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Die geheimen Jahre

Titel: Die geheimen Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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fegte, putzte und weißelte die Wände. William hatte die Aufgabe, die vielen Spinnen einzusammeln und in Sicherheit zu bringen. Seine frühere Abneigung gegen Insekten war inzwischen verschwunden, und er behandelte die Tiere mit großer Achtsamkeit. Eddie, der Junge, riß das Dornengestrüpp und die Nesseln im Garten aus und machte ein großes Feuer, auf das er mit offenem Mund starrte, als die Flammen hoch aufzüngelten.
    Schließlich war das Cottage bewohnbar. Harry Dockerill und Eddie schleppten die schweren Möbelstücke aus dem großen Haus herunter, Thomasine das Kochgeschirr und das Bettzeug. Den Weg vom Haus zum Cottage mußte sie mehrere Male machen, während William, die Arme voll mit Löffeln, Seife und Kissenbezügen, neben ihr hertrottete. Im Innern der Abbey kam sie sich vor wie eine Diebin, wie ein Eindringling. Mißbilligende Gespenster schienen sie zu beobachten, als sie Teller aus der Küche und Laken und Handtücher aus dem Wirtschaftsraum holte, aber sie führte ihre Plünderung rücksichtslos und methodisch durch.
    William wurde allmählich müde und quengelig. Sie nahm noch eine Ladung und ging das letzte Mal durch die Eingangstür. Dann hörte sie, daß jemand ihren Namen rief.
    Ihr Herz begann zu klopfen. Als sie sich umdrehte, sah sie Daniel Gillory. Ihre Arme um den Wäschekorb wurden starr, und sie blieb ruhig stehen, als Daniel auf sie zukam.
    Â»Harry sagte, du würdest aus dem Haus ausziehen.«
    Â»Harry hat nicht gesagt, daß er Besuch hat.«
    Ihre Blicke trafen sich. »Ich hab ihn gebeten, nichts zu sagen.«
    Es folgte ein Schweigen. »Soll ich dir das abnehmen?« fragte Daniel. Und weil es unhöflich gewesen wäre abzulehnen und weil sie müde war, nickte sie und reichte ihm den Korb.
    Sie schwiegen auch, als sie den Hügel hinabgingen. Sie erinnerte sich, wie leicht ihr die Unterhaltung mit Daniel Gillory früher immer gefallen war, und das Herz tat ihr weh. Die Beklommenheit bestätigte, was sie seit Dezember wußte: daß alles, was zwischen ihnen gewesen sein mochte, jetzt vorbei war. Aber Daniel hatte sich nicht verändert, fand sie. Sie wünschte, er würde sich verändern, reizlos und fremd werden, was alles viel einfacher machen würde.
    Im Cottage strich sie William ein Brot und goß ihm eine Tasse Milch ein. Mit dem Sandwich in der einen und der Tasse in der anderen Hand, ging William in den Garten hinaus. Als er außer Hörweite war, sagte Daniel: »Ich weiß, daß du mich nicht mehr sehen willst, aber es gibt ein paar Dinge …«
    Â»Es gibt nichts, Daniel. Rein gar nichts.« Ihr Tonfall klang endgültig.
    Â»Ich bin gekommen, um dir zu sagen, daß ich fortgehe.«
    Sie wusch das Geschirr ab – wollte sich unbedingt beschäftigen, irgend etwas tun, um den Mann nicht ansehen zu müssen, der sie so sehr verletzt hatte. Doch sie hielt inne, ohne die Hände aus der Seifenlauge zu nehmen.
    Â»Mir fällt nichts ein, was ich als nächstes schreiben soll, und wenn ich reise, kommen mir vielleicht neue Ideen. Oder es hilft mir, mich damit abzufinden, daß mir nichts mehr einfällt.«
    Sie stellte den Stapel Teller ins Wasser und begann, sie heftig zu schrubben. Schweigen breitete sich zwischen ihnen aus wie eine gähnende Leere. Schließlich fragte sie: »Wann?«
    Â»In einer Woche geht mein Schiff. Ich bin nur raufgekommen, um Harry mein Motorrad zu geben.«
    Eine Woche. Sie hätte froh sein sollen, und dennoch war sie es nicht. Sie hatte das Gefühl, als würde sich eine weitere Mauer um ihr Herz schließen, ein weiterer steinerner Wall. Sie blickte nach draußen, um nachzusehen, ob William beim Spielen nichts passierte, und stellte niedergeschlagen und verärgert fest, daß ihr die Bilder vor den Augen verschwammen.
    Â»Also bist du gekommen, um dich zu verabschieden?« fragte sie sarkastisch. Er zuckte zusammen.
    Â»Nicht ganz. Was Schlimmeres. Ich bin gekommen, um dich um einen Gefallen zu bitten.«
    Einen Moment lang wurde der Schmerz von Verwirrung abgelöst. Sie trocknete sich die Hände an der Schürze ab und sah ihn an. »Einen Gefallen?«
    Â»Ich bin gekommen, um dich fragen, ob du Lally besuchen könntest, während ich fort bin.«
    Einen Augenblick lang rang sie nach Worten. Dann stieß sie hervor: »Das glaube ich nicht, Daniel. Wie kannst du …«
    Â»Bitte,

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