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Die geheimnisvollen Pergamente

Die geheimnisvollen Pergamente

Titel: Die geheimnisvollen Pergamente Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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werde Allah um die richtige Eingebung anflehen. Ich glaube, Suleiman würde es mir nicht verzeihen, wenn ich ihm nachspionieren lasse. Wartet noch. Vielleicht hilft uns, Inshallah, der Zufall.«
    »Vielleicht.«
    Abdullahs Männer hatten ihm berichtet, wie der junge Ungläubige entkommen war. Vorwurfsvoll schweigend hatte er zugehört. Er musste sich eingestehen, dass der Fremde nicht nur zu kämpfen wusste – das hatte er selbst miterlebt –, sondern sich auch listenreich, entschlossen und rücksichtslos selbst befreit hatte. Ob eine Zusammenrottung von Basarhändlern und Melonenverkäufern in der Lage war, die Ungläubigen zu vertreiben, schien ihm zweifelhaft. Aber Abdullah hatte die Befehle seines Dienstherrn zu befolgen, und nichts anderes würde er tun. Er stellte den leeren Becher auf den Tisch und stand auf.
    »Gehab dich wohl, Abu Lahab. Ich reite in die Stadt und kümmere mich um den Aufruhr.«
    »Mein Vertrauen in dich kennt keine Grenzen«, beschied ihm der Schwerthändler. »Mit meinen Dirham und Drachmen sollen sich deine Männer satt essen. Dann werden wir den Unglauben tapfer bekämpfen können. Und denk an die Christin!«
    »Ich denke an nichts anderes, Effendi.« Abdullah presste die Hand aufs Herz und entfernte sich. Er bestieg sein Pferd, das ein Sklave getränkt hatte, und ritt zurück nach Al Quds.
    Als er die Augen öffnete, drehte sich alles um ihn: die Sonne, ein Gesicht, die Wolken am blauen Himmel, Mauern und der Sandweg. Unter den Achseln und an der Schulter spürte er Hände. Jemand redete mit ihm. Er hörte es durch das Summen in seinen Ohren. Die Welt kam zum Stillstand, der Schmerz im Nacken zuckte durch seinen Körper.
    »Jemand hat dich niedergeschlagen. War es der verrückte Araber?«
    Blinzelnd erkannte Sean das Gesicht. Uthman zog ihn in die Höhe und musterte ihn besorgt. Sean fasste sich in den Nacken, und als er die Hand zurückzog, waren seine Finger voller Blut. Der Schlag hatte ihn genau dort getroffen, wo noch die Prellung von dem Hieb des nächtlichen Kampfes auf der Straße schmerzte.
    »Ich hab nichts gesehen«, murmelte er. Uthmans Griff um seine Schultern verstärkte sich. Er zog ihn quer über die Gasse zu einem Brunnen. Sean hob seinen zitternden Arm, öffnete die Hand und sagte: »Hier. Ich weiß nicht, woher ich es habe.«
    Er hielt einen großen Stein in der linken Hand. Als er ihn Uthman zeigte, sah er, dass der Stein den beiden anderen glich. Ein Stück Pergament war mit dünnem Leder um den Stein gewickelt.
    »Dieser Kerl!«, sagte er und gab Uthman den Stein. »Er hat mich nicht niedergeschlagen, sondern mit diesem verdammten Stein getroffen.«
    Er wankte neben Uthman zum Brunnen, nahm den verrutschten Turban ab und tauchte den Kopf in das leidlich saubere Wasser. Es war wunderbar kühl, linderte den Schmerz ein wenig und färbte sich rot. Uthman schob den Stein hinter seinen Gürtel und wartete, bis Sean sich aufrichtete.
    Der holte tief Luft und sagte: »Es geht mir schon besser. Dieser elende Steinewerfer – er war schneller und geschickter als ich. Zweimal war ich ganz nahe an ihm dran. Aber er kannte hier jeden Winkel.«
    »Wir gehen zurück ins Haus«, entschied Uthman. »Dort werden wir lesen, was uns der Bursche sagen will. Ich hab dich aus den Augen verloren. In meinem Alter, da bin ich nicht mehr der Schnellste.«
    »Das nächste Mal erwische ich ihn«, sagte Sean.
    »Hast du Schmerzen?«
    »Ich kann sie aushalten. Aber es dreht sich noch immer alles.«
    »Nur noch ein paar Schritte. Wir sind gleich im Haus.«
    Langsam gingen sie durch die Gasse.
    Mara öffnete auf Uthmans heftiges Klopfen, starrte den jungen Schotten an und sagte: »Kommt herein. Du blutest ja, Sean. Warte… ich helfe dir.« Sie zog ihn zu einer gemauerten Bank in der Eingangshalle, drückte ihn auf die Kissen und rannte in die Küche. Uthman holte den Stein hervor und wartete, bis Mara mit Wasser, Leinenstreifen und Tüchern zurückkam. Dann schob er die Riegel der Haustür vor und stieg die Treppe hinauf.
     
    Wieder beugten sich Uthman und Joshua über das Pergament. Henri hielt den Handspiegel. Das Licht der Abendsonne war noch hell genug, um jeden Buchstaben entziffern zu können.
    »Dieser Brief fängt wie alle anderen Briefe an«, sagte Uthman leise. »Im Namen Allahs, des Allerbarmers.«
    »Dieses Mal hat der Verfasser weniger geschrieben«, stellte Henri fest. Uthman übersetzte weiter.
    »Worte des Indschil aus dem Buch des Yahya…«
    Joshua hob die Hand, rückte die

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