Die Geheimnisse des Brückenorakels: Himmelsauge (German Edition)
Schultern und drückte ihm einen Kuss auf die Wange.
»O Avi!«, jubelte sie. »Ist das nicht wundervoll?«
»Wundervoll«, stimmte er zu. Seine Haut prickelte, wo sie ihn geküsst hatte.
»Aber jetzt machen wir uns wieder an die Arbeit«, meinte Dr. Easter. »Und deine Mutter braucht Ruhe. Einverstanden?«
»Klar«, erwiderte Hannah. »Absolut.« Vor lauter Aufregung konnte sie kaum still sitzen.
»Kommst du allein nach Hause?« Sie sah Avi mit hochgezogener Augenbraue an. »Oder mit deinem Freund?«
»Ja, alles in Ordnung.«
Hannah war zu abgelenkt, um den Ausdruck zu deuten, den Avi in Dr. Easters Miene erkannte: ein gewisser Verdacht.
»Haben sich bei eurer Ankunft Reporter am Haupteingang herumgedrückt?« Obwohl sie scheinbar mit Hannah sprach, betrachtete sie Avi, und der wollte plötzlich nichts lieber als aus diesem kleinen, engen Raum verschwinden – genau genommen aus diesem Krankenhaus.
»Unmengen von Journalisten«, erwiderte Hannah. Anders als Avi empfand sie die Fragen der Ärztin offenbar nicht als besorgniserregend.
»Vermutlich ging es um diesen Jungen. Ich war selbst nicht mit dem Fall befasst, doch im Krankenhaus wurde viel darüber geredet. Sie haben sogar Dr. Khan aus Delhi einfliegen lassen. Den Wunderjungen, so haben sie ihn genannt.«
»Wirklich?«, meinte Avi und versetzte Hannah einen Rippenstoß. »Äh, wir sollten jetzt besser gehen.«
»Wäre es nicht eigenartig, wenn sich der Tumor deiner Mutter tatsächlich in Luft aufgelöst hätte? Zwei Wunder im selben Krankenhaus in einer Woche.« Sie blickte Avi in die Augen. »Wie, sagtest du, war noch mal dein Name?«
»Ich habe … äh … gar nichts gesagt«, entgegnete Avi und steuerte auf den Eingang zu. »Komm, Hannah.«
Doch Dr. Easter stellte sich ihm in den Weg. »Ich glaube, dass ich dich schon mal irgendwo gesehen habe.«
Avi erstarrte. Sein ganzer Körper schrie nach Flucht. Er wollte aus der Tür springen und losrennen wie gestern, als Kellen ihm auf den Fersen gewesen war, aber es gelang ihm, sich zu beherrschen.
»Jetzt nicht auch noch Sie«, antwortete er. »Finden Sie etwa auch, dass ich dem Jungen ähnle, der unter die U-Bahn geraten ist?«
Seine Direktheit schien Dr. Easter in Verlegenheit zu bringen. »Äh, tja, ja … eigentlich …«
Avi schenkte ihr ein gewinnendes Lächeln. »Da sind Sie nicht die Einzige. Ich bin sogar schon von Leuten angehalten und darauf angesprochen worden. Ist das nicht komisch?«
»Also bist du nicht …«
Er breitete die Arme aus. »Sehe ich aus, als hätte ich einen Zusammenstoß mit einer U-Bahn gehabt?«
Inzwischen hatte Hannah verstanden, wie der Hase lief. »Komm, Sebastian«, sagte sie und öffnete die Tür. »Dr. Easter hat sicher Wichtigeres zu tun.«
Avi schüttelte der Ärztin die Hand. »Vielen Dank für alles«, nahm er ihr weiter den Wind aus den Segeln. »Hoffentlich treffen wir uns bald wieder.«
Sie erwiderte die Geste und rieb sich dann geistesabwesend die Finger. »Mit Vergnügen«, murmelte sie.
Sobald sie auf dem Flur waren, hasteten Avi und Hannah zum Ausgang.
»Sebastian?«, wunderte sich Avi.
»Mir ist so schnell nichts Besseres eingefallen«, sagte Hannah. »Du wolltest doch bestimmt nicht, dass ich dich mit deinem echten Namen anspreche.«
»Aber warum ausgerechnet Sebastian?«
»Ich hatte einmal einen Hamster, der so hieß.«
Lachend rannten sie durch die doppelflügelige Tür hinaus auf den Weg, der direkt zur Hauptstraße führte. Gerade stoppte ein oben offener Touristenbus an der Haltestelle.
Nachdem Hannah das Fahrgeld bezahlt hatte, stiegen sie aufs Oberdeck hinauf und ließen sich, immer noch lachend, auf die vordersten Sitze fallen. Der Bus segelte wie eine Galeone durch die frische Brise. Inzwischen hatte sich der Himmel bewölkt und schien zum Greifen nah.
»Weißt du was?«, begann Hannah. »Jetzt wohne ich schon mein Leben lang in London und bin noch nie mit so einem Ding gefahren. Meine Mum sagt immer, dass das nur etwas für Touristen ist. Total überteuert.«
»Jetzt kannst du ihr erklären, dass sie falschliegt«, meinte Avi.
»Ja«, gab Hannah mit leuchtenden Augen zurück. »Das kann ich.«
Hannah zeigte ihm die Sehenswürdigkeiten, während der Bus daran vorbeirollte, doch für Avi waren sie alle fremd. Er erkannte zwar von der letzten Nacht den Trafalgar Square wieder, hatte aber keine Ahnung, wer Nelson war oder warum er auf einer so gewaltigen Säule thronte.
»Wie lange kanntest du den Taxifahrer
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