Die geheimen Jahre
hinunter, als ahmten sie den Regen drauÃen nach.
»Nicholas und das Thorne-Mädchen«, flüsterte sie. »Wie konnte er nur, William? Ich hatte solche Hoffnungen â¦Â«
Als vor drei Monaten das Telegramm eintraf, das ihnen Nicholasâ Hochzeit mit Thomasine Thorne mitteilte, war Gwendolines erster Gedanke gewesen, nach Frankreich zu fahren und die entsetzliche und närrische Verbindung aufzulösen. Doch William hatte es ihr ausgeredet. Nicholas war über einundzwanzig, und so gab es keine Möglichkeit, die Ehe zu annullieren. Und da Nicholas offensichtlich aus Liebe geheiratet hatte, würde er sich wahrscheinlich ganz von ihnen abwenden, wenn sie die Schicklichkeit der Verbindung anzweifelten. Gwendoline wusste hinreichend über Nicholasâ labilen Gesundheitszustand Bescheid, um dies für möglich zu halten. Sie hätte es nicht ertragen, Nicholas für immer zu verlieren, so wie sie Gerald verloren hatte. Bevor er nach England zurückkehrte, war nichts zu ändern.
Sie glaubte jedoch nicht, daà Nicholas aus Liebe geheiratet hatte. Er hatte dieses Thorne-Mädchen geheiratet, weil sie ihn umgarnt, weil sie seine jugendliche Verliebtheit wieder angefacht und Vorteil aus seiner momentanen Schwäche geschlagen hatte, um zu bekommen, was sie immer gewollt hatte: Drakesden Abbey. Die hastige Heirat bestätigte sie nur in ihrer Meinung über Miss Thorne. Die Vorstellung, daà diese schlechterzogene junge Frau mit ihrem geliebten Sohn das Bett teilte oder die Pflichten der Herrin von Drakesden Abbey ausführte, empörte sie.
Punkt vier Uhr traf Pfarrer Fanshawe ein. Beim Tee im Salon stellte Gwendoline die nötigen Fragen.
»Ich war überrascht zu sehen, daà Daniel Gillory nach Drakesden zurückgekehrt ist, Herr Pfarrer.«
Ihr Besucher wand sich schuldbewuÃt auf seinem Stuhl, woraus Lady Blythe schloÃ, daà er von Daniel Gillorys Rückkehr schon seit einiger Zeit wuÃte. Unerbittlich fuhr sie fort: »Wann ist er zurückgekommen?«
Der Pfarrer nahm sich von dem Teegebäck und wich ihrem Blick aus. »Oh â ich bin nicht sicher â vor ein, zwei Monaten vielleicht â¦Â«
»Und die junge Frau, die bei ihm ist?«
»Mrs. Gillory? Sie ist aus London. Sie haben im September geheiratet.«
Es folgte eine kurze Pause. Endlich hatte es zu regnen aufgehört, und durch die Fenster im Salon war eine blasse Sonne zu sehen, die die Felder in silberiges Licht tauchte.
»Der Junge ist Schmied, wie sein Vater, nicht wahr?« sagte William plötzlich. »Obwohl dafür jetzt weniger Nachfrage â¦Â«
»Ah. Ich glaube nicht, daà das Automobil je das Pferd aus Drakesden verdrängen wird, Sir William.« Der Pfarrer stieà ein höfliches Lachen aus. »Aber nein â Daniel führt nicht das Gewerbe seines Vaters fort. Er betreibt Landwirtschaft.«
Die Nachricht freute Lady Blythe. »Dann wird er schon bald wieder fort sein«, sagte sie schroff. »Von dem elenden Stück Land kann keiner leben.«
»O nein, Euer Ladyschaft â¦Â«, sagte der Pfarrer und hielt dann errötend inne, während seine Tasse auf der Untertasse klapperte.
»Ja, Herr Pfarrer?« fragte Lady Blythe. Ihre Stimme klang hart wie Stahl. »Was wollten Sie sagen?«
»Daniel hat weitere sechs Hektar Land gekauft. Die Felder, die an den Acker der Gillorys grenzen.«
Zuerst begriff sie nicht, was Mr. Fanshawe meinte. Dann verstand sie plötzlich und muÃte ihre ganze Selbstbeherrschung aufbringen, um ihren Zorn zu verbergen.
»Unsere Felder?«
Fanshawe nickte. Er sah ängstlich aus.
William sagte: »Aber die Felder wurden an eine Londoner Frau verkauft. Ich kann mich an den Namen nicht erinnern â¦Â«
Plötzlich erriet Gwendoline, was Daniel Gillory getan hatte. »Sie haben doch gesagt, daà Gillory die letzten Jahre in London verbracht hat. Diese Frau ist wahrscheinlich eine Bekannte von ihm. Er wuÃte, daà wir kein Blythe-Land an ihn verkaufen würden.«
Ihre Stimme war eisig. Sie muÃte sich sehr stark auf simple Handlungen wie das Falten ihrer Serviette und das Abstellen ihrer Teetasse konzentrieren. »Sie werden mich entschuldigen â William, Herr Pfarrer.«
In ihrem Schlafzimmer stand Gwendoline am Fenster und sah auf die Gärten, die Felder und auf die Linie hinaus, wo Erde und Horizont sich trafen. Jetzt verstand sie den
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