Die Geheimnisse des Nicholas Flamel - Die silberne Magierin: Band 6 (German Edition)
keinen Sinn. Sie hätten sie in den Ratssaal schmuggeln und später als Riesenüberraschung aus dem Hut zaubern können.«
»Offensichtlich wollen sie, dass wir es wissen.« Anubis legte seinen großen Kopf auf die Faust und schaute über die Stadt. Stinkender Rauch hing in der Luft. Die Humani zündeten wieder mal ihre Hütten an.
Am Tor warteten acht gewaltige Anpu. Sie teilten sich in zwei Gruppen zu je vier und liefen neben der Kutsche her, wobei sie weniger zum Schutz der Insassen abgestellt waren, sondern eher eine zeremonielle Rolle spielten. Sämtliche Häuser und Paläste der Herrscher von Danu Talis waren durch die beiden ringförmigen Kanäle gesichert. Zum inneren Ring war der Zugang nur über die streng bewachten Brücken möglich. Kein Humani hatte je die goldenen Steine um die große Pyramide herum betreten.
Da seine Mutter schwieg, wandte Anubis sich ihr zu. »Was hast du noch mal gesagt?«, fragte sie.
Anubis versuchte sich stirnrunzelnd zu erinnern. »Dass sie offenbar wollen, dass wir die Zwillinge sehen – den Jungen und das Mädchen in goldener und silberner Rüstung. In einer Schlacht« – er beugte sich vor – »kann man die Truppenstärke geheim halten und den Feind dann überraschen. Manchmal funktioniert diese Strategie. Doch wenn der Feind nicht weiß, mit wie vielen Kriegern er es zu tun hat, ist es oft so, dass er immer weiterkämpft. Eine andere Möglichkeit besteht darin, sich dem Feind zu offenbaren, ihm zu beweisen, dass er zahlenmäßig unterlegen ist, ihn zu demoralisieren. Das führt oft zu einem schnellen, unblutigen Sieg.«
Bastet nickte. »Wir sollten wirklich mehr Zeit miteinander verbringen. Du steckst voller Überraschungen.«
War dies das zweite Kompliment innerhalb eines Tages? Anubis war geneigt zu glauben, dass das Ende der Welt tatsächlich bevorstand.
»Ich habe mein Leben lang gekämpft. Mit Schlachten kenne ich mich aus«, sagte er rasch.
»Wo sind sie jetzt?«
Anubis schaute seine Mutter verständnislos an, dann zuckte er mit den Schultern. »In der Sonnenpyramide, nehme ich an. Vielleicht schon im Ratssaal.«
»Nein, das bezweifle ich. Dazu ist es noch zu früh. Isis und Osiris haben ihren Einzug in den Ratssaal bestimmt als großen Auftritt geplant.« Da war sie sich ganz sicher. »So würde ich es jedenfalls machen. Allerdings werden sie bestimmt mit den anderen Älteren reden, Hinweise streuen, Bemerkungen fallen lassen über das Pärchen in Gold und Silber. Sie werden die beiden irgendwo geparkt haben, wo es ruhig ist und keiner hinkommt. Schließlich wollen sie sie für den großen Auftritt aufsparen.«
»Aber du hast doch gesagt, dass es nicht die richtigen Zwillinge sein können. Also haben sie sich zwei Jugendliche gesucht und sie in bombastische goldene und silberne Rüstungen gesteckt. Was beweist das schon? Der Rat wird sie auslachen.«
»Isis und Osiris sind durchtrieben. Jede Wette, dass es keine x-beliebigen Kinder in Rüstungen sind, mit denen sie hierhergekommen sind? Das Pärchen hat besondere Fähigkeiten. Vielleicht genug, um den Rat zu täuschen.« Sie schüttelte den Kopf. »Isis und Osiris müssen das schon jahrhundertelang geplant haben. Vielleicht noch länger. Ich will, dass du die beiden umbringen lässt, wenn du an der Macht bist.«
»Welche beiden?« Anubis runzelte die Stirn. »Die Kinder?«
Bastet schüttelte den Kopf und jaulte. »Nein, nicht die Kinder. Aber okay, wenn du willst, kannst du die auch umbringen lassen. Ich will, dass man Isis und Osiris beseitigt.«
»Die Letzten, die das versucht haben, sind als Schmuckstücke geendet«, erinnerte er seine Mutter. »Isis hat den Anhänger aus winzigen Menschen noch Monate danach getragen. Und die meisten lebten noch«, fügte er leise hinzu.
Plötzlich beugte Bastet sich vor und legte Anubis eine Hand aufs Knie. Eine scharfe Kralle schnitt in sein Fleisch, aber er biss sich auf die Lippe und sagte nichts. »Aber natürlich, du hast recht …«
»Ach ja?« Die Tatsache, dass seine Mutter ihm zustimmte, ließ ihn den Schmerz für einen Augenblick vergessen. »Worin habe ich recht?«
»Bring die Kinder um.«
»Umbringen?« Er betrachtete sie ohne jede Regung und legte dann den Kopf schräg. »Kein Problem. Sie können in den nächsten Tagen einen kleinen Unfall haben.«
Bastets sämtliche Krallen bohrten sich in sein Fleisch und er zog scharf die Luft ein. »Manchmal bist du wirklich zu dämlich!«
Sobald er an der Macht war, würde er sie in ein Schattenreich
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