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Die geheime Welt der Frauen

Titel: Die geheime Welt der Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilana Stanger-Ross
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küsste sie auf die Handgelenke, während er sie wegschob und nach unten griff, um ihre Shorts zu öffnen. Warm und beruhigend lastete sein Gewicht auf ihr. Sie schloss die Augen und stellte sich vor, sie seien unter Wasser, frei.
    Als der Schmerz einsetzte und etwas in ihr zerriss, wollte sie ihn wegstoßen, aber stattdessen schlang sie die Arme um seinen Rücken und hielt ihn fest. Danach, als sie geweint, er sie geküsst und sie ihm gesagt hatte, dass sie ihn liebe, was er ihr ebenfalls gestand, drängte sie sich wieder an ihn. Jetzt traute sie sich, ihn auch zu berühren. Ihre Finger kreisten um ein kleines Muttermal unter seinem Nabel und strichen leicht an seiner Seite hinab, um ihn zum Lachen zu bringen. Und diesmal wusste sie, wie sie das stoßweise Atmen aus ihm hervorlocken konnte, und dann, als er mit den Händen über ihren Rücken strich, wie sie sich selbst diesem Atmen hingeben konnte.

    Als sie erwischt wurden, küssten sie sich bloß.
    Es passte so gar nicht zu ihr, dass sie die Schritte nicht gehört hatte, dachte Sima später, weil sie ständig die Ohren spitzte und auf die Bewegungen anderer achtete, die immer so viel wichtiger
waren als ihre eigenen. Lou, der die Kühlschranktür zuknallte, und ihre Mutter, die rief: »Schlag die Tür nicht zu!« Max, der sich Saft eingoss und ein paar Tropfen auf dem Boden verschüttete. Ihre Mutter, die das Radio abdrehte und »Essen!« rief. Ihre Mutter, die fluchte, als ihr das Geschirrtuch wegrutschte und sie sich beim Servieren des Huhns die Hand am Topfrand verbrannte: »Verdammt!« Das Aufklatschen der nassen Fleischstücke auf den Tellern, das Schmatzen beim Kauen, das scharrende Geräusch der Stühle, wenn Max und Lou vom Tisch aufstanden und ihr Vater sagte: »Ihr hattet ja noch nicht mal Zeit zum Kauen« und ihre Mutter erneut »Nicht!« rief, als die Tür wieder zuknallte. Das Verklingen der Schritte die Treppe hinunter, das Geräusch, das ihr Vater erzeugte, wenn er seine Knöchel knacken ließ, worauf ihre Mutter, anfangs mit gesenkter, dann immer lauterer Stimme fragte: »Warum tust du das? Du weißt doch, dass es mich in den Wahnsinn treibt.« Sie selbst, die mit den Tellern auf dem Arm zur Spüle ging und sie vorsichtig auf der Theke abstellte, darauf bedacht, nichts zu zerbrechen, nicht laut zu klappern, weil es schließlich besser war, nicht zu viel Lärm zu machen.
    In den Wochen und Monaten, die darauf folgten, überlegte Sima immer und immer wieder, wie sie nicht gehört haben konnte, dass Mrs. Lewis kam. Wie hatte sie die Schritte nicht hören können, das Klacken der Absätze im Gegensatz zu dem leise saugenden Geräusch, das die Badeschuhe der Kinder erzeugten?
    Die Antwort: In diesen Momenten war ihr Körper so sehr mit Stans Körper beschäftigt gewesen, dass alles andere daneben verblasste und sie nur seinen Mund und seine Hände spürte. In solchen Momenten war ihr Kopf leer, sie fühlte nur seine Wärme.
    So wäre sie nie wieder, ihr ganzes Leben lang nicht mehr.

    »Also!«
    Als Sima Mrs. Lewis’ Schrei hörte, stieß sie Stan so heftig von sich, dass ihr eigener Kopf an die Kachelwand schlug. Im Umdrehen sah sie, wie Mrs. Lewis mit dem Finger drohte und »Schämt euch, schämt euch« sagte, während ihr der Schmerz durch den Schädel fuhr und Chlor in ihrer Nase brannte. Sima blickte an sich hinab, plötzlich schockiert über ihren eigenen Körper: Ihr Bauch wölbte sich vor unter dem feuchten blauen Badeanzug, ihre Schenkel wirkten breit und fleischig, waren rot und mit Gänsehaut überzogen, ihre Füße blass mit blauen Venen, die Zehen gespreizt auf dem mit Schimmelflecken besetzten Boden. Aus dem Augenwinkel sah sie Mrs. Lewis’ Finger, der sie verdammte, und sie wünschte, unter den Kachelboden und ins Becken kriechen, wieder vollständig schwerelos ins Wasser tauchen zu können.
    »Zieh dich an, und komm sofort in mein Büro!«
    Sima, entlassen von dem Ort mit dem drohenden Finger, nahm zwei Stufen auf einmal die Treppe hinauf, um zu entkommen.
    Sie erwartete, dass er ihr folgen, ihr erneut nachstellen würde. Selbst in dem Augenblick, obwohl sich ihr Magen zusammenkrampfte, erwartete sie noch, dass er ihre Fesseln packte, ihr Bein berührte und sie lachend umsinken würden. Er würde ihre Ängste wegküssen, sich die Lügen für ihre Mutter ausdenken, damit sie den Rest des Sommers und danach ihr ganzes Leben lang zusammen sein konnten. Sie zog sich schnell um, trocknete sich oberflächlich ab, wartete, dass er an die

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