Die geheime Waffe
Torsten, »reicht eine Schale mit trockenem Reis. Mehr hat er nicht verdient!«
»Also, Herr Major, da sind Sie aber ungerecht. Ohne Oberleutnant Renks Eingreifen wäre hier das Chaos ausgebrochen«, protestierte Henriette.
»Also meinetwegen. Geben Sie ihm ein bisschen Soße zum Reis!« Wagner atmete kurz durch und lehnte sich dann auf dem Stuhl zurück. Nachdem Chens Schwester die Getränke gebracht und sich wieder zurückgezogen hatte, hob er seinen Bierkelch und stieß mit den anderen an. »Erst einmal Prost! Ich bin froh, dass wir alle gesund zusammensitzen können. Eine Zeit lang sah es wahrlich nicht gut aus. Aber Sie alle haben Ihren Job gemacht, von Tarow und Renk ebenso wie Frau Waitl und Borchart. Ich bin zufrieden mit Ihnen.«
»Danke! Das aus Ihrem Mund zu hören ist eine besondere Freude für mich!« Torsten grinste und trank einen Schluck des Pfirsichbiers, das er sich aus Neugier bestellt hatte.
»Und? Kann man das trinken?«, wollte Borchart wissen. Er zog ebenso wie Wagner reines Trappistenbier vor.
»Es ist auf jeden Fall interessant – und sehr belgisch, muss ich sagen.«
»Pfirsichbier? Das muss ich auch mal probieren«, platzte Petra heraus.
Wagner verzog das Gesicht. »Einer Frau kann es vielleicht schmecken. Aber ein Mann sollte was Gescheites trinken.« Er wurde ernst und fixierte Torsten. »Hier hat sich also Sedersens Hauptquartier befunden.«
»Keine zwei Kilometer weiter südlich. Von der Pension aus, in der wir uns eingemietet hatten, konnten wir einen Teil des Flugfelds, der Hallen und der Villa überblicken, von der aus er seine Aktionen gestartet hat.« Torsten zog ein Gesicht, als hätte er Zahnschmerzen. Zusammen mit Henriette war er vorher noch kurz bei Frau Leclerc gewesen, um ihre Sachen und vor allem ihr Auto abzuholen, und sie hatten zuletzt die Flucht ergreifen müssen, um der redseligen Pensionswirtin zu entkommen.
»Wenigstens haben wir Sedersen und den Nachbau des SG21.« Wagner klang zufrieden, und als Chen ihm einen Riesenteller mit Hummerkrabben hinstellte, war er auch mit der Wahl des Lokals versöhnt.
»Endlich sind wir unter uns«, fuhr er fort und spielte damit auf die beiden Pissenlits an, die ihnen in Brüssel nicht von der Seite gewichen waren. Auch Jef van der Bovenkant vermisste er hier an diesem Tisch nicht. Um den kümmerte sich jetzt die belgische Armee, die verhindern sollte, dass ihr flämischer Held von seinen früheren Freunden umgebracht wurde.
Torsten sah seinen Chef interessiert an. »Also, was gibt es Neues?«
»Es ist uns gelungen, die Sache mit dem aus dem Nichts
aufgetauchten Gewehr und den Morden in Deutschland lückenlos aufzuklären. Es geht alles auf Sedersens Konto. Er hatte die Waffenfabrik in Suhl gekauft, um die niederländischflämische Geheimarmee heimlich mit Waffen zu versorgen. Dann erhielt seine Fabrik, vermutlich über seine Beziehungen zu jenen Männern, die er dann ermordet hat, den Auftrag, das SG21 herzustellen, und er konnte seinen leitenden Ingenieur Mirko Gans dazu bringen, die Pläne zu kopieren und die Waffe heimlich nachzubauen. Gans muss ein Genie gewesen sein, sonst wäre ihm das niemals gelungen. Schade, dass er in die falschen Kreise geraten ist. Den Mann hätten wir gut brauchen können.«
»Warum wollte Sedersen das Gewehr? War er von Anfang an auf Attentate aus?«, fragte Henriette.
Wagner schüttelte den Kopf. »Nach dem, was wir beim Verhör von ihm erfahren haben, ging es ihm in erster Linie um Geld. Er wollte hier in Flandern eine Fabrik aufmachen und das Gewehr als eigene Entwicklung an gut zahlende Kunden verkaufen. Aber dann kamen die Hüter der Gerechtigkeit ins Spiel.«
»Was waren das für Kerle?«, wollte Torsten wissen.
»Zuerst ein exklusiver Zirkel. Die Mitglieder hatten seit ihrer Studienzeit zusammengehalten und waren bis auf Sedersen alle über siebzig. Er selbst war der Sohn eines verstorbenen Mitglieds und hat dessen Rang im Kreis geerbt. Nach einem Justizskandal in Berlin sprachen sie darüber, dass es jemanden geben müsse, der Gerechtigkeit übt. Es war im Grunde Stammtischgerede und hätte es auch bleiben können. Doch zwei Männer bohrten weiter. Der eine war Friedmund Themel, ein früherer Richter, der sich fürchterlich über die heutige Justiz ausgelassen haben muss, und der andere eben Sedersen. Dieser sah plötzlich die Chance, sein nachgebautes Gewehr, sozusagen als Vollstecker eines fremden Willens, an menschlichen Opfern ausprobieren zu können.«
»Der Mann kann
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