Die geheime Waffe
einer solchen Erfahrung wie Renk nicht gerade begeistert ist, einen Frischling anlernen zu müssen. Schätze, der hat dich behandelt wie einen Rekruten am ersten Tag. Aber mach dir nichts draus. Er wird schon noch merken, was in dir steckt!«
»Nein, ganz so schlimm war es wirklich nicht«, verteidigte Henriette Renk, musste vor sich selbst aber zugeben, dass es noch viel schlimmer gewesen war. Ein Rekrut würde einmal zu einem richtigen Soldaten werden. Doch in Renks Augen war sie nicht einmal das, sondern nur das Generalstöchterlein, das seine neugierige Nase in seine Abteilung steckte, um hinterher mit genauso leerem Kopf zu verschwinden, wie es gekommen war.
»Kein Sorge, Papa. Ich werde mir Renk schon zurechtbiegen! « Bis jetzt war Henriette noch mit allen Schwierigkeiten fertiggeworden, und das sollte sich auch nicht ändern. Mit diesem Vorsatz beendete sie das Telefongespräch und begann, sich in dem kleinen Zimmer so häuslich einzurichten, wie es ihr möglich war.
ZWÖLF
A ls Torsten Renk am nächsten Morgen das Büro betrat, das man ihm auf dem Bundeswehrgelände zur Verfügung gestellt hatte, saß Henriette bereits auf einem Stuhl und arbeitete an ihrem Laptop. Bei seinem Anblick schoss sie hoch und salutierte.
»Guten Morgen, Herr Oberleutnant!«
»Guten Morgen.« Torsten sah sie an und schüttelte den
Kopf. »Ihre Stewardessenuniform können Sie hier ausziehen. Oder glauben Sie, ich will mit jemandem unterwegs sein, der kilometerweit nach Bundeswehr riecht?«
»Entschuldigen Sie, Herr Oberleutnant, aber ich bin neu und habe nicht gewusst, dass die vorschriftsgemäße Bekleidung der Kameraden vom MAD aus Turnschuhen, Jeans und Lederjacken besteht. Wenn Sie mir sagen, in welchem Shop Sie Ihre Dienstkleidung erworben haben, werde ich mich umgehend dort ausrüsten!« Henriette hatte nicht patzig sein wollen, aber die Bemerkung »Stewardessenuniform« war zu viel gewesen.
»Ich wollte damit sagen, dass wir außerhalb des Bundeswehrareals meistens in Zivil herumlaufen. Wenn Sie keine geeignete Kleidung mitgebracht haben, sollten Sie mit Petra reden.«
Torsten war so genervt, Henriette ausbilden zu müssen, dass er jede Höflichkeit über Bord geworfen hatte. Wenn man ihm schon einen Kameraden zur Ausbildung zuteilte, sollte es jemand sein, mit dem er etwas anfangen konnte. Diese Henriette von Tarow war viel zu klein und zu zerbrechlich für diesen harten Job.
»Danke, Herr Oberleutnant! Ich werde mich an Oberfähnrich Waitl wenden.«
Irritiert sah Torsten Henriette an. Doch bevor er fragen konnte, was sie von Petra wollte, fiel es ihm wieder ein, und er musste lachen. »Sie sollten vor Petra nicht salutieren und sie Oberfähnrich nennen. So militaristisch ist sie wahrlich nicht.«
»Als Ranghöhere salutiere ich selbstverständlich nicht vor einer unter mir stehenden Kameradin«, erklärte Henriette mit einer gewissen Schärfe.
»Sie sollten von Petra allerdings nicht verlangen, dass sie vor Ihnen salutiert. Bei so was kann sie grantig werden.« Kaum hatte Torsten die Warnung ausgesprochen, ärgerte er sich darüber. Petras Revanche für eine solche Zumutung hätte er zu gerne erlebt.
Unterdessen fragte Henriette sich, was es mit dieser Petra Waitl auf sich hatte. Frauen wie diese saßen sonst als Zivilangestellte
in den Vorzimmern und hatten vor allem keinen militärischen Rang.
»Bitte um Erlaubnis, das Zimmer verlassen zu dürfen, um mit Frau Waitl sprechen zu können!«
»Erlaubnis erteilt!« Torsten stöhnte auf, als Henriette gegangen war. So zackig wie sie hatte er bei der Bundeswehr noch niemanden erlebt. Dann aber dachte er an Henriette von Tarows Brüder und sagte sich, dass auch dieser Apfel nicht weit vom Stamm gefallen war. Da sie mit ihrem exotischen Aussehen nicht so recht in die Reihe der männlichen Tarows passte, fragte er sich, ob sie ein Adoptivkind des Generals war. Neugierig geworden schaltete er seinen Laptop ein und rief die Stammakte seiner neuen Untergebenen auf.
Sie war tatsächlich Heinrich von Tarows leibliche Tochter. Die Mutter hingegen schien dem Namen nach von den Philippinen zu stammen. Solche Ehen gab es viele, aber in Offizierskreisen waren sie eher ungewöhnlich. Nun, was ging es ihn an. Er zuckte mit den Schultern und widmete sich seinen Mails.
Im nächsten Moment schrillte das Telefon. Im Reflex griff Renk nach dem Hörer. »Hier Renk!«
»Hier Wagner! Kommen Sie sofort in mein Büro und bringen Sie Ihren Lehrling mit.«
In der Stimme des Majors
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