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Die geheimen Jahre

Titel: Die geheimen Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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nach dem Krieg bedeutungslos geworden waren. Doch ihre Worte lösten Schuldgefühle in ihm aus. Er wußte, daß er Fay von ihrer Familie und ihren Freunden weggeholt hatte und daß sie im Dorf noch keinen Ersatz für sie gefunden hatte.
    Â»Wen kannst du denn in der Kirche schon treffen, den du nicht auch in der Post oder im Laden treffen könntest?«
    Â»Den Pfarrer und seine Frau beispielsweise«, sagte Fay. Ihre Stimme klang inzwischen ein wenig schmollend. Vorsichtig setzte sie ihre Schritte durch Schlamm und Gras. »Und die Blythes.«
    Sie hatten das Ende des Gartens erreicht und den Zaun, der einst die Grenze des Lands der Gillorys bezeichnet hatte. Bald gehört es mir, dachte Daniel stolz, als er über die Felder sah, die Hattie gekauft hatte.
    Er versuchte, es ihr zu erklären: »Du weißt nicht, wie es hier ist, Fay. Der Pfarrer würde dich oder mich nie in sein Haus einladen – wir sind ihm nicht ebenbürtig. Als Junge hab ich manchmal für Mr. Fanshawe gearbeitet, seinen Garten gejätet. Seitdem hat sich nicht viel geändert. Er kauft unsere Eier und unser Gemüse, aber wir werden nie an seinem Tisch sitzen.«
    Â»Aber der Krieg …«, sagte Fay. »Du warst doch Offizier  …«
    Â»Das macht hier keinen Unterschied. Hier bin ich immer noch Daniel Gillory, der Sohn des Hufschmieds.«
    Er reichte ihr die Hand und half ihr über den Zaun. »Und was die Blythes angeht«, begann er vorsichtig, »nun, man ›trifft‹ Leute wie sie nicht. Man arbeitet für sie oder zieht die Mütze oder knickst auf der Straße vor ihnen. Wenn du ihre Regeln verletzt, verlierst du deine Arbeit und dein Zuhause. Die meisten der Cottages in Drakesden sind in irgendeiner Form an Drakesden Abbey gebunden. Im Besitz der Blythes, genauer gesagt.«
    Er hörte die Bitterkeit in seiner Stimme, konnte sie aber nicht verbergen. Er nahm Fays Hand und folgte dem schmalen Pfad am Rand des gepflügten Felds entlang zum Deich hinüber.
    Er hörte sie sagen: »Aber unser Cottage nicht, Daniel.«
    Â»Nein.« Diesmal lag eine grimmige Befriedigung in seiner Stimme. »Mein Urgroßvater hat das Cottage und das Land gekauft. Es kann zwar überschwemmt werden, aber ich mach was draus.«
    Sie hatten den Fuß des Deichs erreicht, Daniel kletterte ein Stückchen hinauf und reichte Fay die Hand.
    Â»Es ist so glitschig – ich rutsch aus …«
    Â»Ich laß dich nicht fallen.« Er hielt sie fest, und kurz darauf stand sie neben ihm auf dem Wall. Auf einer Seite lag das Land, das Hattie ihm gekauft hatte, auf der anderen das vom Herbstregen angeschwollene Deichgewässer. »Sei vorsichtig – geh nicht zu nah an den Rand.«
    Fay sah auf das Wasser hinab. »Es sieht schrecklich aus. So dunkel und schlammig.«
    Â»Und gefährlich. Wenn ein Pferd oder eine Kuh ins Wasser fallen, sind sie oft verloren, weil niemand die Kraft hat, sie wieder rauszuziehen. Und jeden Winter hört man, daß ein Kind darin ertrunken ist.«
    Â»Schrecklich«, sagte Fay erneut.
    Â»Aber notwendig. Ohne den Deich, der das Wasser zurückhält, hätten wir die Farm nicht. Alles wäre überschwemmt.«
    Dann erklärte er ihr, wie anders die Fens vor vierhundert Jahren ausgesehen hatten. Daß Vermuyden und seine Holländer die Landschaft für immer verändert hatten – immer vorausgesetzt, das Wasser brach nicht wieder ein und verwandelte das Land erneut in die Sümpfe und Seen, denen es abgerungen worden war. Er erklärte ihr, daß weder Vermuyden noch sonst jemand die Probleme vorausgesehen hatte, die jedes Jahr kritischer wurden: das allmähliche Austrocknen und Schrumpfen des Torfs und das damit verbundene tiefere Absinken der Fens unter den Meeresspiegel.
    Er war sich nicht sicher, ob sie zuhörte. Der Wind hatte zugenommen und peitschte ihr das Haar ins Gesicht.
    Â»Ich weiß nicht, warum sie sich die Mühe gemacht haben«, sagte Fay unbeeindruckt. »Es hört sich nach viel Aufwand an für ein paar Felder.«
    Â»Es ist das beste Farmland in ganz England«, antwortete Daniel freundlich, aber bestimmt. »Deswegen haben sie sich die Mühe gemacht.«
    Â»Dann werden wir reich?«
    Er lachte. »Ich hoffe es. Vor allem, wenn ich mehr Land kaufen kann.«
    Vor ihnen breitete sich die Landschaft aus Feldern, Flüssen und Gräben aus. Auf der einen Seite, ein

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