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Die Geheimnisse Der Tinkerfarm

Die Geheimnisse Der Tinkerfarm

Titel: Die Geheimnisse Der Tinkerfarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams , Deborah Beale
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behauptet –, und dann war er wieder daraus hervorspaziert, wohlbehalten und begleitet von dem Höhlenmädchen Oola, |110| das hinter ihm herdackelte wie ein verliebtes Hündchen. Aber wenn es nun gar kein Zufall gewesen war? Wenn Tyler ein eigenes Kontinuaskop gefunden hatte, vielleicht einen frühen Prototyp von Octavio Tinker? In dem Fall konnte es sein, dass er das Medaillon irgendwo in der Spalte entdeckt und nur so getan hatte, als wäre es hier in der Bibliothek gewesen, um alle über die wirkliche Herkunft an der Nase herumzuführen.
    Aber wenn Tyler Jenkins ein eigenes Kontinuaskop besaß, warum fragte er dann ständig, wo das alte abgeblieben sein mochte? Das war doch widersinnig. Colin wusste, wenn
er
ein Kontinuaskop hätte, wäre er bei jeder sich bietenden Gelegenheit in der Verwerfungsspalte.
    Bei den ganzen Geschehnissen war es schwer, einen kühlen Kopf zu behalten. Die Jenkins-Gören waren wieder auf der Farm. Gideon war verschwunden. Kingaree war zurückgekehrt. Konnte es wirklich Zufall sein, dass all diese Dinge zur selben Zeit passierten?
    Über den fernen Bergen grollte der Donner. Colin Needle hatte fürs erste von Geheimnissen die Nase voll. Es war an der Zeit, mit der einzigen zu sprechen, die mit ziemlicher Sicherheit mehr wusste, als sie ihm bis jetzt erzählt hatte … über alles.

    Seine Mutter stand vor der schnörkeligen alten Waschkommode, und die gutaussehende schwarzhaarige Frau im Spiegel erwiderte ihren Blick mit nachdenklicher, ernster Miene. Wie schön sie war! Als er sie jetzt so sah, konnte Colin gar nicht glauben, dass er kurz davor gewesen war, Lucinda Jenkins zu erzählen, er habe sie in Verdacht, mehr über Gideons Verschwinden zu wissen, als sie sagte. Seine Mutter mochte jähzornig sein, gewiss, aber er hatte das sichere Gefühl, dass sie |111| nie etwas gegen den Mann unternehmen würde, der ihr das Leben gerettet hatte.
    Sie streckte einen Finger aus, und der Nagel berührte die Oberfläche des Spiegels mit einem leisen Klicken. Sie führte den Finger zur Seite und berührte die Oberfläche erneut. Das gleiche Klicken. Colin beobachtete sie, abgestoßen und fasziniert zugleich. »Sag mal, Mutter«, ergriff er schließlich das Wort, »warum hast du eigentlich dieses schwere Möbel die Treppe hochschaffen und hier aufstellen lassen?«
    »Ich bin mir nicht ganz sicher.« Sie musterte eindringlich ihr eigenes Spiegelbild. »Es kommt mir … sonderbar vor. Älter, als es aussieht. Weißt du vielleicht etwas darüber, das ich nicht weiß?«
    Damit wollte sie ihn sicher nur aufziehen. »Wie kommst du darauf, Mutter?«
    Sie klickte abermals mit dem Nagel an den Spiegel: tick, tick, tick. »Ich meine mich zu erinnern, dass ich dich gebeten hatte, mir alles zu bringen, was du in Octavio Tinkers Aufzeichnungen über das Möbel oder seine Anschaffung finden kannst.«
    »Es gibt nichts. Das habe ich dir doch schon gesagt.«
    »Ich hatte gehofft, du wärst gekommen, um mir zu sagen, du hättest dich geirrt, Colin, und du hättest etwas darüber in Erfahrung gebracht. Das Stück fasziniert mich irgendwie, und solche Ahnungen trügen mich selten, wenn überhaupt je.« Abermals sah sie versonnen auf den Spiegel. »Irgendetwas ist da, irgendetwas …«
    »Eigentlich wollte ich dich etwas fragen, Mutter. Gibt es immer noch nichts Neues über Gideon?«
    Ein strenger, verärgerter Blick. »Warum um alles in der Welt fragst du
mich
das? Meinst du, ich würde es vor dir verheimlichen, wenn wir etwas gehört hätten? Wirklich, Colin, |112| gerade jetzt, wo ich so viele zusätzliche Belastungen habe.« Sie sah ihn schweigend an. Colin musste seine ganze Willenskraft aufbieten, um dem harten, durchbohrenden Blick seiner Mutter nicht auszuweichen, aber da war etwas in ihrem Gesicht, das er vorher kaum je gesehen hatte. Es dauerte, bis er den unbekannten Ausdruck deuten konnte: Sie war beunruhigt. Aber warum? Wusste seine Mutter doch etwas über Gideons Verschwinden?
    »Du machst dir Sorgen, nicht wahr, Liebling?«, fragte sie freundlicher. »Es ist nicht gut, wenn du über solche Sachen brütest, Colin. Wir machen uns alle Sorgen um Gideon.«
    Etwas an der Beiläufigkeit, mit der sie das sagte, verwirrte ihn. »Wirklich, Mutter? Wir alle?«
    Sie zog die Oberlippe hoch und wirkte dadurch so erbost, dass er unwillkürlich einen Schritt zurücktrat. »Was soll das heißen? Manchmal sagst du die unglaublichsten Sachen. Ich bin froh, dass du morgen Abend mal hier rauskommst. Das wird dir

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