Die geheime Welt der Frauen
purpurfarbenen seidenen Morgenrock vom Ständer, zog ihn über ihre Kleider und drehte sich mit ausgestrecktem Arm wie ein Laufstegmodel. Sima wollte etwas einwenden
- bald würden Kunden kommen -, doch als sie Timna ansah, gleichzeitig mit Shai und Nurit, fehlten ihr die Worte: Der purpurne Stoff schmiegte sich in leichtem Schwung an Timnas Körper, sie sah einfach zu schön aus.
Die Tür ging auf, und Rivkah Shapiro kam herein. Timna beeilte sich, den Morgenrock wieder an den Ständer zu hängen, während Sima auf die Kundin zuging und ihre Hand ergriff.
»Mazel tov«, sagte sie, »deine Schwester ist letzte Woche hier gewesen und hat mir die Neuigkeit erzählt.« Sie trat zurück und ließ den Blick über Rivkahs Körper gleiten. »Mir würde nichts auffallen, wenn sie mich nicht eingeweiht hätte - man sieht ja noch kaum was. Wie weit bist du denn schon?«
»Im vierten Monat«, antwortete Rivkah und sah zu Shai hinüber. »Dir fällt nichts auf? Ich finde, ich sehe völlig aufgebläht aus.«
»Du bist gertenschlank. Aber mach dir keine Sorgen, beim ersten Mal können es die Frauen gar nicht erwarten, dass man was sieht. Doch gegen Ende, wenn du diesen riesigen Ballon überallhin mit rumtragen musst …«, Sima machte eine Bewegung, als striche sie über einen runden Bauch, »fragst du dich, warum du das je haben wolltest.« Sie drehte sich zu Timna um, die gerade mit Shai und Nurit ein Treffen nach der Arbeit ausmachte. »Timna, warum gehen Sie nicht gleich mit? Rivkah kann später noch mal vorbeikommen, wenn Änderungen nötig sein sollten.«
Rivkah nickte.
»Dann können Sie die beiden noch ein bisschen in der Nachbarschaft herumführen.«
Timna zögerte, aber Sima bestand darauf und drängte sie, ihnen die hiesigen Geschäfte zu zeigen: die Lebensmittelläden und Bäckereien, den Discount-Schuhladen und die besseren Modegeschäfte.
»Hier kauft man besser ein als irgendwo in Manhattan, und es gibt alle israelischen Waren, die man sich nur denken kann. Geht nur, geht«, fügte sie hinzu und schickte sie mit einer Geste hinaus, »und lasst euch Zeit.«
Als die drei aus dem Laden gingen, hörte Sima Nurit »Nette Chefin« sagen und war einen Moment lang stolz. Aber als sie die Leiter an den Regalen entlangschob und zu den Schachteln hinaufstieg, wurde ihr klar, wie erbärmlich es war, so verzweifelt um die Anerkennung von Timnas Freunden zu buhlen, dass sie sie sogar zur Tür hinausschickte, obwohl gerade eine Kundin hereinkam. Sie erinnerte sich, wie Lev sich früher über Lehrer mokiert hatte, die sich zu sehr bemühten, beliebt zu sein, und sich am Ende schlechter benahmen als ihre Schüler. Sie war kein bisschen besser.
Überrascht sah sie Timna zehn Minuten später zurückkommen, als Rivkah gerade den ersten von drei Stütz-BHs anprobierte.
»Ich kann nicht glauben, dass ich schon eine ganze Körbchengröße mehr habe«, sagte Rivkah sichtlich erfreut.
»Und wenn die Milch einschießt, wird’s noch eine Größe mehr. Komm zwei oder drei Wochen vor deiner Niederkunft, und wir suchen ein paar Still-BHs für dich aus. Du brauchst ein paar, die wirklich weich und dehnbar und so bequem wie möglich sind, für die ersten Wochen.«
Rivkah nickte und zog leicht den Atem ein, als Sima die Hände über die Körbchen legte.
»Und dann, wenn sich alles ein bisschen eingependelt hat, sagen wir, wenn das Baby sechs Wochen alt ist, kommst du wieder, und wir nehmen die BHs, die du heute kaufst, und machen Still-BHs daraus für die ganze weitere Zeit.« Sima trat zurück und sah Rivkah an. »Der passt gut. Gefällt er dir?«
Rivkah nickte.
»Okay, zieh deine Bluse über, und schau dir an, wie es aussieht.«
»Ich wusste gar nicht«, sagte Rivkah, als sie ihre Bluse zuknöpfte, »dass du Still-BHs machst.«
»Sie hier«, sagte Sima und zeigte auf Timna, »macht das. Sie schneidet den Träger am Körbchen ab und setzt einen Haken ein und …« Sie ließ die Hand kreisen wie ein Magier, der ein Kaninchen aus dem Zylinder zaubert. »… voilà. Stimmt’s, Timna?«
Timna grinste. »Richtig.«
Während Sima bei Rivkah kassierte, kam Naomi Cantor herein, die Unterwäsche suchte, gefolgt von Florences Schwiegertochter, die drei Hemdchen mit eingearbeitetem Stützbereich kaufte, und dann drei Frauen, die Sima noch nie gesehen hatte und die erklärten, sie kämen aus Toronto. Als sich der Laden am frühen Nachmittag schließlich leerte, fragte Sima Timna, ob sie auch irgendetwas aus der Küche wolle.
»Ich
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