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Die geheimnisvolle Sanduhr (German Edition)

Die geheimnisvolle Sanduhr (German Edition)

Titel: Die geheimnisvolle Sanduhr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Tenner
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Straßen von meinem Ziel entfernt lag.
    Ich ging dann zu Fuß, nahm den Bürgersteig, der dem gesuchten Haus gegenüberlag. Ich erkannte die Villa sofort wieder. Möglichst unauffällig schaute ich hinüber. Es brannte kein Licht, obwohl es schon langsam dämmerig wurde. An den Fenstern hingen keine Gardinen mehr. Das Gebäude wirkte völlig verlassen. Ich setzte einige Meter meinen Weg fort, überquerte dann die Straße und lief nun direkt am Haus vorbei. Das Haus wirkte, als stünde es schon seit Jahren leer. Der bronzene Löwe an der Eingangstür war abgeschraubt worden. Auf dem verwilderten Grünstreifen vor dem Gebäude war auf einem Pfahl ein Holzschild angebracht. In roten Lettern stand: „Zu verkaufen“, in etwas kleinerer Schrift „oder zu vermieten“. Darunter das Firmenlogo eines der größten Berliner Immobilienfirmen und eine Telefonnummer. Als ich wieder zu Hause war, lief ich zu einer der immer seltener werdenden öffentlichen Telefonzellen. Ich rief die Nummer der Maklerfirma an. Eine Frau mit einer netten, sympathischen Stimme meldete sich und fragte nach meinem Anliegen. Ich erklärte, dass ich in Lichterfelde ein Haus mieten wolle und die Werbung Ihrer Firma an einem infrage kommenden Objekt gelesen hätte. Ob sie mir einige Auskünfte über dieses Haus geben könne. Ich nannte ihr die Adresse. „Einen Augenblick. Ich schaue sofort im Computer nach.“ Nach einer halben Minute meldete sie sich zurück. „Ja. Das Haus ist noch zu verkaufen oder zu vermieten. Möchten Sie einen Besichtigungstermin?“ Ich überlegte. Darf ich zunächst einmal nach der Höhe der Miete fragen?“
    „Die Kaltmiete beträgt achthundert Euro. Aber über diese Summe ließe sich unter Umständen noch verhandeln. Schauen Sie sich doch erst mal die Zimmer an.“
    „Das Haus wirkt ein wenig vernachlässigt. Steht es schon längere Zeit leer?“
    „Der Besitzer ist vor zwei Jahren verstorben, seitdem steht es im Auftrag der Erben zum Verkauf oder zur Miete. Möglich, dass einige Dinge zu reparieren sein werden, aber – wie gesagt, über den Mietpreis können Sie mit einem unserer Mitarbeiter vor Ort verhandeln.“
    „Vielen Dank. Ich werde es mir überlegen und melde mich wieder bei Ihnen.“
    Sie verabschiedete sich, aus ihrer Erfahrung wohl wissend, dass dies kein Geschäft für ihr Unternehmen werden würde. Natürlich hätte ich ein Besichtigungstermin vereinbaren können, aber außer leeren Räumen hätte ich sicher nichts gesehen, was mir Hinweise auf Mister Smith und seine Bodyguards gegeben hätte.
    Bis auf meine Aussagen gab es nichts, was ich den deutschen Behörden hätte vorlegen können. Unter der Nummer der Visitenkarte meldete sich bestimmt irgendein harmloser Geschäftsmann. Wenn es sich tatsächlich um einen amerikanischen Geheimdienst handeln sollte, was mir eher unwahrscheinlich erschien, würde der Bundesnachrichtendienst ganz sicher keinen, nicht einmal den kleinen Finger rühren. Stattdessen würde ich nur die Aufmerksamkeit auf meine Person lenken. Das erste Mal in diesem Jahr kam mir die Idee, die Sanduhr noch einmal zurücklaufen zu lassen. Dann könnte ich zu einem Zeitpunkt, an dem die Villa noch bewohnt sein würde, die Sicherheitsbehörden auf die dubiosen Personen aufmerksam machen. Und ich selbst wäre nicht im Visier von Fahndern oder irgendwelcher ausländischer Agenten. Denn wenn ich auf alle Schreiben und Aktivitäten der Krisenverhinderung verzichten würde, würde kein Mensch, auch kein Herr Smith, Notiz von mir nehmen. So dachte ich. Die Frage war, ob ein solches Wunder überhaupt zweimal funktionieren würde. Als ich am 10. Dezember fest entschlossen, meinen Plan in die Tat umzusetzen, die lateinischen Worte sprach und dann die Uhr umdrehte, strömte der Sand wie immer ruhig nach oben, aber ich stand an meinem Schreibtisch und konnte keine Veränderung an mir oder meiner Umgebung feststellen. Auch ein zweiter Versuch schlug fehl, obwohl ich zusätzlich noch die Worte gesprochen hatte, ich würde gerne alles noch einmal mit meinem heutigen Wissen erleben. Möglicherweise kam es nicht nur auf das Gerät und den Spruch, sondern auch auf den genauen Zeitpunkt an. Ich musste mich noch zwei Wochen gedulden, um die Antwort herauszufinden. In den Tagen vor dem Weihnachtsfest nahmen meine Kopfschmerzen zu, ich konnte kaum noch am Computer arbeiten, die Augen begannen sofort zu tränen, der Kopf schien kurz vor einer Explosion zu stehen. Ich hatte nie an Migräne gelitten, doch genau so

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