Die Geheimnisse der Therapeuten
die Angst der beiden Beteiligten konstruktiver und effizienter milderte. Nachdem sie es einige Tage gespielt hatten, war die morgendliche Stimmung wieder heiter, und Mutter und Kind beschlossen, sich abends Zeit füreinander zu nehmen, um über das, was sie gemacht hatten oder machen würden, zu sprechen. Durch die vorherige therapeutische Arbeit konnten sie sich austauschen und einander wieder verstehen. Das Spiel verschwand von selbst, weil es seine Daseinsberechtigung verloren hatte.
Wie geht man das symptomatische Nein an?
Diese Erfahrung hat meinen Weg als Psychotherapeutin sehr geprägt. Ich war darauf getrimmt worden, mich nie mit dem »Symptom« zu beschäftigen. Nun hatte ich begriffen, dass es zunächst galt, seine Funktion, seine Auswirkung auf den familiären Beziehungsalltag und seine Macht, eine mögliche Behandlung zu behindern, zu evaluieren, bevor man es ignorierte, wenn man vermeiden wollte, dass der konstruktive Verlauf des psychotherapeutischen Prozesses vereitelt würde.
Ich weiÃ, dass ich den Ãrger vieler Therapeuten auf mich ziehe, wenn ich solche Ãberlegungen für richtig halte und übernehme. »Was? Sie glauben, es genügt, ein Verhalten zu unterbinden, damit es nicht mehr wiederkommt? Sie verschieben es nur! Behaviorismus ist wie Bodybuilding. Sobald Sie das körperliche Training einstellen, verschwinden die Muskeln wieder.« Ich habe mir einiges anhören müssen. Selbst die Entscheidung für die kognitive Verhaltenstherapie wird manchmal als Ausdruck eines heftigen Antisemitismus gewertet. Meine GroÃeltern, die vor den Pogromen flüchten und sich im Krieg verstecken mussten, würden sich im Grab umdrehen. Nein, ich bin keine Abtrünnige und weit davon entfernt, jede andere Form von Psychotherapie zu verwerfen. Aber ich habe von meinen Lehrern â R. Diatkine, S. Leibovici, P. Jeammet, A. Braconnier â gelernt, dass man, wenn man eine gute psychotherapeutische Arbeit leisten will, die an die Einsicht appelliert, zuerst einen genügend groÃen psychischen Freiraum schaffen muss, damit diese Arbeit stattfinden kann. Es erscheint mir also in der direkten Linie meiner Kollegen von entscheidender Wichtigkeit, erst einmal eine Symptomatik zu beseitigen, die so störend ist, dass sie jeden weiteren Zugang zu einer reflektierten und objektiven Argumentation verhindert.
Ich erinnere daran, dass Thibault und seine Mutter eine Therapie gemacht hatten, die an den Ursachen ihrer Schwierigkeiten ansetzte, aber dass sie die Instrumente der Veränderung, die sie sich wünschten, nicht entwickeln konnten, weil ihre Konflikte ihnen keine Pause lieÃen, die ihnen erlaubt hätte, sich wieder emotional und auf einer Basis der Geborgenheit zu verbinden. Ja, werden einige Therapeuten erwidern, aber kann man denn sicher sein, dass die Therapie auf den Grund des Problems gestoÃen war und seine Fortdauer nicht irgendwelchen Widerständen zuzuschreiben war? Das ist richtig, doch wie kann man es wissen, auÃer indem man die alltäglichen Konflikte und damit die resultierende antizipatorische Angst der beiden Partner entschärft?
Das Nein, das die Emotionen schützt
Keine Sorge, ich habe nicht vor, die eine oder die andere Therapieform zu kritisieren: Studien am Inserm-Institut in Paris (Februar 1984) konnten deren Wirksamkeit bei unterschiedlichen Störungen nachweisen. Ich habe vor allem durch meine Ausbildung als Medizinerin und Therapeutin und meine Verantwortung als Mutter begriffen, dass jede Art von Behandlung sich nach einer bestimmten Logik richten kann und sollte, nach einer Komplementarität, nach der Entwicklung der Störung und vor allem nach der Einzigartigkeit des Patienten und seiner Beziehung zu seiner Familie, seinem Selbst, seinen Vorstellungen von der Zukunft und seinen Werten. Es gibt zurzeit keinen durchdachten therapeutischen Prozess, der Ihnen eine hundertprozentige und lebenslängliche Heilung irgendeiner Störung garantieren könnte. Glauben Sie wirklich, das menschliche Gehirn werde je völlig problemfrei sein? Glauben Sie, dass Ihnen die Tatsache, gut Auto zu fahren, ein Leben lang garantiert, dass Sie keinen Unfall bauen werden? Angst gehört ebenso zu uns wie Liebe, Wut und Traurigkeit.
Ohne eine gute therapeutische Allianz mit den Eltern â¦
Würden Sie einen Teil Ihres Gehirns operativ ausschalten lassen, um sicherzugehen, dass Sie eines Tages nicht an einem sogenannten
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