Die Geheimnisse der Therapeuten
Ãbung in Selbstbewusstsein vor, die darin bestand, dass sie sich bei ihrem Ehemann bedankte, wenn er ihr Komplimente über ihr Aussehen machte. Ich sagte: »Ich werde jetzt die Rolle Ihres Mannes spielen, und Sie setzen das um, was wir gerade besprochen haben.« Sie schaute mich mit einem verschmitzten Lächeln an und erwiderte: »Aber ausziehen muss ich mich wohl nicht!« Indem ich mir plötzlich der potenziellen Doppeldeutigkeit meiner Worte bewusst wurde, spürte ich eine leichte Hitze in den Wangen aufsteigen. Ein kleines Unbehagen, das sich sehr schnell verflüchtigte, indem ich es zur Sprache brachte und aufdeckte: »Mir scheint, dass Sie imstande wären, mich zum Erröten zu bringen!«
Mein Hang zum Perfektionismus macht mich ängstlich
Vor einiger Zeit wurde ich gebeten, vor Kollegen eine Einführung in die kognitive Verhaltenstherapie (KVT) zu geben. Nach einem kurzen Augenblick der Euphorie, wahrscheinlich weil ich mich geschmeichelt fühlte, dass man mich gefragt und Interesse an einem Thema bekundet hatte, das mir am Herzen lag, wurde mir plötzlich klar, dass mir nur eine Stunde zur Verfügung stand, um das Thema zu behandeln.
Wie sollte ich ein so umfassendes Thema in nur einer Stunde abhandeln? Die Aufgabe erschien mir unmöglich. Auf die Euphorie folgten sehr schnell Besorgnis und alle möglichen Emotionen und sehr unangenehme negative Gedanken. Ich wollte das Kunststück, um das man mich gebeten hatte, absolut perfekt ausführen und den Eindruck vermitteln, dass es leicht war, kurz: Ich wollte als Ãbermensch durchgehen! So ist es eben â man kann Therapeut sein und dennoch in die Falle seiner eigenen tyrannischen Forderungen gehen, so wie es die Patienten tun, mit denen man jeden Tag diese Art Problem bearbeitet!
Während ich mir diese tyrannische Forderung bewusst machte, die mir untersagte, auch nur die geringste Schwäche zu zeigen, besann ich mich auf das, was ihr zugrunde lag. Ich nahm mir Zeit, die Emotionen und Gedanken, die mich aus dem Gleichgewicht brachten, detailliert zu untersuchen: Ich unternahm also das, was man »kognitive Umstrukturierung« nennt. Statt mich von den Emotionen überwältigen zu lassen oder â schlimmer noch â vor ihnen zu fliehen, betrachtete ich sie als Warnsignal, das mich aufforderte, die Gedanken, durch die sie Nahrung erhielten, genauer zu untersuchen. Sehr rasch entdeckte ich eine ganze Flut von automatischen Gedanken, die mich beunruhigten. Dadurch, dass ich mir dieser leisen Stimmen bewusst wurde, die mir sagten: »Du schaffst es nicht, du wirst niemals alles sagen können â¦Â«, konnte ich sie aus nächster Nähe untersuchen und sie methodisch infrage stellen, eine nach der anderen, um das zu entwickeln, was man »alternative Gedanken« nennt. Keine Ersatzgedanken, sondern einfach nur andere Gedanken als jene, die so spontan gekommen waren, um mich zu »stressen«. Indem ich diesen Dialog mit mir selbst führte, konnte ich neue Gedanken im Hinblick auf diese Situation formulieren, viel realistischere und vor allem beruhigendere Gedanken.
Aber damit durfte ich mich nicht begnügen: nach der Reflexion die Aktion! Die Situation und diese kleine Ãbung eigneten sich hervorragend, um meinen Kollegen zu erklären, was die kognitive Verhaltenstherapie ist. Es war beschlossene Sache: Ich würde ihnen offenbaren, was sich im Vorfeld der Einführung, die sie zu hören bekamen, abgespielt hatte. Ich würde mich nicht als Ãbermensch darstellen, sondern ganz bescheiden als ein Kollege, der bewegt und beunruhigt war bei dem Gedanken, sich der Herausforderung zu stellen, seine Arbeit zu präsentieren. Ich würde meine Zweifel, Spannungen und Ãngste und die Erläuterung, wie ich sie überwunden hatte, zum Gegenstand des Vortrags machen. Ich würde ihnen die kognitive Verhaltenstherapie in der Praxis zeigen.
Die folgenden Diagramme verwendete ich für die Arbeit der kognitiven Umstrukturierung; es sind jene Diagramme, die ich meinen Kollegen präsentierte. Die Prozentzahlen neben den Emotionen zeigen die Intensität an, die die Emotionen für mich hatten. Die Prozentzahlen in Verbindung mit den automatischen Gedanken zeigen an, wie sehr ich von der Stichhaltigkeit eines Gedankens überzeugt war.
Situation
Emotion
Automatische Gedanken
Beim Nachdenken über den Vortrag betreffs kognitiver Verhaltenstherapie wird mir bewusst, dass
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