Die geheimnisvolle Sanduhr (German Edition)
wiederholte depressive Gefühl nach einer Niederlage meiner Mannschaft einfach nicht antun wollte. Bei dem Horrorspiel gegen England hielt sich meine Depression in Grenzen. Monique hatte recht, einige Spieler verdienten einfach zu viel Geld und hatten es offenbar nicht mehr nötig, bei einem normalen Länderspiel auch an ihre Leistungsgrenze zu gehen. Ein Tag nach dem Spiel entschloss ich mich, endlich zur Tat zu schreiten. Der 1. Dezember rückte in greifbare Nähe. Sollte ich mich an diesem Tag vor das Geschäft stellen und warten, bis der Flügel ausgeliefert werden würde? Dem Transport heimlich wie ein Detektiv folgen? Detektiv. Eine gute Idee. Ich würde eine Detektei mit dieser Aufgabe betrauen, ein Vermögen konnte der eine Tag ja nicht kosten.
Trotz aller Vorsicht musste ich in diesen Tagen wie schon zweimal zuvor mit einer starken Erkältung kämpfen. Meine Stimme klang heiser und meine Nase hatte eine rote Spitze. Ich fand im Branchenverzeichnis eine kleine Detektei, die sich nur einige Straßen vom Musikhaus entfernt befand. Warum ich, abgesehen von der örtlichen Nähe, gerade diese Detektei ausgewählt hatte, kann ich nicht sagen. Ich druckte mir in einem Kopier-Shop Visitenkarten mit falschem Namen und falscher Adresse, nur die Handynummer stimmte. Ich hatte noch eine nicht registrierte Prepaid-Karte, die ich in mein Handy einsetzte. Ich rief bei der Detektei an und vereinbarte einen Termin. Dann legte ich wieder mein Günter Wallraff Undercover-Outfit an. Die laufende Nase störte, ich musste beim Schnauben vorsichtig sein, um den falschen Bart nicht zu verrücken oder abzulösen. Ich betrat ein kleines Büro im Erdgeschoss eines renovierungsbedürftigen vierstöckigen Hauses. Ein älterer Herr, mittelgroß, der mein kleiner Bruder hätte sein können, wahrscheinlich türkischer Abstammung, kam hinter seinem Schreibtisch hervor, stellte sich als Inhaber der Detektei vor (wahrscheinlich war er auch sein einziger Mitarbeiter) und begrüßte mich freundlich mit Handschlag. „Was kann ich für Sie tun, Herr Basikow?“
„Nun, es ist für Sie wahrscheinlich kein großer Fall, aber für mich sehr wichtig. Am kommenden Montag, dem 1. Dezember, wird im Musikhaus Deukar ein schwarzer Stutz-Flügel der Marke Blüthner abgeholt oder von den Mitarbeitern ausgeliefert. Ich muss unbedingt erfahren, wohin dieses Instrument gebracht wird. Und der Empfänger darf natürlich nicht merken, dass jemand die Anlieferung beobachtet.“
„Diskretion ist mein Geschäft“, meinte lächelnd und in einem akzentfreien Deutsch der nette Herr, den man eher für einen Antiquitätenhändler als für einen privaten Ermittler halten konnte. Dies dürfte bei seiner Arbeit aber wohl kein Nachteil sein.
„Das von ihnen genannte Musikhaus kenne ich“, fügte er hinzu. Meine Schwester hat dort ihr Klavier gekauft und hat von dort auch schon einen Klavierstimmer bestellt. Ein renommiertes Unternehmen.“
„Ohne Zweifel. Es geht mir auch ausschließlich um den oder die Empfänger dieses Instrumentes. Dürfte ich nach Ihrem Honorar fragen?“ Er überlegte kurz.
„Sollte ich den gesamten Tag benötigen, möglicherweise wird der Flügel erst in den Nachmittagsstunden ausgeliefert, müssen Sie mit etwas zweihundertfünfzig Euro plus neunzehn Prozent Mehrwertsteuer rechnen.“ Ich fand das einen fairen Preis. „Hier ich möchte Ihnen gleich zweihundert Euro Anzahlung geben, nach dem Erhalt der Adresse bekommen Sie den Rest.“ Er schien verwundert und erfreut, offensichtlich zahlten die wenigstens seiner Klienten im Voraus, manche vielleicht gar nicht oder nur nach druckvollen Mahnungen. Ich gab ihm meine Visitenkarte und meinte: „Es wäre schön, wenn Sie mich am Montagabend gleich anrufen könnten.“
„Kein Problem, Sie müssen mir nur noch eine Auftragsbestätigung unterschreiben und ich Ihnen Ihre zweihundert Euro quittieren.“ Nach wenigen Minuten hatte ich das Büro wieder verlassen und konnte nur noch auf das Ergebnis der Nachforschungen warten. Die fielen anders aus als erhofft. Gegen 20.00 Uhr am Montag erhielt ich seinen Anruf.
„Können wir uns sehen? Ich muss ihnen einiges berichten.“
Wir verabredeten uns in einem kleinen Café am Görlitzer Bahnhof. Ben saß schon an einem kleinen runden Tisch in der hintersten Ecke des Cafés, als ich eintrat. Er begrüßte mich und ich nahm Platz. Wir bestellten uns jeder einen Kaffe und ein Mineralwasser. Er kam sofort zur Sache. „Ich kann Ihnen nicht viel Gutes
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