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Die geheime Welt der Frauen

Titel: Die geheime Welt der Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilana Stanger-Ross
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brauche eine Tasse Kaffee«, erklärte Sima und ging zur Treppe, »ich hab den ganzen Morgen keinen Moment Ruhe gehabt.«
    Timna blickte vom Nähtisch auf. »Sima«, sagte sie, »bevor Sie gehen …«
    Sima blieb stehen, eine Hand auf dem Geländer.
    »Wegen heute Morgen …«
    »Machen Sie sich deswegen keine Sorgen«, antwortete Sima. »Mir hat’s nichts ausgemacht, dass Sie Ihre Freunde hergebracht haben, und ich dachte, es wäre nett …«
    Aber Timna schüttelte den Kopf und sagte, dass sie es nicht in Ordnung gefunden habe, so einfach von der Arbeit wegzugehen. »Das ist der beste Job, den ich je hatte«, fügte sie hinzu und wischte ein paar lose Fäden von der Maschine in ihre Hand. »Als ich nach New York kam, hatte ich solche Angst. Ich bin in
meinem ganzen Leben noch nie so nervös gewesen. Aber seit ich diesen Job habe, hat sich alles eingerenkt: Ich habe Arbeit, kann mich entspannen, Leute kennenlernen und Spaß haben.« Sie schloss die Hand um die Fäden. »Wenn Sie nicht wären, würde ich immer noch jeden Abend Alon am Telefon was vorheulen.«
    »Das ist schön zu hören«, erwiderte Sima, obwohl sie nicht wusste, ob sie geschmeichelt oder alarmiert sein sollte - ihr Laden war also die stabile Basis, die Timna den Mut gab, sich auf Entdeckungsreisen zu begeben.

    »Noch etwas?«
    Mario persönlich bediente ihren Tisch und hatte eine Hand beiläufig auf Arts Schulter gelegt. Sima und Lev trafen sich seit fast zwei Jahrzehnten bei Mario. Das Restaurant hatte sich in dieser Zeit kaum verändert: roter Teppich, rohe Steinwände, weiße Stuckdecke mit Plastikreben verziert. Auf einem Regal neben dem Kücheneingang standen drei altmodische Flaschenheber aus Weidengeflecht und ein Terrakotta-Esel, der einen Karren zog, an der Ausgabetheke eine Schale mit hellgrüner Minzpaste, in der immer mittendrin ein Silberlöffel steckte.
    Sie saßen in der Ecke, tranken Rotwein und aßen Pasta. Ein Samstagabend alle sechs, acht Wochen, sagte Connie gern scherzend, und sie sei satt bis zum nächsten Besuch.
    »Noch Kaffee?«, fragte Mario.
    Alle lehnten ab, und Mario versprach, die Rechnung zu bringen.
    »Wo war ich stehen geblieben?«, fragte Sima. Sie hatte eine Timna-Geschichte erzählt: wie sie den Geburtstag einer Freundin mit einer Flasche Champagner auf der Staten-Island-Fähre
gefeiert hatte. Zu fünft waren sie zwei Stunden lang hin und her gefahren, völlig kostenlos und mit der gleichen Aussicht wie von den Kreuzfahrtschiffen. »Ich wusste gar nicht, dass es heutzutage noch irgendwas kostenlos in New York gibt«, sagte Sima.
    »Sind die besten Dinge denn nicht immer kostenlos?«, fragte Art und strich mit der Hand über Connies Arm.
    Connie drehte sich zu ihm um und verdrehte die Augen. »Danke, Art. Das ist wirklich romantisch.«
    Er lachte.
    »Wie auch immer«, sagte Connie zu ihm, »du hast keine Ahnung, wie sehr diese Timna alles durcheinandergewirbelt hat. Seit wie viel, seit zwei Monaten …?«
    »Drei.«
    »Seit drei Monaten verkauft Sima Sachen, die sie früher nicht mal ins Sortiment aufgenommen hätte. Bikinis, sogar im November. Bikinis!«
    »Im Namen der Männer aus Boro Park«, sagte Art, »möchte ich dir danken. Du hast ein bisschen mehr Klasse in die Sache gebracht. Dieses pfirsichfarbene Outfit mit der roten Paspelierung …«
    Connie sah ihn verwundert an. »Was für eine rote Paspelierung?«
    »Du weißt schon, dieses Spitzending.«
    Sima sah, wie sich die Wahrheit bereits am Horizont abzeichnete. Sie wollte sie nicht sehen, aber da war sie: glänzend, unverhüllt, unbestreitbar.
    Sie fühlte sich ruhig und losgelöst, die Welt drehte sich langsamer, genau wie damals, als ein Wagen bei Rot über die Kreuzung fuhr, während sie gerade Grün hatte. Sie hatte den Wagen gesehen und gedacht: Der fährt mir rein. Sie hatte scharf gebremst und das Lenkrad herumgerissen. Schließlich streifte er nur ihre Stoßstange, aber es war so knapp gewesen, dass sich
eine Gruppe Fußgänger kopfschüttelnd um ihr Auto versammelte, als sie anhielt, um wieder Luft zu bekommen.
    Neugierig blickte sie auf, um zu sehen, wie Art reagieren würde. Er hätte lachen, sagen können, er mache nur einen Witz, es sei ein Traum, ein Scherz, eine Fantasie gewesen. Aber stattdessen stammelte er. Wurde rot. Sah so lächerlich aus, wie nur ein Mann aussehen konnte, den man beim Seitensprung erwischt hat.
    »Es ist Alzheimer, nicht?«, fragte Connie lächelnd.
    Art sah Sima an. Bitte, flehte er mit weit aufgerissenen,

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