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Die geheimnißvolle Insel

Die geheimnißvolle Insel

Titel: Die geheimnißvolle Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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daß jene mächtig eingreifende Hand vielleicht noch Gelegenheit findet, sich zu zeigen. Doch darum handelt es sich jetzt weit weniger, als um das Leben unseres Harbert.«
    Wirklich lag hierin die Ursache der schmerzlichsten Befürchtung aller Colonisten. Einige Tage verstrichen ohne Verschlechterung im Zustande des Verwundeten. Zeit zu gewinnen bedeutet bei einer Krankheit aber sehr viel. Das immer in geeigneter Temperatur angewendete frische Wasser hatte jede Entzündung der Wunden verhindert. Dem Reporter schien es sogar, als übe dieses etwa schwefelhaltige Wasser – für welchen Gehalt mehrere Erscheinungen in der Umgebung sprachen – einen besonders förderlichen Einfluß auf die Vernarbung derselben aus. Die Eiterung hielt sich in Schranken, und Dank der ihm gewidmeten unausgesetzten Sorgfalt kehrte Harbert mit Nachlaß des Fiebers mehr und mehr zum Leben zurück. Dabei blieb er zunächst einer strengen Diät unterworfen, bei der seine ohnehin schwachen Kräfte vorerst eher noch weiter abnahmen; heilsame Aufgüsse erhielt er aber nach Gefallen, und die vollkommene Ruhe that ihm sehr wohl.
    Cyrus Smith, Gedeon Spilett und Pencroff hatten sich eine wirkliche Geschicklichkeit in den Handleistungen für den jungen Verwundeten angeeignet. Der ganze Leinenvorrath war geopfert worden. Harbert’s von Charpie und Compressen bedeckte Wunden wurden weder zu viel, noch zu wenig gedrückt, um ihre Vernarbung ohne entzündliche Reizung zu leiten. Der Reporter verwandte auf seine Verbände, deren Wichtigkeit er kannte, die peinlichste Sorgfalt und wiederholte seinen Gefährten immer, was alle Aerzte gern zugestehen, daß man weit häufiger eine gut ausgeführte Operation, als einen fehlerlos angelegten Verband zu sehen bekommt.
    Nach zehn Tagen, am 22. November, ging es mit Harbert merklich besser. Er fing nun an, etwas Nahrung zu sich zu nehmen. Seine Wangen färbten sich ein wenig und seine treuen Augen lächelten den Krankenwärtern zu. Er plauderte auch ein wenig, trotz Pencroff’s Bemühungen, der, um den Kranken selbst am Reden zu hindern, fortwährend sprach und die unglaublichsten Historien erzählte Harbert hatte ihn wegen Ayrton, dessen Abwesenheit ihm auffiel, befragt, da er Jenen in der Hürde wähnte. Um ihn aber nicht zu betrüben, begnügte sich der Seemann, darauf zu antworten, Ayrton sei zu Nab abgegangen, um das Granithaus mit schützen zu helfen.
    »Hei, diese Piraten! sagte er. Das sind Burschen, welche keinerlei Rücksicht verdienen! Und Herr Smith wollte sie noch durch Verhandlungen kirre machen! Ich möchte ihnen auch meine Vorschläge machen, aber in Form von Blei von tüchtigem Kaliber!
    – Und sie kamen nicht wieder zum Vorschein? fragte Harbert.
    – Nein, mein Kind, antwortete der Seemann, aber wir finden sie wieder, und wenn Du erst wieder hergestellt bist, werden wir sehen, ob die Bösewichte, die aus dem Hinterhalte schießen, auch wagen, uns Auge in Auge anzugreifen.
    – Ich bin aber noch sehr schwach, mein armer Pencroff.
    – O, nach und nach kommen die Kräfte schon wieder! Was will denn das bedeuten, eine Kugel durch die Brust? So viel wie ein schlechter Scherz! – Ich habe es mehr als einmal durchgemacht und befinde mich ganz wohl dabei!«
    Die Umstände gestalteten sich übrigens auf’s Beste, und wenn erst keine weitere Complication zu befürchten stand, durfte Harbert’s Heilung als gesichert betrachtet werden. Wie wäre aber die Lage der Colonisten bei noch schwereren Zufällen gewesen, wenn entweder die Kugel im Körper stecken blieb oder sich eine Arm-oder Beinamputation nöthig gemacht hätte?
    »Nein, sagte Gedeon Spilett mehr als einmal, an eine solche Möglichkeit konnt’ ich nie ohne Zittern und Zagen denken!
    – Und doch, erwiderte ihm eines Tages Cyrus Smith, hätten Sie gewiß im Nothfalle nicht gezögert zu handeln.
    – Nein, Cyrus! Doch Gott sei gepriesen, daß er uns die schwerere Prüfung ersparte!«
    So wie in unzähligen anderen Fällen folgten die Colonisten auch in diesem ihrem gefunden Menschenverstande, und noch einmal, Dank ihren vielseitigen Kenntnissen, mit dem schönsten Erfolge. Konnte aber der Augenblick nicht einmal kommen, in dem all’ ihr Wissen sie im Stiche ließ? Sie wohnten auf dieser Insel allein. Im Zustande des gesellschaftlichen Beisammenlebens ergänzen sich die Menschen einander, werden Einer dem Andern unentbehrlich. Cyrus Smith wußte das wohl, und manchmal peinigte ihn der Gedanke, daß ihnen Hindernisse entgegen treten könnten,

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