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Die Geheimnisse Der Tinkerfarm

Die Geheimnisse Der Tinkerfarm

Titel: Die Geheimnisse Der Tinkerfarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams , Deborah Beale
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See. Soweit ich weiß, tötete er dreizehn aus dem Stamm der Seeräuber, bevor sie ihn bezwangen, einen weniger als die zwei für jeden der Seinen, wie er gelobt hatte.« Ragnar lachte auf. »Ich bin sicher, sein Geist zürnt deswegen noch heute.«
    »Das ist ja eine grauenhafte Geschichte!«
    »Ach ja?« Er wirkte verwundert. »Ich fürchte, ich verstehe dieses Land nicht sehr gut, diese Zeit. Aber nachdem er Grace verloren hatte, war Gideons Geist wie der meines Freundes, rastlos und zornig.
    In den ersten ein, zwei Jahren brachte Gideon viele Leute mit zurück: Patience Needle mit ihrem Sohn im Bauch, die Köchin Sarah, Kiwa und seine Vettern. Haneb kam in derselben Zeit mit zwei kleinen Drachen; er war noch ein Kind, aber sein Gesicht war schon vernarbt. Und mich spürte Gideon auch auf. Und natürlich die Tiere! Gideon erzählte mir einmal, bevor sie verschwand, hätte Grace ihn gebeten, mit ihr zusammen die Spalte dafür zu nutzen, einige der auf der Erde ausgestorbenen Tiere zu retten, die großen Lindwürmer, die Einhörner, sie alle. Als er sie dann verlor, bemühte er sich daher nach Kräften, die Farm mit den ganzen Tieren zu bevölkern, die sie gemeinsam entdeckt hatten.
    Eines Nachts kam er dann mit einem zerlumpten, blutenden Fremden aus der Spalte zurück: Das war Caesar. Wir liefen alle hin, um Gideon wieder daheim zu begrüßen, da hörten wir aus dem Loch ein unglaublich lautes Gebell kommen. |105| Im ersten Moment dachte ich wirklich, Gideon hätte den Fenriswolf mitgebracht! Ich dachte, die Götterdämmerung wäre angebrochen!»
    Der bärtige Mann schwieg lange, als stünde ihm die Nacht damals wieder vor Augen. »Es war jedoch nicht der große Wolf, nur ein Hund«, fuhr er schließlich fort. »Aber, ihr Götter, was für ein Hund! Ein Ungeheuer, das hinter Gideon und Caesar herstürzte und sie beide zur Strecke gebracht und getötet hätte. Aber Simos war schneller. Du hättest ihn sehen sollen, Lucinda! Du hältst mich für stark? Simos packte den Hund mit einer Hand am Hals und schleuderte ihn so weit fort, dass er nicht wieder aufstand.
    Und da erschien Kingaree, groß und finster von Angesicht wie der Unheilstifter Loki persönlich. Achtlos ging er an der Leiche des Hundes vorbei, den Blick nur starr auf Gideon und Caesar gerichtet. Ich sprach damals noch nicht gut Englisch, weil ich erst ein Jahr da war, aber was er sagte, verstand ich: ›Du hast etwas, das mir gehört.‹«
    »Was hat er damit gemeint?«, fragte Lucinda.
    Ragnar spähte mit schmalen Augen gegen die Sonne. Ein silberiger Schlangenleib erschien kurz in der Mitte des Sees. Er wiegte den Kopf. »Er meinte Caesar.«
    »Was?«
    Ein Achselzucken war die Antwort. »Ich kenne die Geschichte dieses Landes nicht gut, aber ich weiß, dass es vor nicht allzu langer Zeit hier in Amerika noch Leibeigene gab, ›Sklaven‹ nanntet ihr sie. Caesar war ein entlaufener Sklave. Kingaree war der Mann, der ihn zurückholen wollte.«
    »O nein! Wie denn das? Warum hat sich Gideon so jemand Schreckliches auf die Farm geholt?«
    »Das hat er nicht, jedenfalls nicht absichtlich. Gideon hatte einen von seinen Teufelspakten mit Caesar geschlossen und |106| ihm geholfen, seinen Verfolgern zu entkommen, aber irgendwie blieb die Spalte länger offen als sonst, und Kingaree kam mit durch. Zuerst wollte er gar nicht glauben, was geschehen war, aber schließlich musste er sich damit abfinden.«
    »Und dann?«
    »Gideon versprach Kingaree, wenn er sich anständig aufführte, könnte er auch auf der Farm bleiben und sicher dort leben, aber das war ein Pakt mit dem Teufel selbst. Jackson Kingaree blieb nur so lange, bis er erfahren hatte, was er wissen wollte. In der Nacht des Laborbrands stahl er sich dann davon. Seitdem haben wir ihn nicht mehr gesehen – bis du ihm gestern auf der Straße begegnet bist. Ich hatte gehofft, wir würden ihn nie wiedersehen.«
    Bei dem Gedanken, wie nahe sie diesem Kingaree gewesen war, wurde Lucinda ganz mulmig. »Warum haben alle solche Angst vor ihm?«
    Ragnar schüttelte nachdrücklich den Kopf. »Du musst nicht noch mehr Geschichten hören. Du musst nichts weiter wissen, als dass du dich von dem Mann fernzuhalten hast, falls du ihn jemals wiedersiehst. Sag dann Simos oder mir Bescheid, so schnell du kannst. Oder Gideon.«
    Lucindas Herz wurde noch schwerer. »Gideon? Klar, falls wir ihn jemals wiederfinden. Falls dieser Kingaree ihn nicht ermordet hat oder sonst was.«
    Ragnar schnalzte mit Zunge und Zügeln

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