Die geheime Welt der Frauen
Mal mit dem Finger an die Nadel. »Aber das ist doch bloß Angst, oder?« Sie blickte zu Sima auf. »Ich hatte früher immer das Gefühl, wenn ich ihn verliere, verliere ich alles. In Israel, meine Familie …« Sie brach ab. »Aber hier fühle ich mich auf eine Weise wohl, wie ich es lange nicht mehr getan habe. Bei Ihnen zu arbeiten und neue Leute kennenzulernen - ich dachte nicht, dass ich das kann, und hab’s geschafft. Ich bin gern allein, und ich will nicht aus Angst bei ihm bleiben.« Timna schwieg einen Moment und sah Sima an. »Sie verstehen das doch, Sima, oder?«
Simas Hände fühlten sich kalt an. »Glauben Sie, Lev und ich sind deshalb zusammen, weil wir Angst vor dem Alleinsein haben?«
»Was meinen Sie, warum Sie zusammen sind?«
Sima zuckte die Achseln, ihre Lippen bildeten einen dünnen Strich. »Was soll ich sagen?« Sie dachte an Art und Connie. »Wer hätte vorausgesehen, dass es die beiden treffen würde?«, hatte sie Lev in der Stille ihres Schlafzimmers gefragt, und er hatte zustimmend genickt. Ohne zu fragen, wusste sie, dass er genau dasselbe dachte wie sie: Wir hätten es sein sollen.
Sie ging hinter die Ladentheke, beugte sich hinunter, um eine Flasche Holzpolitur und einen roten Lappen aufzuheben. »Art hat Connie betrogen. Der BH, den wir Suzanne verkauft haben, war für ihn gedacht.«
Timna legte vor Verblüffung die Hand an den Mund. Es war die Bewegung, die Sima vorhergesehen hatte, aber sie fühlte sich eher erschöpft als erregt. Es gab gleichzeitig zu viel und zu wenig zu erklären. Eine Liebe war zu Ende, das war alles.
»Wie? Wann?«
Sima erzählte ihr von dem Abendessen und dass sie diejenige war, die es Connie gesagt hatte.
»Ach, Sima, es tut mir so leid …«
»Mir auch. Die Liebe ihres Lebens - die beiden hatten sie. Nun, zumindest dachte ich das.«
»Sie haben das Richtige getan.«
Sima senkte den Kopf, während sie Öl auf die Theke goss. Sie war überrascht, als ihr die Tränen kamen, und merkte erst jetzt, wie dringend nötig sie diese Worte hatte. »Vielleicht ja, vielleicht nein«, antwortete sie und bemühte sich, mit ruhiger Stimme zu sprechen. »Lev meinte, ich hätte getan, was ich tun musste, aber ich glaube, wir beide wünschten uns, ich wäre die Art von Mensch, die es nicht hätte tun müssen. Wie auch immer, was geschehen ist, ist geschehen.«
Sie tunkte den Lappen in das Öl und hielt inne. »Ich werde
Ihnen beistehen, wissen Sie«, fuhr Sima fort, »was immer Sie auch tun, ich werde Ihnen beistehen.«
»Das weiß ich«, antwortete Timna. »Sie sind die Einzige, die das wirklich tut.«
Sie hob den Kopf und fing einen Moment lang Timnas Blick auf, bevor sie den Kopf wieder senkte und das Öl auf dem unechten Holz verteilte. Es war mehr, als sie glaubte, geben zu können, mehr, als sie dachte, noch zu haben.
»Dieser nächste Test funktioniert folgendermaßen«, sagte der Arzt. »Wir blasen Kohlendioxid«, er schürzte die Lippen und stieß ein wenig Luft aus, »in die Eileiter. Dann wissen wir, ob die Eileiter in Ordnung oder irgendwie blockiert sind.«
Sima nickte und fügte sich diesem neuen Bild ihres Körpers: nichts als eine Reihe trüber Metallrohre, die gereinigt werden mussten.
»Es könnte sein, dass Sie diesen Test als unangenehm empfinden. Ich bin immer dafür, meine Patienten zu warnen …«
»Ist schon gut«, antwortete Sima, »deshalb bin ich ja hier.«
Der Arzt lächelte und meinte, was für eine pflegeleichte Patientin sie sei - nie in Eile, nie eine Klage. Sima nahm seine Komplimente an, ohne ihm zu erklären, dass ihr Schmerz nötig war, um ihren Wert zu beweisen.
Wieder hatte sie dem Bettler das Zehncentstück gegeben: die Münze griffbereit in der Hand, als sie auf ihn zuging, den Blick auf die Zigarrenkiste vor ihm gerichtet. Sie nickte kurz, als er dankend aufsah und ihre Blicke sich trafen - das Baby, bring das Baby -, bevor sie sich wieder in den Strom der Fahrgäste einreihte.
Wieder fuhr sie mit dem Lift in die Praxis hinauf, wartete, bis
ihr Name aufgerufen wurde, und folgte der Frau am Empfang - »Schöner Tag, was? Hätte große Lust, die Arbeit zu schwänzen und an den Strand zu gehen« - ins Untersuchungszimmer.
Sima faltete ihre Kleider zusammen und achtete darauf, ihre Strumpfhose, den BH und das Höschen unter ihrer Bluse zu verbergen - ein kleiner Versuch der Schamhaftigkeit selbst jetzt, als sie erneut in den abgetragenen Baumwollkittel schlüpfte, sich auf dem Metalltisch zurücklegte und die Beine
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