Die geheimen Jahre
einen neuen Brunnen anlegen lassen.« Sie war immer noch verwirrt, unfähig einen Zusammenhang zwischen Nicholasâ neuem Brunnen für die Warmwasserleitungen und dem Rià in der Mauer herzustellen.
Der amüsierte Ausdruck auf dem Gesicht des Gutachters machte schlieÃlich einer mitleidvollen Miene Platz. Er holte Stift und Block aus seiner Aktentasche und begann zu zeichnen. Thomasine setzte sich mit William auf dem Schoà auf eine Bank in der Nähe. Ihr war ein wenig schlecht.
»Sehen Sie, Miss Thorne, Sie befinden sich auf Lehm, umgeben von Torf. Das ist die Wurzel Ihres Problems. Wenn Sie erlauben â¦Â« Thomasine nickte, und Mr. Purbeck setzte sich neben sie und zeigte ihr die Zeichnung. »Die Insel von Drakesden besteht aus Lehm, und hier herum ist der Torf der Fens. Der Torf ist wie ein Schwamm, voller Wasser. Der Brunnen, den ihr Mann graben lieÃ, entzieht dem Torf das Wasser. So.« Der Stift deutete auf die Zeichnung. »Der Torf trocknet aus und nimmt das Wasser aus dem Lehm. Wir hatten eine Reihe regenreicher Frühlingsmonate und trockene Sommer, was das Ganze natürlich nur noch schlimmer gemacht hat. Der Torf dehnt sich im Winter aus und schrumpft im Sommer zusammen. Die Bäume machen die Sache auch nicht gerade besser.«
»Die Bäume?«
»Die dort.« Der Gutachter machte mit dem Kopf ein Zeichen in Richtung der Blutbuche, der Schuppentanne und der Zeder. »Sie saugen in einem trockenen Sommer das Wasser auf. Im August muà dieser Boden wie Staub sein.«
Jeden August hatte eine Staubschicht auf den Fenstern gelegen, der Staub war in Teppiche und Vorleger getreten worden. Das Personal hatte endlos geputzt und gewischt, um dieser Plage Herr zu werden.
»Also hat sich das Haus auf den Grundmauern verschoben ⦠der Boden ist abgesunken, und deshalb stürzt das Haus ein.«
»Das ist richtig, Miss Thorne. Die Mauer wölbt sich bereits an einigen Stellen vor. Ziemlich erstaunlich bei einem so groÃen Bau â so was hab ich noch nie gesehen.«
Sie dachte an die vielen Cottages in den Fens mit den schiefen Mauern, den Fenstern, die sich wie trunken nach vorn neigten, und den Türen, die sich mehrere Fuà weit über dem eingesunkenen Torf befanden. Sie hatte geglaubt, Drakesden Abbey wäre anders, sicherer.
»Das ist natürlich der Grund«, fuhr Mr. Purbeck fröhlich fort, »warum es in dieser Gegend so wenig groÃe Häuser gibt. Jeder weiÃ, daà der Boden sie nicht tragen kann.«
Vorsichtig fragte sie: »Und es gibt nichts, was man dagegen tun könnte?«
Mr. Purbeck schürzte die Lippen. »Sie könnten versuchen, es abzustützen â unter dem Haus aufgraben und neue Fundamente legen.«
»Und was würde das kosten?«
Er nannte eine Summe, von der sie wuÃte, daà sie auÃerhalb ihrer Möglichkeiten läge. »Und wenn ich das nicht tun kann?«
»Sie dürfen ab sofort den Brunnen nicht mehr benutzen. Nehmen Sie den alten wieder in Betrieb â er ist weiter weg vom Haus und trocknet den Boden nicht so schnell aus. Und lassen Sie diese Bäume fällen. Das könnte für eine Weile das Schlimmste verhindern, ohne daà Ihr Problem damit gelöst wäre.«
Sie sah auf die Blutbuche, die Schuppenfichte und die Zeder. Ihre schlimmste Befürchtung wagte sie kaum auszusprechen.
»Wird das Haus einstürzen, Mr. Purbeck?«
Er steckte Block und Stift in seine Aktentasche. »Allmählich, Miss Thorne, allmählich. Diese Mauer hier wird sich immer weiter nach vorn schieben â das Dach wird instabil werden. In einigen Räumen im Dachgeschoà ist die Tapete bereits gerissen. Und der Frost im Winter macht alles noch schlimmer.«
Als er fort war, sah Thomasine lange auf das groÃe Haus, das auf den höchsten Punkt der Insel gebaut worden war. Es wirkte so stabil, so unangreifbar. Und doch bewegte sich der Boden darunter â eine langsame unsichtbare Kraft, die mit der Zeit das ganze Gebäude einstürzen lieÃe.
Am Ende des Monats zogen Thomasine und William ins ehemalige Cottage des Gutsverwalters. Das Haus lag am Rand der Insel, neben der Koppel, nicht weit vom Deich entfernt. Unten gab es eine Küche, einen Wirtschaftsraum und ein Wohnzimmer und oben zwei Schlafzimmer. Da es jahrelang leer gestanden hatte, war alles mit Spinnweben und dickem Staub überzogen.
Thomasine zog sich eine Schürze an,
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