Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die geheime Waffe

Die geheime Waffe

Titel: Die geheime Waffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Marni
Vom Netzwerk:
210.«
    »Das schon, aber …« Wagner brach ab und winkte Henriette, näher zu kommen. »Geben Sie den Wisch her! Ich werde sehen, ob ich Ihnen weiterhelfen kann.«
    Henriette reichte ihm die Unterlagen und versuchte dabei, nicht allzu neugierig auszusehen. Wagner war ein Mann mittleren Alters, nicht allzu groß, aber kompakt gebaut. Trotzdem traute sie es ihm zu, einen Dauerlauf über fünf Kilometer gegen die meisten Rekruten zu gewinnen, die heutzutage in die Bundeswehr eintraten.
    Mehr interessierte sie jedoch der zweite Mann im Zimmer. Er war nicht ganz so groß wie ihre Brüder, wirkte mit den breiten Schultern und schmalen Hüften jedoch agiler als diese. Sein Gesicht war eher interessant als schön und zeigte im Augenblick einen eher genervten Ausdruck. Wenn das Torsten
Renk war, würde sie wohl nicht so leicht mit ihm auskommen. Schnell warf Henriette der dritten Person im Raum einen kurzen Blick zu.
    Die Frau war mindestens sechs Zentimeter kleiner als sie, wog aber gewiss doppelt so viel. Das rundliche Gesicht wirkte gemütlich, die Augen über den Hamsterbacken sprühten vor Intelligenz. Henriette nahm sich vor, diese Frau nicht zu unterschätzen. Sie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder Renk zu und wunderte sich über seine nachlässige Kleidung. Zumindest hier in der Kaserne hätte sie erwartet, ihn in Uniform zu sehen.
    Unterdessen hatte Wagner Henriettes Unterlagen durchgesehen und reichte sie mit schwer zu lesender Miene zurück. »Wie es aussieht, bin ich einem Irrtum aufgesessen. Ich dachte, Sie wären ein junger Mann.«
    »Das war wahrscheinlich mein Fehler. Aber da in den Formularen nie genug Platz für meinen vollen Namen ist, kürze ich ihn immer mit H. C. von Tarow ab. Wird dann nicht auf die Zeile geachtet, auf der ich mein Geschlecht angekreuzt habe, kann dies zu Verwirrungen führen.« Henriette blieb freundlich, auch wenn ihr im Moment ziemlich unbehaglich zumute war. Zwar war es nicht ihr Fehler, wenn Major Wagner ihr Geschlecht nicht beachtet hatte, dennoch befürchtete sie, dass er es ablehnen würde, eine Frau in sein Team aufzunehmen.
    Ihr fiel ein, dass sie noch nicht gegrüßt hatte, und sie salutierte so zackig, dass Generationen von Offizieren derer von Tarow noch aus dem Jenseits applaudierten. »Leutnant Henriette Corazon von Tarow meldet sich wie befohlen zum Dienst, Herr Major!«
    »Rühren!« Wagner wusste nicht, was er tun sollte. Seine Anweisungen besagten, dass H. C. von Tarow ab diesem Tag zu seiner Abteilung gehörte. Am liebsten hätte er sie ja Petra als Helferin zugeteilt. Doch die Computerspezialistin war nicht einmal eine richtige Soldatin, ihr Dienstgrad als Oberfähnrich
war ihr als Belohnung für ihre Verdienste bei der Aufdeckung der Tallinn-Verschwörung verliehen worden. Doch ob Petra je die Offizierslaufbahn einschlagen würde, war fraglich. Wahrscheinlich würde man sie im Lauf der Jahre ihrer Fähigkeiten wegen bis zum Hauptmann befördern, ohne dass sie auch nur eine einzige Stunde Grundwehrdienst abgeleistet hatte. Alles Nachdenken über Petras Karriere brachte ihn nicht weiter. Im Moment war sie rangniedriger als Henriette von Tarow und damit nicht als deren Vorgesetzte und Ausbilderin geeignet.
    Wagners Blick blieb auf Torsten haften. »Renk, Sie zeigen Leutnant von Tarow anschließend die Räumlichkeiten, lassen ihr ein Einzelzimmer zum Schlafen zuweisen und besorgen sich einen zweiten Stuhl für Ihr ab jetzt gemeinsames Büro.«
    »Das soll wohl ein Witz sein«, sagte Torsten mit gepresster Stimme.
    »Ich sehe nicht, was daran witzig sein sollte. Leutnant von Tarow gehört ab heute zu unserem Verein, und Sie werden sie ausbilden.« Wagners Laune hatte in den letzten Tagen genug gelitten, daher antwortete er noch schärfer als gewohnt.
    »Hören Sie, Wagner. Ich denke nicht daran, das Kindermädchen für ein Generalstöchterlein zu spielen, das unbedingt unserem Club beitreten will. Suchen Sie sich dafür einen anderen Idioten!«
    »Derzeit steht aber nur einer zur Verfügung, und das sind Sie! Ihre Kameraden sind alle beschäftigt, da sie unter anderem auch den Job erledigen müssen, den Sie versaubeutelt haben. Außerdem sind wir hier beim Militär, falls Sie das noch nicht bemerkt haben sollten. Befehl ist Befehl, und der wird ausgeführt, solange er nicht sittenwidrig ist oder dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland widerspricht. Daher werden Sie Leutnant von Tarow ungeachtet ihres Geschlechts und ihrer Herkunft unter Ihre Fittiche nehmen.

Weitere Kostenlose Bücher