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Die geheimnißvolle Insel

Die geheimnißvolle Insel

Titel: Die geheimnißvolle Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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was die Ursache der Explosion der Brigg hat sein können?
    – O, Herr Spilett, antwortete Pencroff, das ist höchst einfach. Ein Piratenschiff wird nicht wie ein Kriegsschiff in Acht genommen! Sträflinge sind auch keine Matrosen! Jedenfalls hat bei dem unausgesetzten Feuern die Pulverkammer offen gestanden, und dann genügte irgend ein Dummkopf oder ein Tölpel, um den ganzen Bau zu sprengen.
    – Was mich verwundert, Herr Cyrus, fiel Harbert ein, ist, daß die Explosion nicht noch weit heftiger gewirkt hat. Der Knall war nicht sehr stark, und es trieben doch auch nur wenig Trümmer oder Planken umher. Man sollte glauben, das Schiff sei mehr versenkt worden, als in die Luft gesprengt.
    – Das verwundert Dich, mein Sohn? fragte der Ingenieur.
    – Gewiß, Herr Cyrus.
    – Nun, mich nicht weniger, fuhr der Ingenieur fort. Wenn wir den Rumpf der Brigg untersuchen, werden wir ja die Erklärung dafür finden.
    – Ei was, Herr Cyrus, sagte Pencroff, Sie nehmen doch nicht etwa an, daß der Speedy einfach untergegangen sei, wie ein Schiff, das gegen eine Klippe stieß?
    – Warum denn nicht? fragte Nab; es sind doch Felsen in dem Canal!
    – Aber ich bitte Dich, Nab, erwiderte Pencroff, Du hast wohl die Augen zur rechten Zeit nicht aufgemacht. Ich sah, kurz bevor die Brigg verschwand, ganz deutlich, wie sie von einer enormen Woge gehoben bei dem Zusammensinken derselben auf die Backbordseite fiel. Wäre sie nur aufgestoßen, so mußte sie auch ruhig untergehen, wie ein ehrliches Schiff, das auf den Grund versinkt.
    – Und das hier konnte man wahrlich nicht ein ehrliches Schiff nennen! bemerkte Nab.
    – Wir werden uns ja überzeugen, Pencroff, schaltete der Ingenieur ein.
    – Ja wohl, fügte der Seemann hinzu, doch ich wette meinen Kopf, daß im Canal keine Felsen sind. Möchten Sie aber nicht sagen, Herr Cyrus, daß hinter diesem Ereigniß wiederum ein kleines Wunder stecke?«
    Cyrus Smith gab keine Antwort.
    »Ob Stoß oder Explosion, sagte Gedeon Spilett, Sie werden doch zugeben, Pencroff, daß das Ereigniß gerade im richtigen Augenblicke eintrat.
    – Ja … ja …! antwortete der Seemann, doch darum handelt es sich nicht. Ich wollte Herrn Smith nur fragen, ob er hierin wieder etwas Uebernatürliches erblicke.
    – Darüber spreche ich mich nicht aus, Pencroff, erwiderte der Ingenieur. Das ist Alles, was ich Ihnen für jetzt antworten kann.«
    Pencroff war dadurch keineswegs befriedigt. Er beharrte bei der »Explosion« und wollte davon nicht ablassen. Ihm ging es nicht in den Kopf, daß in dem feinsandigen Canalbette, das er bei niedrigem Wasser so oft überschritten hatte, eine unbekannte Klippe vorhanden sei. Uebrigens war das Meer, als die Brigg zu Grunde ging, gerade hoch, d.h. der Canal bot zur Durchschiffung mehr Wasser als nöthig, um über alle Felsen wegzukommen, die auch bei niedrigem Wasserstande noch nicht einmal unbedeckt waren. Ein Stoß schien also unmöglich. Das Schiff konnte sich keinen Leck zugezogen haben, also mußte es in die Luft gesprengt sein.
    Man wird zugeben, daß die Schlußfolgerung des Seemannes etwas für sich hatte.
    Gegen einundeinhalb Uhr schifften sich die Colonisten in der Pirogue ein und begaben sich nach dem Orte des Unterganges. Es war bedauernswerth, daß die beiden Boote der Brigg nicht gerettet wurden; das eine aber ging, wie erzählt, nahe der Mercy-Mündung in Stücken und mußte völlig unbrauchbar sein, das andere verschwand bei dem Versinken der Brigg, war von dieser gewiß zerdrückt und jedenfalls nicht wieder zum Vorschein gekommen.
    Eben jetzt stieg der Rumpf des Speedy wieder langsam aus dem Wasser empor. Die Brigg lag nicht mehr auf der Seite, denn nachdem beim Fallen die Masten durch den Druck des umher geworfenen Ballastes gebrochen waren, bildete jetzt der Kiel des Schiffes den obersten Theil. Durch jene unerklärliche, aber furchtbare unterseeische Kraft, die sich gleichzeitig durch das Emporheben einer kolossalen Wasserhose zu erkennen gab, war jenes thatsächlich umgekehrt worden.
    Die Colonisten ruderten um den Rumpf des Schiffes herum, und je weiter das Meer sank, desto mehr konnten sie, wenn auch nicht die Ursache der Katastrophe, so doch deren Umfang erkennen.
    Im Vordertheile sechs bis sieben Fuß vom Ansatzpunkte des Vorderstevens zeigten sich die Planken auf eine Länge von mindestens zwanzig Fuß aufgerissen. Dort gähnten also zwei so große Lecks, daß sie nicht wohl zu verschließen waren. Außer der Kupferverkleidung und den Planken sah man

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