Die Geheimnisse Der Tinkerfarm
schon länger warte.«
Gideon blickte auf Hector Carrillos Hand, als wüsste er nicht, was sie darstellte, dann ergriff er wieder Ragnars Arm und ließ sich von ihm Richtung Tor führen.
»Er ist noch nicht richtig gesund«, sagte Mrs. Needle – nicht entschuldigend, sondern in einem Ton, der zu verstehen gab, dass Mr. Carrillo das wissen und ihn in Ruhe lassen sollte. »Ich bin sicher, er wird sich gern mit Ihnen unterhalten, wenn |154| es ihm wieder besser geht.« Sie eilte hinter dem alten Mann her, der an Ragnars Arm davonschlurfte, als wollte sie auf keinen Fall länger als ein paar Sekunden von ihm getrennt sein.
»Manno«, sagte Carmen Carrillo. »Er sieht ja schlimm aus. Ich dachte, jemand hätte gesagt, er wäre fast wieder gesund.«
Walkwell blickte bekümmert. »Ich entschuldige mich für Gideon, Hector«, sagte er zu Carmens Vater. »Ragnar meinte, es ginge ihm schon viel besser, aber jetzt sieht er wieder krank aus. Vielleicht liegt es ja an der Fahrt. Diese Autos sind ein Teufelszeug.«
»Gut, aber irgendjemand muss bald mal mit mir reden, Simos«, sagte Mr. Carrillo. »Stillman ruft mich jeden Tag an. Ich kann nicht ewig warten. Ich bitte Gideon schon seit Monaten, sich damit zu befassen.«
Walkwell nahm ihn zu einem Gespräch unter vier Augen beiseite. Colin und die anderen Farmbewohner sahen zu, wie Ragnar Gideon auf den Pferdewagen hob, und folgten dann zu Fuß dem quietschenden Gefährt zum Haus wie ein Leichenzug. Bei dem Gedanken schauderte es Lucinda, die noch mit Tyler auf Walkwell wartete.
»Was ist denn nun eigentlich los mit ihm?«, fragte Steve Carrillo. »Alter, der hat ja ausgesehen wie ein Zombie.«
»Überhaupt nicht wie er selbst«, sagte die kleine Alma. »Als ob der richtige Mr. Goldring irgendwo in ihm versteckt wäre.« Sie schlang die Arme um sich, als wäre ihr trotz der Hitze kalt.
Mr. Carrillo kam zurück, nachdem sein Gespräch mit Walkwell beendet war. Er wirkte nicht sehr fröhlich. »Vamonos, Kinder«, sagte er. »In den Wagen. Hier richten wir heute nichts mehr aus.«
Lucinda winkte ihnen hinterher, aber die Carrillo-Kinder guckten nur betreten. Während sie sich mit Walkwell und |155| Tyler dem Zug der anderen anschloss, ging ihr auf, dass ihr Bruder seit dem Reptilienstall die ganze Zeit nachdenklich geschwiegen hatte.
Er hat sich nicht mal mit Steve unterhalten oder ihn gefragt, was er gerade auf seinem GameBoss spielt,
dachte sie trübsinnig.
Da muss es wirklich schlimm stehen.
|156|
17
EIN SAGENHAFTER SCHATZ
L aut Simos Walkwell war der Drache Alamu in der Nacht des Laborbrands in der Nähe gewesen und hatte ihn wahrscheinlich sogar verursacht. Octavio Tinkers Kontinuaskop war seit dem Zeitpunkt verschwunden. Jackson Kingaree war ebenfalls in jener Nacht verschwunden, hatte aber weder damals noch heute erkennen lassen, dass er im Besitz des Kontinuaskops war. Und Haneb zufolge horteten Drachen, und Alamu ganz besonders, in ihren Nestern gern glänzende Dinge. Das Kontinuaskop hatte stark geglänzt.
Elementar, mein lieber Watson,
dachte Tyler.
Du musst Alamus Nest finden, dann findest du das Kontinuaskop.
Vor allem musste er verhindern, dass Colin Needle es fand, weil der mit Octavios Erfindung in der Lage wäre, sich die Verwerfungsspalte |157| zunutze zu machen und nach Belieben durch die Zeit zu reisen. Unter Umständen konnte Colin sogar in die Welt hinter dem Kommodenspiegel gelangen und Grace herausholen, und dann würde Gideon
ihn
im Testament einsetzen statt Tyler und Lucinda.
Der größte Mist war natürlich, dass Lucinda nicht den Mund gehalten und vor Colin Needle angefangen hatte, von Drachen und glänzenden Dingen und Hanebs Bemerkungen dazu zu schwafeln. Gewiss, von roher Gewalt bedroht hätte Tyler gestanden, dass er seine Schwester liebte, aber leiden konnte er sie im Augenblick nicht besonders. Colin mochte ein Stinktier sein, aber dumm war er nicht. Er war bestimmt auf den gleichen Gedanken gekommen wie Tyler.
Unterm Strich stellten sich somit zwei Fragen: Wo war Alamus Nest, und wie fand er es, bevor Colin es fand?
Da er nun schon den zweiten Sommer auf der Farm fast zur Hälfte hinter sich hatte, wusste Tyler genau, dass es nichts brachte, herumzugehen und Leute zu fragen, wo Alamu seinen Schatz versteckt hielt. Lucinda wollte er nichts davon erzählen und hätte es auch dann nicht getan, wenn er nicht sauer auf sie gewesen wäre, weil er wusste, dass sie bei der Vorstellung, er könnte auch nur in die Nähe eines Drachennestes
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