
»Wie ist es mit Ihrer Verletzung? Sollten wir die nicht lieber vorher ansehen?«, fragte sie Torsten, um diesen Gedanken zu verdrängen.
»Dafür haben wir keine Zeit. Los jetzt! Machen Sie ruhig ein bisschen Lärm im Aufzug.« Damit gab Torsten ihr einen Schubs in Richtung des Lifts und schlich die Treppe hoch.
SIEBENUNDZWANZIG
A ls Torsten in den Aufenthaltsraum der Freischärler stürmte, fand er diesen leer vor. Auf dem Tisch standen die halbvollen Biergläser. Eins war bei dem überstürzten Aufbruch des
letzten Skatspielers umgekippt und hatte eine nasse Spur auf dem Tisch hinterlassen.
Als Torsten vorsichtig zum Fenster huschte und seitlich hinausschaute, sah er den Mann über den Hof rennen. Er schwenkte seine MP und sprach hektisch in ein Handy hinein.
Mit dem heimlichen Hinausschleichen wird es wohl nichts, fuhr es Torsten durch den Kopf. Unwillkürlich blickte er zum Flughafen hinüber. Von hier aus konnte er das Tor erkennen, das den Weg zum Flugfeld versperrte. Es war etwa dreihundert Meter entfernt. Für jemanden, der mit Beschuss rechnen musste, eine verteufelt lange Strecke. Andererseits sah er etliche Freischärler auf den Haupteingang zurennen, um diesen zu blockieren. Es waren mehr als die sechs, die laut Jef Wache halten sollten. Wie es aussah, hatten sie ihre Ablösung alarmiert.
Torsten rechnete sich kurz ihre Chancen aus. Sie hatten dreizehn Mann gegen sich, von denen sich jetzt acht beim Eingang trafen. Drei der fünf anderen entdeckte er auf dem Dach einer Halle, von dem sie einen guten Überblick über das restliche Firmengelände hatten. Es war sinnlos, sie mit den MPs unter Feuer zu nehmen, denn so weit trugen die Dinger nicht. Die drei Kerle dort oben aber hielten weittragende Sturmgewehre in der Hand.
»Und, wie sieht es aus?«
Torsten ruckte herum, erkannte Henriette und löste den Zeigefinger vom Abzugbügel. »Verdammt, ich habe Ihnen doch gesagt, Sie sollen im Aufzug bleiben. Beinahe hätte ich Sie erschossen!«
»Tut mir leid«, presste Henriette hervor. »Aber ich habe es im Lift nicht länger ausgehalten.«
»Befehle sind dazu da, befolgt zu werden!« Torsten bedachte sie mit einem strafenden Blick und wies dann nach draußen.
»Die Kerle beziehen Stellung. Wir müssen uns überlegen, wie wir weiter vorgehen sollen.«
»Wir haben doch mein Handy! Damit können wir mit Major
Wagner Kontakt aufnehmen. Er wird sich mit den belgischen Behörden in Verbindung setzen und dafür sorgen, dass Sedersen gestoppt wird.« Sie zog das Mobiltelefon heraus, das Jef ihr zurückgegeben hatte, und sah Torsten fragend an.
»Können Sie mir die Nummer von Wagner sagen?«
»Geben Sie her!« Torsten nahm ihr das Handy ab und tippte die lange Reihe von Zahlen aus dem Gedächtnis ein. Zu seiner Erleichterung meldete sich Wagner sofort. »Sind Sie es, Leutnant?«
»Im Augenblick bin ich noch Oberleutnant! Oder haben Sie mich inzwischen degradiert?«
»Renk! Wo sind Sie? Ich war nie froher, Ihre Stimme zu hören. Darum vergebe ich Ihnen Ihre platten Späße. Also, was war los?«
»Sedersens Leute haben uns erwischt und eingesperrt. Im Augenblick versuchen wir zu entkommen. Aber das ist nicht so wichtig. Sedersen und Rechmann planen eine ganz üble Sache. Sie wollen die belgische Königsfamilie und die gesamte politische Spitze Belgiens mit mehreren Attentaten ausschalten. Sie müssen sofort Ihre Verbindungen spielen lassen, um das zu verhindern.«
Wagner antwortete mit einem bitteren Lachen. »Ich würde es ja gerne, aber derzeit sind meine Mittel arg beschränkt. Im Grunde habe ich nicht mehr als mein Handy und Frau Waitls Laptop. Ich bezweifle allerdings, dass irgendjemand auf einen Anruf oder eine E-Mail von uns reagieren wird. Renk, hier in Belgien ist der Teufel los! Flämische Aktivisten blockieren Bahnhöfe, Flugplätze und Kasernen. Auch
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