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Die Gehorsame

Die Gehorsame

Titel: Die Gehorsame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Molly Weatherfield
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wir viele unterschiedliche und gegensätzliche Szenen in kürzester Zeit durchspielen können, nur mit Blickkontakt.«
    Er sagte, sie habe ihn kurz vor seinem letzten Jahr auf der Highschool verlassen. Er war fassungslos, weil er geglaubt hatte, sie blieben für immer zusammen. »Wie zusammen?«, hatte sie gefragt. »In einem großen Anwesen, das unsere Eltern uns hier um die Ecke kaufen? Mit Dingen, die uns gemeinsam gehören? Oh, oh, Süßer.« Er brauchte eine Weile, um damit klarzukommen, aber als er merkte, dass sie trotzdem noch von Zeit zu Zeit miteinander ficken konnten, war es nicht mehr so schlimm.
    »Und dann, als ich auf dem College war, ging ich zum ersten Mal zu einer Sklavenauktion. Onkel Harry nahm mich dorthin mit. Und auf einem der kleinen Sockel stand Kate. Sie sollte eigentlich im College sein, aber sie hatte es irgendwie geschafft, diesen kleinen Stunt zu organisieren. Ihre Eltern fanden es hinterher heraus, und es gab ziemlichen Ärger, aber da war es schon zu spät. Sie war natürlich eine Sensation, und sie brachte mehr Geld ein als alle anderen. Sie wurde berühmt in diesen Kreisen und führte schließlich ein bemerkenswertes Etablissement in Napa mit den prächtigsten Sklaven der Welt.«
    »Dann ist sie also die mit den Pokerspielen?«, sagte ich. »Das würde ich irgendwann gerne mal sehen«, fügte ich hinzu.
    »Vergiss es«, antwortete er rasch und ziemlich grimmig. »Ich habe meine Meinung geändert.«
    Ich war überrascht. Vermutlich hatte ich eine geheime Grenze übertreten. Er jagte mir ein wenig Angst ein. Er zündete sich eine Zigarette an, und ich zog die Knie an die Brust. Beide schwiegen wir eine Zeit lang. Dann flüsterte ich: »Jonathan, bin ich wirklich so schlecht trainiert?«
    »Schwer zu beantworten«, sagte er. »Ja, vermutlich schon. Nach Kates Standards bist du es wahrscheinlich, aber Kates Standards sind auch astronomisch hoch. Um Gottes willen, vieles hat auch mit Empfindsamkeit zu tun. Und irgendwie gibt es unterschiedliche Standards, unterschiedliche Spiele und unterschiedliche Koordination für das Nachstellen der Wirklichkeit. Ich zum Beispiel … ach, zum Teufel, Carrie, wenn wir über Kate reden, können wir auch darüber sprechen … also, ich zum Beispiel will nicht mit falschen Karten spielen. Du weißt sehr gut, worüber wir sprechen, auch wenn wir es vorher nie getan haben.
    Wir spielen Objektifizierung, oder? Du bist so, wie ich es gerne möchte, oder du wirst bestraft. Natürlich wissen wir beide, dass es ein ›Du‹ geben muss, damit du aktiv ›sein‹ kannst, was du sein sollst. Aber umgekehrt gilt das nicht. Irgendetwas, das ich nur Originalität nennen kann, sollte das hier zu einer Geschichte machen und aufschreiben. Sie löscht sich selbst auf meinen Befehl, und seltsamerweise habe ich das Gefühl, ich muss mich auf die Suche danach machen. Irgendwo ist diese Geschichte aufgeschrieben. Oder so eine ähnliche Geschichte. Lächerlich, obskur, prätentiös, aber trotzdem … Sie scheint etwas zu beschreiben, was wirklich passiert. Ich meine, ich lasse dich die meiste Zeit keinen Ton sagen, aber trotzdem spitze ich die Ohren, um diese berechnende, komische kleine Erzählstimme sagen zu hören: ›Und dann sagte Jonathan …‹ Ich höre mich dabei sexy an, aber auch ein bisschen lächerlich und sehr von mir eingenommen. Auf jeden Fall ist es das, was mich interessiert. Es ist ziemlich flüchtig.«
    »Mann«, sagte ich. Etwas anderes fiel mir nicht ein. »Ich wusste gar nicht, dass du über solche Sachen nachdenkst.« Ich war ziemlich überwältigt. Ich hatte nicht mit falschen Karten gespielt. Ich hatte einfach keine Ahnung gehabt. Ich hatte so ehrlich gespielt, dass ich anscheinend eine ganze Ebene des Spiels nicht mitbekommen hatte.
    »Ich weiß«, sagte er. »Du bist einfach nicht offen genug, um dir vorzustellen, dass jemand wie ich solche Gedanken haben kann. Aber auch ich lese viel. Ich lese das, was ich glaube lesen zu müssen, um zu verstehen, was ich verstehen will. Das passt natürlich nicht zu deinem ›Meisterwerk-Theater‹-Bild von mir, aber so ist es eben.«
    »Ich muss über das Ganze noch ein bisschen nachdenken«, sagte ich langsam.
    »Das ist richtig«, sagte er. »Tu das. Du bist schließlich noch ein Kind, und manchmal vergesse ich das. Entschuldigung. Wirklich, das meine ich ernst. Du weißt viel mehr, als du glaubst, und ich weiß auch, du denkst viel darüber nach, aber du hast es nicht ganz durchdacht. Schließlich ist es ein

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