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Die Geheimnisse des Brückenorakels: Himmelsauge (German Edition)

Die Geheimnisse des Brückenorakels: Himmelsauge (German Edition)

Titel: Die Geheimnisse des Brückenorakels: Himmelsauge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa Fairchild
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da im Auge behalte, suchst du in dem Korb.«
    »Wonach?«
    »Einer Verkleidung.«
    Der erste Korb enthielt nur Bettwäsche, aber dahinter standen noch ein paar andere. Einer davon war voller sauberer und gebügelter Arbeitskleidung. Avi schnappte sich zwei Garnituren und rief Hannah.
    »Gut gemacht«, meinte sie. »Jetzt brauchen wir nur noch ein Plätzchen zum Umziehen.«
    Sie stießen auf einen Lagerraum für Putzmittel. Als Hannah mit dem Umkleiden an der Reihe war, ließ sie die Tür einen Spalt weit offen, weil sie an Klaustrophobie litt. Avi sah weiße Unterwäsche aufblitzen und wandte sich hastig und mit hochrotem Gesicht ab.
    »Hast du etwas mitgekriegt?«, erkundigte sich Hannah, als sie herauskam. Die Zimmermädchentracht war ihr zwar ein wenig zu eng, wirkte aber überzeugend.
    »Was denn?«, gab Avi zurück, ahnte allerdings, dass seine Wangen rot angelaufen waren.
    »Ob sich jemand angeschlichen hat.«
    »Oh«, antwortete Avi. »Die Luft ist rein.«
    »Dann suchen wir uns doch am besten ein Zimmer zum Putzen.«

    Beim Treppensteigen verlor Avi den Überblick über die Anzahl der Etagen. Er wusste nur, dass sie beide nach Luft rangen, als sie oben angekommen waren. Sie waren im Treppenhaus zwar einigen Hotelgästen begegnet, die sie jedoch kaum eines Blicks gewürdigt hatten.
    »Wo ist denn wohl diese Präsidentensuite?«, hatte Avi gefragt.
    »Oben«, lautete Hannahs Antwort. »Präsidentensuiten sind immer oben. Deswegen heißen sie so, glaube ich … weil sie über allem thronen.«
    Das Hotel war jedoch an der obersten Stufe noch nicht zu Ende. Ein kurzer Flur führte zu einigen Aufzugtüren. In einer Nische neben dem Aufzug stand ein in ein weißes Tuch gehüllter silberner Rollwagen.
    »Die Türen«, sagte Hannah und fuhr mit der Hand darüber. »Sind sie …?«
    »Vergoldet?«, ergänzte Avi. »Ich glaube schon.«
    An der Wand neben den Türen befand sich ein einziger goldener Knopf, in den ein nach oben zeigender Pfeil eingraviert war. Nach kurzem Zögern drückte Avi darauf. Über ihnen begann etwas zu brummen.
    Während sie auf den Lift warteten, warf Avi die Tasche mit ihren Kleidern auf den Rollwagen und deckte das Tuch darüber.
    »Was machst du da?«, erkundigte sich Hannah.
    »Das wirst du schon noch sehen.«
    Mit einem leisen Glockenton öffneten sich die Türen. Im Aufzug stand ein dunkelhäutiger Junge, der etwa so groß war wie Avi. Er brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass er sein eigenes Spiegelbild vor sich hatte, und schnappte erschrocken nach Luft.
    »Willst du hier Wurzeln schlagen?«, fragte Hannah.
    »Das bin ja ich«, murmelte er und zeigte auf sein Spiegelbild.
    »Das haben Spiegel nun einmal so an sich.« Hannah grinste.
    Avi stieg in den Aufzug. Der gesamte Innenraum, auch der Boden, war verspiegelt. Sein Konterfei starrte ihm entgegen – ein längliches Gesicht, eine gerade Nase, ein breiter Mund und sehr dunkle Augenbrauen. Sein Haar war gewellt und fiel ihm über die Ohren, und seine Haut war so glatt, dass sie fast keine Poren zu haben schien. Er strich sich mit den Fingern übers Kinn und lächelte. Kleine Grübchen entstanden an seinen Wangen. Doch das Merkwürdigste waren seine Augen. Vorhin hatte Hannah sie als blau bezeichnet. Nun jedoch wirkten sie beinahe so weiß wie die Wolken und eigenartig flüssig. Fast als würden sie den Himmel draußen widerspiegeln.
    Die Aufzugtüren schlossen sich, und das Brummen begann von neuem. Von einer Bewegung war nichts zu spüren.
    Die Aufzugtüren öffneten sich, und es kam wieder ein Flur in Sicht, an dessen Wänden goldene Strahler hingen. Am Ende befand sich eine massive Holztür, die mit einer Schnitzerei verziert war. Sie stellte eine gewaltige Muschelschale dar, aus der sich Weintrauben und Brotlaibe ergossen. Direkt davor hing ein grünes Seil, so dick wie Avis Handgelenk.
    Avi schob den Rollwagen an die Tür, rückte seine schlecht sitzende Uniform gerade und zog an dem Seil. Durch die Tür war ein gedämpftes Läuten zu hören, darauf folgte Stille. Er wollte schon ein zweites Mal klingeln, als eine dunkle Stimme – ebenfalls gedämpft, aber erschreckend nah – erklang.
    »Wer ist da?«
    »Zimmerservice«, erwiderte Hannah.
    In die Tür war eine winzige Linse eingelassen, die an ein kleines Glasauge erinnerte. Etwas bewegte sich dahinter und verschwand wieder. Erneut herrschte Stille. Dann ging die Tür, begleitet von lautem Klappern und Scheppern, auf.
    Wie Durin schien der Mann, der vor Avi stand, zu

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