Die geheime Waffe
nicht einmal der Ausbruch eines Weltkriegs könnte sie daran hindern.«
Zum ersten Mal musste Henriette über eine Bemerkung von Renk schmunzeln. Anscheinend hatte er doch eine Spur Humor. Da sie aber nicht wollte, dass die Laune sogleich wieder umschlug, folgte sie ihm stumm, als er mit langen Schritten das Kasernengelände durchquerte und vor einem grauen Gebäude stehen blieb.
Torsten trat erst ein, als er sah, dass seine Auszubildende mit ihm Schritt gehalten hatte. Zuerst ging es einen schier endlos langen Flur entlang, dann eine Steintreppe hoch in einen weiteren Korridor. Vor dem letzten Zimmer blieb er stehen und klopfte.
»Reinkommen!«, erscholl es von drinnen.
Torsten öffnete die Tür und hielt sie Henriette auf. Diese schüttelte den Kopf. »Wir sind hier nicht beim Flanieren, sondern bei der Bundeswehr. Hier heißt es Dienstgrad vor Schönheit!« Damit nahm sie ihm die Tür aus der Hand und zeigte nach drinnen.
Torsten war zuerst baff, sagte sich dann aber, dass seine Untergebene ihre Frechheiten bald bereuen würde, und betrat als Erster das Zimmer. Als Henriette ihm folgte, sah sie einen Mann an einem Schreibtisch sitzen und auf seinen Bildschirm starren, während ein anderer Soldat hinter einer Theke stand.
»Guten Morgen!«, grüßte Renk.
»Grüß Gott«, antwortete der Mann hinter der Theke, während der am Schreibtisch nicht einmal den Kopf hob.
»Was darf’s denn sein, Torsten?«, fragte der Soldat, der den Gruß erwidert hatte, und kam hinter seiner Theke hervor.
Zuerst wunderte Henriette sich, weil er Torsten die Linke entgegenstreckte. Erst als sie genauer hinsah, bemerkte sie die Prothese am rechten Arm. Sein leicht schwankender Gang brachte sie darauf, auf seine Beine zu schauen. Auch hier sah es so aus, als steckte ein künstlicher Fuß im Schuh.
Erschüttert blieb Henriette im Hintergrund, während Torsten dem Mann fröhlich auf die Schulter klopfte. »Na, wie geht’s zu Hause, alter Gauner?«
»Gut! Du solltest mal wieder bei uns vorbeikommen. Carina würde sich freuen.«
»Wenn ich Zeit habe, tu ich es auch, Hans. Aber jetzt bräuchte Leutnant von Tarow eine Pistole fürs Schießtraining. Hast du etwas Geeignetes für sie?« Torsten zwinkerte dem anderen verschwörerisch zu.
Der Mann nickte und verschwand im Nebenraum. Kurz darauf kehrte er mit einer Waffe mit abgewetzten Griffschalen und etlichen Schrammen am Lauf zurück.
»Das ist die Standardpistole für unsere Schießschüler. Damit müsste der Leutnant zurechtkommen.«
Torsten untersuchte kurz die Waffe und nickte. »Sehr gut. Jetzt brauche ich noch zwei Schachteln Munition.«
»Gleich zwei Schachteln? Willst du den Leutnant für einen Wettkampf trainieren?«
»Nein, aber ich will mitschießen, und du glaubst doch nicht, dass ich das auf eigene Kosten tue.«
»Also gut!« Der Mann ging noch einmal ins Nebenzimmer und brachte zwei Schachteln Munition.
»Wer unterschreibt mir das Formular?«, fragte er.
»Bei der Pistole der Leutnant, bei den Patronen ich«, erklärte Torsten.
»Auch gut!« Sein Freund füllte zwei Zettel aus und reichte sie den beiden.
»Wollen Sie die Waffe behalten?«, wollte er von Henriette wissen. »Dann müsste ich es vermerken. Wenn nicht, müssen Sie sie bis heute Abend, Punkt siebzehn Uhr, zurückbringen.«
»Ich sagte ja, hier sind Beamtenseelen am Werk«, spottete Torsten.
Da hob der Mann am Computer den Kopf. »Noch so einen Spruch, Renk, und Sie brauchen morgen die Unterschrift des Verteidigungsministers, wenn Sie bei uns etwas abholen wollen!«
Renk winkte verächtlich ab. »Blasen Sie sich nicht so auf, Mentz, sonst platzen Sie noch.«
Er reichte Henriette die Pistole und steckte die beiden Patronenschachteln ein. »Wir bringen die Waffe heute noch zurück. Bis dahin Servus, Hans. Ach ja – auf Wiedersehen, Hauptfeldwebel. Wenn ich das nächste Mal hier hereinkomme, nehmen Sie gefälligst Haltung an!«
»Sie können mich mal!«, biss Mentz zurück.
Torsten lachte nur und verließ mit Henriette zusammen das Zimmer. »Hans Borchart ist schwer in Ordnung, während Mentz ein ausgemachtes Arschloch ist«, erklärte er unterwegs und hatte die beiden im nächsten Moment vergessen. In der Trainingshalle angekommen, reichte er Henriette eine Handvoll Patronen und sah zu, wie sie die Waffe lud. Da inzwischen einige Soldaten hereingekommen waren und sie grinsend beobachteten, verstärkte sich Henriettes Ahnung, dass etwas im Schwange war.
SIEBEN
T orsten schob die Männer
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