Die geheimen Memoiren der Jane Austen - Roman
nicht anzuschauen. Denn wer wusste, wann ich mich wieder einmal in Derbyshire befinden würde, wenn überhaupt je? Und sicherlich, redeteich mir des Weiteren ein, war ich nicht so schwach, dass ich beim bloßen Gedanken erbebte, einige wenige Stunden in dem Haus und Park einer Familie zu verbringen, die selbst abwesend sein würde, ganz gleich, wie sehr mich ein Mitglied dieser Familie verletzt hatte.
Ich erhob also keine weiteren Einwände. Und so kam es, dass wir vier innerhalb der nächsten Stunde in die Kutsche des Squire stiegen und uns nach Pembroke Hall aufmachten.
Kapitel 17
»Da wären wir!«, rief Mr. Morton, als wir in eine gewundene kleine Straße am Rande eines sehr großen, mit Wald bestandenen Parks einbogen. »Vor sich sehen Sie nur die äußersten Randbereiche der Wälder von Pembroke, die, wie Sie feststellen werden, so vollkommen geplant und so herrlich gelegen sind, dass menschliches Lob ihnen nicht gerecht werden kann.«
Ich hatte mir unterwegs eingeredet, dass Pembroke Hall und seine Wälder in keiner Weise das Anwesen meines Bruders in Godmersham oder irgendein anderes von Wäldern umgebenes Haus, das ich je gesehen hatte, übertreffen könnte. Aber während wir weiterfuhren, musste ich zum ersten Mal, seit ich Mr. Morton kennengelernt hatte, feststellen, dass er in seiner Einschätzung die Wahrheit nicht übertrieben hatte. Die Wälder, durch die wir fuhren und die sich über weit mehr als eine Meile erstreckten, zeigten sich in einer königlichen und harmonischen Schönheit, die das Auge erfreute, und ich konnte nicht umhin, die anmutige Landschaft und die bemerkenswerten Aussichten zu bewundern.
Nach einiger Zeit endete der Wald, und wir erreichten eine Hügelkuppe, die uns den ersten Blick auf Pembroke Hall in der Ferne erlaubte. Ich hörte, wie Alethea erstaunt die Luft anhielt, und stellte fest, dass auch ich voller Verwunderung auf das Panorama starrte, während all meine vorgefassten Meinungen schwanden. Was sich hier meinen Augen bot, war weitaus großartiger als alles, das ich mirhätte vorstellen können. Begeistert blickten wir auf ein weites, wunderschönes Tal, in dem vereinzelte Bäume aufragten und durch das sich ein breiter Bach schlängelte, den eine elegant geschwungene Steinbrücke überspannte. Weit entfernt erhob sich ein ungeheuer großes Haus aus leuchtendem weißem Stein im Stile Palladios mit einem weit ausladenden Seitenflügel. Hinter dem Haus stieg steil ein bewaldeter Hügel an.
»Guter Gott! Das ist das größte Haus, das ich je gesehen habe!«, rief Alethea.
»Wahrhaftig! Es ist außergewöhnlich, sowohl was seine Architektur als auch die umgebende Landschaft angeht«, sagte der Squire voller Verwunderung.
»Nie im Leben«, sagte ich, »habe ich einen Ort gesehen, in dem sich natürliche Schönheit so vollkommen mit hervorragendem Geschmack paarte.«
Mr. Mortons Beobachtungen, die ich hier nicht wiederholen möchte, waren ein wenig langatmiger und ausschweifender.
Wir fuhren den Hügel hinab, überquerten die Brücke und erreichten dann den Haupteingang, wo wir um die Erlaubnis baten, das Haus besichtigen zu dürfen. Wir wurden sogleich in die Eingangshalle vorgelassen. Nach einer Weile erschien die Haushälterin, eine grauhaarige, ehrwürdig wirkende Dame, die uns mit größter Höflichkeit und ohne einen Hauch von Überheblichkeit begrüßte.
»Bitte seien Sie so gut, mir zu folgen«, sagte sie.
Der bloße Gedanke, dass ich in Mr. Ashfords Haus stand und dass es so ein großartiges Haus war, ließ mich erbeben, zu gleichen Teilen vor Schmerz und Verwirrung. Während wir durch den Korridor des Nordflügels schritten und in einen großen, üppig verzierten Saal traten,verschlug es mir vor Bewunderung den Atem. Am Boden prangte ein äußerst kunstvolles Marmormosaik, und die oberen Bereiche der Wände und die Decken waren mit großartigen Wandmalereien geschmückt. Eine lange Marmortreppe mit einem roten Teppich und Messinggeländern führte zu den Wohngemächern im ersten Stock hinauf.
Sofort schoss mir etwas durch den Kopf, ein Gedanke, der mich, wie in einen Traum versunken, stehenbleiben ließ, sodass ich nur noch wie in weiter Ferne wahrnahm, dass die Haushälterin ihre Erläuterungen begonnen hatte. Dieses Haus, durchfuhr es mich mit plötzlicher Erregung, diese Art von Haus sollte Mr. Darcy bewohnen! Ich dachte natürlich an
Erste Eindrücke
, den Roman, in dem ich mehrere Male von Darcys Residenz Eastham Park berichtet hatte. So hatte er
Weitere Kostenlose Bücher