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Die Geheimen Tagebücher Der Charlotte Brontë

Die Geheimen Tagebücher Der Charlotte Brontë

Titel: Die Geheimen Tagebücher Der Charlotte Brontë Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Syrie James
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ich wurde stets angewiesen, in einer Ecke sitzenzubleiben – ignoriert und unerwünscht.«
    »Unerwünscht, aber nicht unbeobachtet«, fügte Anne hinzu, als sie mir die Bürste aus der Hand nahm und wir unsere Position auf dem Bett tauschten.
    »Genau. Haben sie je über dich gesprochen, als wärst du nicht da oder wärst zu dumm, um zu verstehen, was sie sagen?«
    »Ständig.«
    Ich seufzte und versuchte mich zu entspannen, während die Bürste in Annes Hand mich an der Kopfhaut kitzelte und angenehman meinem Haar zog. Die Erinnerungen, die wir dabei heraufbeschworen, ließen in mir auch die Niedergeschlagenheit und Einsamkeit wieder aufleben, die ich sechs Jahre zuvor empfunden hatte. »Meine Herrschaft sah mich nicht als vernunftbegabtes Menschenwesen, außer im Zusammenhang mit den Pflichten, die ich zu erfüllen hatte. Die Bediensteten wollten ebenfalls nichts mit mir zu tun haben; sie dachten wohl, dass ich ihnen als gebildete Frau überlegen wäre – und so saß ich zwischen alle Stühlen, gehörte nirgends dazu.«
    »Genauso ging es mir. Hat man dich auch in ein Zimmer im obersten Winkel des Hauses verbannt?«
    »Ja.«
    »Wie waren deine Schülerinnen?«
    »Unverbesserliche kleine Biester, jedenfalls meistens.«
    »Durftest du sie bestrafen?«
    »Niemals, nicht einmal, als Benson Sidgwick mit der Bibel nach mir geworfen hatte oder mir Steine ins Gesicht schleuderte und mir beinahe die Nase gebrochen hätte.«
    »Oh! Charlotte, das tut mir so leid. Aber ich verstehe dich. Genau das war auch für mich eine solche Anfechtung. Wie die Robinsons erwarten konnten, dass ich die Ordnung aufrechterhalte, ohne bestrafen zu dürfen, entzieht sich meiner Kenntnis. Die jüngste Tochter ist ein ungehobelter, ewig fluchender Wildfang, und die beiden ältesten Mädchen bemühen sich nach Kräften, mit ehrbaren Männern zu flirten, an denen ihnen nicht das Geringste liegt, nur damit sie ihre Zuneigung gewinnen und ihnen das Herz brechen und sich dann mit ihren vielen Eroberungen brüsten können. Leider sind die Erwachsenen auch keinen Deut besser als die Kinder. Sie …« Anne unterbrach sich und fügte rasch hinzu: »Ich sollte so etwas nicht sagen. All das liegt nun hinter mir. Und es gehört sich nicht, von anderen so übel zu reden.«
    »Anne, du hast die Anstellung bei den Robinsons aufgegeben. Sicherlich kannst du dir nach all den Jahren die Freiheit nehmen, jetzt endlich einmal ungestraft so zu sprechen – wenn auch nur mit mir. Es tut dir vielleicht gut, dich mitzuteilen, und du weißt, dass ich zu niemandem ein Wort davon sagen werde.«
    »Nein.« Anne legte die Bürste beiseite und stieg ins Bett. »Auf ihre Art haben die Robinsons mich geliebt, und so hoffe ich sie in Erinnerung zu behalten.«
    Ich schloss die Fensterläden und schlüpfte neben ihr ins Bett. »Sag mir zumindest eines«, fuhr ich fort, als ich mich auf mein Kissen zurücklehnte. »Wie kommt es, dass Branwell mit seiner Stellung in Thorp Green so zufrieden ist? Jedes Mal, wenn er nach Hause kommt, scheint er begierig darauf, dorthin zurückzukehren. Hat er nicht unter der gleichen Erniedrigung zu leiden wie wir? Oder ist es für ihn anders, weil er ein Mann und Hauslehrer ist und keine Gouvernante?«
    Anne schwieg. Selbst im dämmerigen Abendlicht konnte ich erkennen, dass sie errötete. »Er wird dort hoch geschätzt«, war alles, was sie sagte. Dann schloss sie die Augen, wünschte mir liebevoll eine gute Nacht und drehte mir den Rücken zu.
    Offensichtlich, überlegte ich, hatte sie mir nicht alles erzählt; aber mir war klar, dass ich mich damit im Augenblick zufriedengeben musste.
     
    In jener Nacht träumte ich, ich wäre wieder im Garten des Pensionats in Brüssel. Es war eine mondhelle Aprilnacht; die Luft war schwer vom Duft der Pfirsichblüten, gemischt mit dem rauchigen Aroma einer Zigarre; mein Lehrer und ich standen nebeneinander, genau wie wir vor zwei Jahren dort gestanden hatten. Selbst im Traum klopfte mir das Herz wie wild, und ich erwachte bebend.
    Wie ich so in der Dunkelheit des frühen Morgens dalag, versuchte ich mich zu beruhigen, damit Anne neben mir nicht gestört würde. Warum, fragte ich mich, träumte ich immer noch von meinem ehemaligen Professor, Nacht für Nacht? Warum konnte ich ihn nicht vergessen? Oft hatte ich quälende Träume, in denen er stets streng, immer finster und wütend auf mich war. In diesem Traum eben war er jedoch freundlich, liebevoll und zärtlich gewesen, wie er es an jenem einen,

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