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Die geheimen Memoiren der Jane Austen - Roman

Die geheimen Memoiren der Jane Austen - Roman

Titel: Die geheimen Memoiren der Jane Austen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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antwortete ich und versuchte, meine Belustigung und Verzweiflung zu verhehlen, »dass Sie mir die Geschichte Ihres Lebens anvertrauen wollen, Mr. Morton. Aber ich fürchte, Sir, dass ich dieses Angebot ablehnen muss. Ich bin mir sicher, dass ich der Aufgabe nicht gewachsen wäre, eine so komplexe und interessante Person wie Sie zu porträtieren.«

    In den nächsten drei Tagen besichtigte Mr. Morton mit uns jede Kirche, jedes Herrenhaus, jeden Acker und Friedhof in der näheren Umgebung. Auch fuhren wir in äußerst gemächlichem Tempo an der höchstberühmten Residenz von Lady Delacroix, Bretton Hall, entlang. Die Gegend war wirklich reizend und bereitete mir trotz Mr. Mortons übereifriger Aufmerksamkeit und seinem lächerlichen Gebaren viel Freude. Am vierten Tag nahmen jedoch die Ereignisse einen anderen Lauf. Mr. Morton unterbreitete nämlich beim Frühstück zu meinem großen Entsetzen den Vorschlag, Pembroke Hall einen Besuch abzustatten.
    »Es liegt nur sechs Meilen entfernt«, sagte er, »und ich wäre sehr zu tadeln, wenn ich es anlässlich Ihres Aufenthalts in dieser Grafschaft nicht als höchst lohnendes Ziel in das Programm aufnehmen würde.«
    Alethea und der Squire, die bereits von dem Anwesen gehört hatten, brachten ihr Interesse an einer Besichtigungzum Ausdruck. Ich dagegen war verzweifelt. Ich hegte keineswegs den Wunsch, Pembroke Hall zu besuchen. Die Aussicht, dort möglicherweise Mr. Ashford zu begegnen, erfüllte mich mit Schrecken, und die Peinlichkeit und Ungelegenheit, die ein solches Zusammentreffen ihm bereiten würde, mochte ich mir lieber gar nicht vorstellen. Den Bruchteil eines Augenblicks erwog ich, Alethea alles über meine Beziehung zu Mr. Ashford zu erzählen, fand diesen Gedanken dann jedoch unerträglich. Nein, beschloss ich, je weniger Menschen von dieser Angelegenheit wussten, desto besser. Da ich meine Einwände nicht offen aussprechen konnte, musste ich auf andere Weise meine Abneigung gegen den Ausflug kundtun.
    »Wir haben in den letzten beiden Wochen so viele Herrenhäuser besichtigt«, sagte ich. »Ich würde lieber hier bleiben, wenn es Ihnen nichts ausmacht, und einen Brief an meine Schwester schreiben.«
    »Oh, aber Pembroke Hall ist eines der schönsten Häuser im Land!«, rief Mr. Morton. »Der Park ist herrlich, und ringsum sind vortreffliche Waldungen.«
    »Du musst einfach mitkommen, Jane«, beharrte Alethea. »Ich habe gehört, dass Pembroke Hall einer hochherrschaftlichen Familie gehört und dass man es unbedingt gesehen haben muss.«
    »Aber sicher«, meinte Mr. Morton, »die Familie ist wirklich großartig. Sir Thomas Ashford ist Baronet, ein Witwer mit zwei erwachsenen Kindern, einem Sohn und einer Tochter. Obwohl ich noch nicht die Ehre hatte, mit ihnen bekannt gemacht zu werden, denke ich doch, dass ich nichts Falsches sage, wenn ich behaupte, dass sie zu den feinsten und zuvorkommendsten Menschen der gehobenen Klasse gehören. Sir Thomas erlaubt jedem, dasHaus und den Park an allen Tagen des Jahres anzusehen, sogar ohne Ausnahme der Sonntage, und zwar zwischen zehn Uhr am Morgen und fünf Uhr nachmittags. Selbst der bescheidenste Besucher bekommt alles gezeigt, ja, der Besitzer hat sogar angeordnet, dass für alle ohne Ausnahme die Wasserspiele in Betrieb gesetzt werden. So viel Großzügigkeit, denke ich, beweist den wahren Geist großen Reichtums und aufgeklärter Liberalität.«
    »Wissen Sie zufällig«, erkundigte ich mich und versuchte meine Stimme ruhig zu halten, »ob die Familie im Augenblick dort weilt?«
    »Nein, es tut mir leid, gegenwärtig sind sie nicht dort«, antwortete Mr. Morton mit traurigem Kopfschütteln. »Ich habe es aus berufenem Munde, dass sie sich im Augenblick alle in London aufhalten.«
    Mr. Mortons Antwort erfüllte mich mit Erleichterung. Nachdem mir nun so meine Ängste genommen waren, konnte ich mich ungehindert meinen anderen Gefühlen in dieser Sache widmen. Während ich zwar zugeben musste, dass alles, was mich an Mr. Ashford erinnerte (und ein Besuch in seinem Wohnhaus musste wohl ganz oben in der Liste solcher Übel stehen), nur das Gefühl der Beschämung und Entrüstung zu erhöhen vermochte, das ich aufgrund unserer Verbindung verspürte, so konnte ich doch nicht leugnen, dass ich auch eine gehörige Neugier in mir entdeckte, das Haus zu sehen, von dem er so oft gesprochen hatte und das alle anderen so zu interessieren schien.
    Sicherlich, sagte ich mir, wäre es, nachdem ich so weit gereist war, töricht, es

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