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Die Geheimnisse des Nicholas Flamel - Die silberne Magierin: Band 6 (German Edition)

Die Geheimnisse des Nicholas Flamel - Die silberne Magierin: Band 6 (German Edition)

Titel: Die Geheimnisse des Nicholas Flamel - Die silberne Magierin: Band 6 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Scott
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Geist aufgebe.«
    »Nein, Doktor, noch lassen wir dich nicht sterben.« Marethyu streckte die Hand aus. »Komm, ich helfe dir.«
    »Warum?« Dee lehnte auf der glatten Kristalltreppe und blickte hinauf in Marethyus blaue Augen. »Wenn du weißt, wer ich bin, weißt du auch, was ich bin und was ich getan habe. Warum hilfst du mir?«
    »Weil wir zur Rettung der Welt alle unsere Rolle spielen müssen.«
    »Selbst ich?«
    »Ganz besonders du.«
    Marethyu trug Dee die restlichen zweihundert Stufen hinauf. Der unsterbliche Engländer legte einen Arm über die Schulter des Mannes und drückte seinen Kopf an dessen Brust. Er nahm keinen Herzschlag wahr und selbst als sie immer höher hinaufstiegen, atmete Marethyu nicht schwer von der Anstrengung. Er atmete überhaupt nicht.
    Der hochgewachsene Mann lief leichtfüßig die Treppe hinauf. An manchen Stellen waren die Wände durchsichtig und erlaubten Dee einen kurzen Blick auf einen weiß gefleckten, grauen Ozean. Gewaltige Wellen krachten an eine felsige Küste und zeichneten die Umrisse einer Stadt in Schaum und Gischt nach. Vor der Küste donnerten riesige blaugrüne Eisberge gegen unsichtbare Felsen. Beim Hinaufsteigen fiel Dee auf, dass bestimmte Stufen seltsame Gerüche verströmten oder in merkwürdigen Farben flackerten, wenn Marethyu darauftrat. Andere gaben Töne von sich oder die Temperatur stieg oder fiel merklich.
    »Wir durchqueren Schattenreiche?«, fragte Dee.
    »Sehr scharfsinnig.«
    »Zu gern würde ich diesen Ort erkunden«, murmelte Dee.
    »Nein, Doktor, das möchtest du nicht«, entgegnete Marethyu im Brustton der Überzeugung. »Der Turm wurde über dem Schnittpunkt von einem Dutzend Kraftlinien erbaut. Mindestens genauso viele Schattenreiche stoßen hier aneinander. Ein paar dieser Stufen führen in die schlimmsten Welten, die je erschaffen wurden, und wieder hinaus. Du weißt nie, wo du endest oder was du herbeirufst, wenn du zu lange auf einer Stufe stehen bleibst.«
    »Schon, aber denk doch an das Abenteuer!«
    »Es gibt Abenteuer, die muss man nicht erleben.«
    Dee schaute zu Marethyu auf. »Und ich darf annehmen, dass du etliche davon erlebt hast.«
    »Das habe ich.«
    »Hast du dabei deine Hand verloren? Lass mich raten: Irgendein hungriges Ungeheuer hat sie dir abgebissen und Abraham hat dir dafür diesen Haken gemacht.«
    »Nein, Doktor, ganz falsch.« Marethyu lachte und wirkte in diesem Moment sehr jung. »Außerdem – hätte Abraham mir einen Ersatz angefertigt, hätte ich ihn wahrscheinlich um etwas gebeten, das mehr nach … einer Hand aussieht und mit dem man ein bisschen mehr anfangen kann.« Er strich mit dem Haken über die Kristallmauer und Funken in allen Farben des Regenbogens fielen auf sie herab. Die metallene Sichel strahlte in einem gleißenden Licht und geheimnisvolle Symbole zuckten auf. »Anfangs habe ich dieses Ding gehasst«, gab er zu.
    »Und jetzt?«
    »Jetzt ist es ein Teil von mir. Und ich von ihm. Gemeinsam haben wir die Welt verändert.«
    Marethyu kletterte durch ein schmales Rechteck in der Decke und setzte Dee ganz oben im Kristallturm auf den Boden.
    »Von hier aus kann ich die ganze Welt sehen.« Abraham der Weise trat von einem großen zylindrischen Teleskop zurück und drehte sich so, dass Marethyu und Dee ihn nur von der Seite sahen. »Kommt und schaut es euch an.«
    »Lasst mir bitte einen Moment Zeit. Ich muss erst wieder zu mir kommen.« Der Doktor streckte die Beine lang aus, lehnte sich zurück und stützte sich auf die steif gewordenen Arme. Er blickte zu der großen blonden Gestalt in ihrem Umhang aus glänzender Goldfolie auf. »Mein ganzes langes Leben habe ich Euch für eine Legende gehalten«, flüsterte er. »Ich hätte nie gedacht, dass es Euch wirklich gibt.«
    »Ich bin enttäuscht, Doktor.« Abraham nickte und lächelte kaum merklich. »Du weißt doch, dass jede Legende ein Körnchen Wahrheit enthält. Du bist dein Leben lang mit Ungeheuern umgegangen. Du bist mit Kreaturen verkehrt, die als Götter verehrt wurden, und hast an der Seite von Albträumen gekämpft. Und dennoch hieltest du mich für eine Legende!«
    »Jeder glaubt gern an die eine oder andere Legende.« Dee streckte die Hand aus und Marethyu half ihm auf die Beine.
    Sie standen auf einer runden Plattform an der Spitze des Kristallturms. Ein Sturm fegte über sie weg. Er brachte Salz und Gischt mit und winzige, harte Eiskristalle.
    »Es ist mir eine große Ehre, Euch kennenzulernen.« Dee ging auf ihn zu und streckte die Hand aus,

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