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Die Geheimnisse der Toten

Die Geheimnisse der Toten

Titel: Die Geheimnisse der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Harper
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Sie erschauderte.
    «Könnte er Verdacht geschöpft haben?»
    «In Belgrad haben wir einem Mann namens Giacomo die Kette und den Text vorgelegt.»
    «Ich kenne ihn.»
    Mark merkte auf und musterte sie mit argwöhnischem Blick. «Sie verfügen über interessante Kontakte. Wenn wir wieder in London sind, werden wir uns über all die Leute, denen Sie begegnet sind, unterhalten müssen.»
    «Ich kann’s kaum erwarten.»
    Sie fuhren unter einem Aquädukt her, dessen Mauerbögen so hoch waren, dass auch Busse bequem hindurchpassten. Auf der anderen Seite hielt Barry neben einem Park am Straßenrand an. Mark und Abby stiegen aus.
    «Sie fahren zurück und behalten die Moschee im Auge», forderte er Barry auf. «Wenn was ist, rufen Sie mich sofort an. Auf keinen Fall schießen», fügte er hinzu. «Es sei denn, Sie wollen, dass eine Fatwa gegen Sie verhängt wird.»
    Das Taxi beschleunigte mit quietschenden Reifen und machte eine Kehrtwendung über sieben Spuren hinweg. Falls Barry einen türkischen Taxifahrer zu imitieren versuchte, war ihm das perfekt gelungen. Sekunden nach seiner Abfahrt rollte ein blauer Kombi an den Straßenrand. Mark und Abby stiegen ein. Abby fragte sich, wie viele SIS-Agenten – sie vermutete, dass es sich um solche handelte – wohl durch Istanbul schwärmten.
    «Wohin jetzt?»
    «Sie warten im Hotel, mit Connie. Ich muss ins Konsulat, um mit ein paar Leuten zu reden.»
    Der Gedanke, wieder in einem Hotelzimmer zu hocken, sich TV-Konserven anzusehen und darauf zu warten, dass andere über ihr Schicksal bestimmten, machte sie krank.
    «Kann ich denn nicht irgendetwas tun?»
    «Überlassen Sie das den Profis», antwortete Mark so abfällig, dass sie ihm am liebsten eine Ohrfeige verpasst hätte. «Selbst wenn wir Ihnen vertrauen könnten – was nicht der Fall ist –, gäbe es für Sie nichts zu tun.»
    Das war deutlich, danke.
    «Was sollte dann mein Auftritt vor der Moschee? Sie glauben doch wohl nicht im Ernst, dass wir Dragović mit dieser Nummer aufgeschreckt haben? Fällt Ihnen dazu nichts Besseres ein?»
    «Was stellen Sie sich vor?» Mark schaute zum Fenster hinaus und hörte ihr gar nicht ernsthaft zu. Abby dachte nach.
    «Es müsste doch hier in Istanbul irgendeine historische Bibliothek geben, mit Büchern über die Fatih-Moschee, Konstantins Mausoleum und so weiter. Im Laufe der vergangenen fünfhundert Jahre werden mit Sicherheit Arbeiten entstanden sein, die sich mit diesen Bauwerken befassen.»
    «Sind Sie Historikerin?»
    «Ich bin Anwältin und als solche ziemlich gut darin, Berge alter Dokumente nach bestimmten Aussagen zu durchsuchen. Außerdem wird Dragović wahrscheinlich davon ausgehen, dass ich herausfinden will, wie man heimlich in die unterirdischen Kammern der Moschee eindringen kann. Und wer weiß? Vielleicht finde ich ja sogar etwas dazu.»
    Wieder tippte Mark auf dem Display seines Handys herum. Abby fragte sich, ob er mit diesem Ding nachdachte.
    «Okay.»

    Der Palast stand auf der Ostspitze der Halbinsel, umgeben von Wasser. Es war kein Palast nach westlichem Vorbild, kein monolithisches Monument von Macht wie Blenheim oder Versailles, sondern ein orientalisches Schmuckstück: ein komplexer, über Jahrhunderte gewachsener Organismus, ein Ort voll schattiger Innenhöfe und stiller Winkel, in denen sich Liebespaare oder Verschwörer trafen.
    Ein Großteil der Anlage war einem Park vorbehalten. Breite Wege führten durch alte Eichen- und Ulmenbestände, durch die das Meer glitzerte. Abby trat durch ein Tor und versuchte, Connie zu ignorieren, die ihr auf zwanzig Schritt Abstand folgte. Sie ging an der Hagia Eirene vorbei – der uralten Kirche des Göttlichen Friedens – und steuerte auf einen Hof zu, in dem sich klassische Säulen und Portiken gegenüber den Minaretten und Kuppeln ringsum standhaft behaupteten. Griechisch-römische Architektur war für Abby nach wie vor der Inbegriff musealer Vergangenheit.
    Sie hatte ihren Besuch telefonisch angemeldet und wurde sofort zur Bibliothek im hinteren Teil des Gebäudes geführt, einem langen Raum mit hohen Fenstern, die auf die spitzen Türme der Palastpforte hinausblickten. Der Bibliothekar sprach fließend Englisch und war überaus zuvorkommend. Es dauerte nicht lange, und schon hatte Abby einen Stoß Bücher und Zeitschriften vor sich auf dem Eichentisch, an dem sie saß. Sie begann zu lesen.
    Aus dem Oxford Dictionary of Byzantium erfuhr sie, dass das erste Bauwerk am Ort der Moschee ein kreisrundes Mausoleum gewesen

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