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Die Geheimnisse der Therapeuten

Die Geheimnisse der Therapeuten

Titel: Die Geheimnisse der Therapeuten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christophe André
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mich voll und ganz auf Aktivitäten einzulassen, die mich mit anderen Quellen der Verstärkung in Kontakt gebracht hätten als jenen, die meine Sucht mir verschaffte. Es ist derselbe Kreislauf, der viele Süchtige im inneren Kampf festhält.
    Ein wohlwollender Blick verhilft zur Veränderung
    Eines Tages lernte ich durch einen gemeinsamen Freund Maria kennen, eine Dame im Alter meiner Eltern. Maria verstand es, das Potenzial in mir zu sehen statt meine Probleme. Sie warf mit ihrer Freundschaft ein Licht auf Qualitäten, die ich nicht oder nicht mehr wahrnahm. Sie beschloss, meine intellektuelle Neugier und die Vielseitigkeit meiner Interessen anzuerkennen und zu unterstützen. Jemand, der mit der kleinen Welt der Drogenkonsumenten nichts zu tun hatte, bot mir seine volle Unterstützung und seine ganze Wertschätzung an. Das hatte auf mich eine größere Wirkung, als ich in Worten ausdrücken könnte. In wenigen Monaten gelang es Maria, mich dazu zu bewegen, mich auf die Aufnahmeprüfung an der Oxford University vorzubereiten. Zugunsten dieses Projekts und mithilfe einer kurzen medikamentösen Behandlung hörte ich auf, Heroin zu nehmen. Wenn ich daran denke, welche Rolle Marias Freundschaft für mich gespielt hat, ist mein Herz von Freude und Tränen erfüllt.
    Nach Oxford zu gehen war ein radikaler Umgebungswechsel. Ich studierte dort Philosophie, Politik und Wirtschaftswissenschaften und konnte dabei meinen Wissensdurst und meine intellektuelle Entdeckerfreude stillen. Ich engagierte mich politisch und schrieb einige Artikel für Zeitschriften. Und ich hatte die Freude, eine Ehepartnerin zu finden. Als ich mein Diplom in der Tasche hatte, begann ich in England zu arbeiten.

    Meine Vermeidungsstrategien hinderten mich daran, Nähe in einer Beziehung herzustellen, die ich mir eigentlich wünschte.
    Aber es ging schnell wieder bergab. Meine Arbeit gefiel mir nicht, und die Beziehung zu meiner Frau funktionierte nicht. Der frühe Konsum von Rauschmitteln hatte meine emotionale Entwicklung vermutlich beeinträchtigt. Mir fehlten die notwendigen Kompetenzen, um eine tiefe und offene Beziehung zu einem Menschen herzustellen und aufrechtzuerhalten. Aufgrund dieser fehlenden Kompetenzen fühlte ich mich in Situationen von Nähe und Verletzlichkeit extrem unwohl und kämpfte gegen dieses Unwohlsein durch Flucht oder Vermeidung. Meine Vermeidungsstrategien, die kurzfristig dafür sorgten, das Unwohlsein zu besiegen, hinderten mich daran, Nähe in einer Beziehung herzustellen, die ich mir eigentlich wünschte. Ich hatte vielleicht aufgehört, Drogen zu nehmen, aber ich blieb ein Gefangener meiner Abhängigkeit vom inneren Kampf.

    Es genügt nicht wegzugehen, um sich zu finden
    Also kamen die Niedergeschlagenheit und die Müdigkeit wieder. Da ich glaubte, ein Umgebungswechsel könne mir meine Energie zurückgeben, nahm ich ein Stellenangebot in Frankreich an. In Wirklichkeit lief ich weg. Es wurde nicht besser, und bald hatte ich wieder meinen alten Drogenkonsum aufgenommen. Ich war noch viel tiefer in den Kampf zurückgefallen. In der ersten Zeit schien es zu funktionieren. Ich schöpfte durch den Drogenkonsum wieder Energie, um mich an meinem neuen Arbeitsplatz zu engagieren. Aber nach einigen Monaten ließen die positiven Wirkungen der Droge nach. Ich ging zu mehreren Psychotherapeuten. Einige verweigerten mir die Hilfe und erklärten mir, ich solle zunächst mein Suchtproblem in den Griff bekommen. Ich begann damals eine Substitutionsbehandlung, in deren Verlauf ich mich entschied, das Heroin aufzugeben und mich der elektronischen Musik zu widmen.
    Aber ich war noch nicht fertig mit den Drogen. Etwa weitere zehn Jahre pendelte ich von einem Jahr zum anderen zwischen Abstinenz und dem Konsum verschiedener Rauschmittel hin und her. Mit der Abstinenz stellten sich die große Müdigkeit und die Niedergeschlagenheit wieder ein. Und mit ihnen ging der Gedanke einher, dass der Drogenkonsum dem sofort ein Ende setzen würde. Kurzfristig funktionierte das auch. Doch dann verblassten die von mir erwünschten Wirkungen, und die physische Abhängigkeit trat wieder in den Vordergrund. Ich verließ die Arena … bis zum nächsten Mal.
    Aus künstlerischer Sicht befriedigte mich die Musik, die ich komponierte, nicht, und die Musiker, deren Arbeit ich schätzte, schienen die meine nicht zu schätzen. Ich wurde in meiner Kunst nicht

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